David Gray: Foundling

David Gray: Foundling

Dem britischen Musiker und Songwriter David Peter Gray mit einer einzelnen CD nahe kommen zu wollen, ist ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Seit den Neunziger Jahren steht David Gray auf Bühnen in Europa, Amerika und Australien, angefangen hat er nur mit Gitarre und Gesang in Pubs in Großbritannien. Es wurde eine Band, später kamen ein Cello hinzu und David spielte nun auch live überwiegend Piano. Ein Besuch seiner Website lässt inetwa erahnen, welche Entwicklung David Gray in den letzten zehn Jahren gemacht hat, nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich.

»Foundling« ist die nächste CD nach seinem radikalen Schnitt vor »Draw The Line«, nach der weitgehenden Auflösung der seit Jahren existierenden Band. Gray kehrt ein ganzes Stück zurück zu seinen Wurzeln als Singer/Songwriter, das Pompöse wie in »Life In Slow Motion« ist Vergangenheit. Die Songs werden wieder emotionaler und nachdenklicher, die Musik und vor allem der Text stehen wieder im Vordergrund. Gray’s Texte drehen sich oft um die vielfältigen menschlichen Beziehungen, um Leben, Einsamkeit, Vergänglichkeit. Und er hat ein seltenes Händchen dafür, die Stimmungen und Inhalte zusammen zu bringen.

»Draw The Line« forderte dem alten David Gray-Fan einige Anpassung ab, tatsächlich hatte Gray damals einen Strich gezogen. Ich musste erst wieder warm werden mit ihm, aber das phantastische »Kathleen« und »Full Steam« – mit Annie Lennox – machten es einfacher. Es klang im ersten Moment für mich nicht mehr nach David Gray, die Songs hatten sich in Struktur und Feeling verändert, doch mit der Zeit gewöhnte ich mich an diesen nun etwas anderen David Gray. Mit »Foundling« ist man wieder dabei, lyrische Texte, Songs zum Nachdenken und sich selbst wiedererkennen, Gedanken, die in so manchem Moment in den Vordergrund gelangen, dazu eine Songwriter-Musik, die nicht zwangsweise einem ABAB-Schema folgt. Und obwohl Gray’s Texte oft zentrale Themen des Lebens berühren, verfällt er nie ins Pessimitische, Kitschige oder Peinliche. »The Old Chair«, »In God’s Name« und »When I Was In Your Heart« sind großartige Songs, in Youtubefinden sich neuerdings auch eine Menge Mitschnitte aus dem Studio und live.

Wer Kiran Goss oder Martyn Joseph mag, sollte bei David Gray stöbern, seine Diskografie bietet auf allen Stufen etwas. Und »Foundling« ist wieder ein neuer David Gray. Bin mal gespannt, wie diese Geschichte mit Gray so weiter geht. Wenn man bedenkt, dass Gray früher kaum zu interviewen war, weil extrem schüchtern und zurückhaltend. Auch eine interessante Geschichte einer persönlichen Entwicklung, die bei Gray zu verfolgen ist.

Viereinhalb von fünf möglichen Stühlen.

Build a Rocket Boys!

Build a Rocket Boys!

Wenn man bedenkt, dass die britische Band Elbow seit 1990 existiert, ihre fünf Alben alle die britischen Top-20 erreicht haben und sieben Singles die Top-40, sind Elbow auf dem Kontinent recht unbekannt. Geändert hat sich das erst mit dem Track »Lippy Kids« von ihrer letzten CD »Build a Rocket Boys!« aus dem Frühsommer 2011. So kam ich an das Album und schon wegen des schönen Titeltracks, »Lippy Kids« war der Arbeitstitel der CD, musste das in meine Sammlung.

Während Elbow mit dem Album »Seldom Seen Kid« noch dem BritPop zumindestens nahe stand, ist »Build a Rocket Boys!« stilitisch schwer einzuordnen, vielleicht experimenteller oder Avangarde-BritPop? Elbow wagt sich nun an andere Sounds und Klangspielereien, verabschiedet sich oft von gewohnten Songstrukturen. Es ist kein eingängiger BritPop mehr, denn für dieses Genre fehlt die Gleichförmigkeit und Berechenbarkeit. Die Songs auf »Build a Rocket Boys!« wechseln in Stil und Ausdruck, gewohnte Erwartungen an Abläufe und Linien werden zuverlässig enttäuscht. Es ist kein Easy Listening, man kann die CD nicht eben mal auflegen und nebenbei hören, sie erfordert Aufmerksamkeit und Konzentration. Man könnte auch sagen, sie sei ziemlich widerborstig und sperrig. Keine einfache Musik, dafür ist sie trotz des Labels BritPop zu komplex und experimentell. Freundet man sich mit dem Kaleidoskop an Sounds und Strukturen an, kann man mit der Musik von Elbow warm werden. Aber es braucht für einen Kontinentaleuropäer etwas guten Willen und Geduld, die Briten tun sich mit solchen stilistischen Breitseiten wohl leichter. Anders ist der Erfolg von Elbow in Großbritannien nicht zu erklären.

Am Ende blieb das Gefühl, dass »Build a Rocket Boys!« kein Fehlkauf war, schon wegen des anrührenden »Lippy Kids«. Aber es ist keine CD für zwischendurch, es ist experimenteller BritPop mit vielen Facetten, nichts für den wippenden Fuß, keine Musik für den schnellen Konsum. Da stellen sich schon mal Parallelen zu Gentle Giant oder der frühen Genesis ein, und damit liegt man nicht falsch, denn der Sänger Guy Garvey ist ein alter Genesis-Fan, auch wenn es diese Band zu seiner Jugendzeit schon nicht mehr gab. Spröder, aber auch manchmal berührender BritPop, den man so noch nicht gehört hat. »Lippy Kids« ist nicht typisch für das Album, aber es gehört dazu, als ein Aspekt. Man kann das Album mögen, man muss es aber nicht.

Dreieinhalb von fünf möglichen Startversuchen.

 

Peter Gabriel: New Blood

Peter Gabriel: New Blood

Das Konzept ist alt, schon geradezu abgegriffen: bekannte Rock-Songs werden mit oder von Symphonieorchestern neu eingespielt. Damit haben schon Deep Purple in der Siebziger Jahren angefangen, EL&P sind gefolgt, Queen ebenso. Was ist bei Peter Gabriel anders? Nichts. Oder eben doch.

Nun war der frühere Genesis-Sänger und seit langer Zeit solo arbeitende Musiker schon immer für Überraschungen gut. Innovative Videos, faszinierende Live-Konzerte, das alles ohne Rockstar-Attitüden und -Skandale. Sein Studioalbum Up aus dem Jahre 2002 brachte Sounds, die man so noch nie gehört hatte. Gabriel hat die Fähigkeit, Weltmusik einzuarbeiten ohne dass es nach erzwungenem, gekünsteltem Multikulti klingt. Seine Texte, die zu einem nicht geringen Teil aus seiner Beschäftigung mit Psychoanalyse und -therapie stammen, waren manchmal Kleinodien und schon allein einer Interpretation wert. Innovation war Gabriels Thema, gelingt das auch mit dem New Blood Orchestra, das eigens für ihn zusammen gestellt wurde und mit dem er längere Zeit tourte?

Bedingt. Nun sind Gabriels Songs schon seit langer Zeit orchestral angelegt, und sie dann am Ende tatsächlich nur mit einem Orchester zu interpretieren, ist nicht so neu wie »Smoke On The Water« mit Streichern und Pauken. Es klingt nicht so wirklich anders, selbst neuere Songs, die in der bisherigen Version mit Synthklängen und mannigfaltigem Perkussion-Set aus dem Rahmen fielen, klingen hier nicht wirklich ungewohnt. Es ist ein wenig eine Falle, ein Hinterherlaufen hinter Trends, was Gabriel hier tut. Innovativ ist es nicht, ein Fortschritt auch nicht. Aber wo Gabriel drauf steht, ist wenigstens  auch Gabriel drin.

»Wallflower«, »In Your Eyes«, »Mercy Street«, selbst »Darkness« vom oben genannten Album »Up« sind tatsächlich wunderschöne Interpretationen. Es ist toll orchestriert, wenn man Orchestermusik und Gabriel mag, die perfekte Kombination. Für hartgesottene Gabriel-Fans ist das Album ein Muss. Für den Rest bringt es nichts Überraschendes, außer man kennt seine Stücke noch gar nicht. Schade, aber Gabriel scheint sich dieses Mal nicht an das Experiment wagen zu wollen. Oder zu dürfen, es riecht zu sehr nach Marketing-Hype als nach Gabrielscher Kreativität. Und doch ist da diese Gabriel-Atmosphäre, der ich mich schlecht entziehen kann. Vielleicht, weil seine Musik einfach schöne und zeitlose Musik ist. Und es ringt mir immer wieder Respekt ab, einen solchen Haufen großartiger Musiker zu bändigen, denn qualitativ ist das allererste Sahne. Und endlich bekommen die Bassisten mal die Position, die ihnen gebührt. 🙂

Vier von fünf möglichen Erythrozyten.

Quiet Places

Quiet Places

Merkwürdig, wie sich Musik so festsetzen kann. Mir passiert mit dem Album Quiet Places des Paderborner Pianisten Arno Höddinghaus. Höddinghaus, 1967 in Paderborn geboren, durchlief zuerst eine klassische Klavierausbildung, spielte  in den Achtzigern in Rockbands, begleitete seit 1989 den Detmolder Liedermacher Michael Motzek und veröffentlichte seit 1991 eigene Produktionen im musikalischen Spektrum zwischen New Age und Ambient. Vertrauter ist mir persönlich Arno Höddinghaus mit Projekten wie Songs From The Attic und Lost Songs, Interpretationen von Singer/Songwritern mit der Sängerin Heike Düppe. Um so überraschter war ich von diesem Album, das eher dem Spektrum Musique concrète zuzuordnen ist. Spontan fiel mir beim ersten Hören von Quiet Places das epische Sonic Seasonings von Wendy Carlos ein, weniger die klassischen Vertreter wie Pierre Schaeffer oder Pierre Boulez, denn wie Carlos nimmt konkrete Klänge und Stimmungen auf und ergänzt mit Musik.

Quiet Places sind Aufnahmen von realen Orten mit ihrer akustischen Vielfalt, unterlegt von synthetischen Sprenkeln und Effekten, eingerahmt durch ein zurückhaltendes und geradezu schüchternes Piano. Dass sich so keine kurzen Stücke für Airplay beim WDR ergeben, ist einleuchtend. Es ist auch keine music for the masses, dazu ist sie zu speziell. Sie hat aber eine andere wichtigere Eigenschaft, die man bei nur wenig Musik findet, wie bei Chopins Nocturnes oder oft bei Satie, man kann sie ganz konzentriert und fokussiert hören und sich auf die vielen kleinen Versatzstücke einlassen. Oder sie kann im Hintergrund laufen, als Begleiter bei konzentrierter Arbeit, wie eine beruhigende Atmosphäre im Raum. Quiet Places ist ruhige, beruhigende und meditative Musik, und man spürt Höddinghaus‘ Sinn für das Notwendige, Reduzierte, nicht das Übertriebene wie bei Jordan Rudess oder das Expressive wie bei Keith Emerson oder Patrick Moraz. „Die Konzepte von Anregung und Entspannung sind selten zuvor so kunstvoll miteinander verwoben worden wie auf diesem Album.„, schrieb der Journalist Frank Lechtenberg.

Dem kann ich mich nur anschließen.

Quiet Places gibt es zum freien Download auf Arno Höddinghaus‘ Homepage.

HTML-Mail

HTML-Mail

Nachdem nun ein Mail-Template verfügbar ist, das die meisten Mail-Clients einigermaßen verstehen, muss das auch verschickt werden können. Tatsächlich gibt es einige Möglichkeiten. Ein paar seien vorgestellt.

Thunderbird

Privat würde ich Thunderbird immer vorziehen, denn entweder kann ich das HTML-Template im Editor mit Ctrl-A/Ctrl-C kopieren und den HTML-Code direkt in Thunderbird mit Ctrl-V einfügen, weil Thunderbird die direkte Eingabe von HTML erlaubt. Die komfortablere Version ist das Add-On Stationary für Thunderbird. Mit diesem Tool kann ich die irgendwo auf der Platte liegende HTML-Datei direkt als Vorlage benutzen, zusammen mit den üblichen Möglichkeiten von Thunderbird wie Verteilerlisten und so weiter. Und ich kann mir im Prinzip beliebig viele Vorlagen anlegen, die auch beliebig in einem Verzeichnis liegen können, nicht in einem einzelnen und auch noch geschütztem Verzeichnis wie bei Outlook. Dann kann ich auch wieder mit Dreamweaver editieren, denn die Vorlagen sind online, werden sie verändert, übernimmt sie Thunderbird ohne weitere Aktionen. Im Gegensatz zu Outlook, ist das Template geändert, verwendet Stationary bei den nächsten Mail die neue Vorlage.

Outlook

Nun musste der Newsletter aber mit Outlook verschickt werden, weil nur dort die korrekte Absenderadresse verwendet werden konnte, und auch die riesigen Verteiler zu finden waren. Um in Outlook HTML-Mail aus eigener Produktion zu verschicken, wäre die naheliegendste Methode das Anlegen eines eigenen Stationaries, einer Briefvorlage. Nicht grundsätzlich schwierig. Die Datei mit dem Mail-Template bekommt die Endung .htm statt .html und wird (hier für Outlook 2007 und Windows 7) in C:\Program Files\Common Files\microsoft shared\Stationary abgelegt. Nach einem Neustart von Outlook ist das Template als Vorlage über Extras | Optionen | E-Mail-Format | Briefpapier und Schriftarten … | Design als Vorlage zu finden. Hat man auch als Nachrichtenformat HTML statt Rich-Text in diesem Dialog gewählt, taucht das Template tatsächlich beim Anlegen einer neuen Mail auf.

Ein Vorteil oder auch Nachteil, je nach Gusto, ist es, dass die Mail nun auch in Outlook bearbeitet werden muss. Oder man erstellt die Mail komplett in Dreamweaver (oder im Editor seiner Wahl) und kopiert diese dann jeweils wieder in den Stationary-Ordner. Das war mir erstens erstens etwas kryptisch, zweitens wolle ich gerne wegen der besseren Kontrolle den Newsletter in Dreamweaver erstellen. Und weil meine Website die Skriptsprache PHP erlaubt, bin ich einen etwas anderen Weg gegangen.

Der Newsletter wird komplett in Dreamweaver erstellt. Ist er fertig, gehe ich in den Code, kopiere ihn mit Ctrl-A und Ctrl-C ins Clipboard. Nun habe ich ein einfaches Formular (Quellcode hier)und ein kleines Skript in PHP, welches nichts weiter macht als den HTML-Code an den gewählten Empfänger verschickt, hier mein Outlook-Konto. Aus Outlook kann ich dann über Forward den Newsletter an die entsprechenden Verteiler verschicken.

Das wirkt jetzt etwas umständlich, tatsächlich erleichert es die Arbeit, weil das Editieren in Dreamweaver viel komfortabler ist als in Outlook. Wenn ich zum Beispiel merke, dass mir eine CSS-Formattierung fehlt oder sie nicht passt, kann ich in Dreamweaver mal eben anpassen, in Outlook müsste ich erst die Vorlage editieren, Outlook neu starten und warten. Daher bin ich mit dem HTML-Editor viel flexibler und schneller. Das Rüberschicken und Weiterleiten sind dann nur noch Sekunden, die beim Editieren lange eingespart wurden.

Dann nur PHP

Wenn man schon über PHP sowieso Mail verschicken kann, ist das auch erweiterbar. So kann der Newsletter nun auch komplett von dort in die Welt geschickt werden. Die Nutzung von PHP bietet weitere Optionen, zum Beispiel können die Adressen und Namen einer Datenbank entnommen werden. Setze ich im Template Tokens wie [VORNAME] oder [DATUM], kann ich durch eine einfache String-Ersetzung einfach das Token durch den tatsächlichen Namen des Adressaten ersetzen und so den Newsletter personalisieren.

Basiert meine Website auf Typo3, gibt es Plugins, die nicht nur das Versenden eines Newsletters übernehmen, sondern über die sich User auch für den Newsletter an- und abmelden können.

Welchen Weg man nun wählt, hängt vom Geschmack und den technischen Möglichkeiten ab. Sicher ist es über Outlook gerade dann einfach, wenn das Template einmal erstellt wird und dann von technisch eher Ungeübten mit Inhalt gefüllt. Denn dann muss ich nur Outlook vermitteln. Bin ich aber technisch versiert und der Sprache PHP mächtig, kann ich mir sehr komfortable Oberflächen und Tools bauen.

Your mileage may vary …

HTML-Mail

HTML-Mail

Schon seit langer Zeit können Mail-Programme mit HTML umgehen. Damit ist es möglich, Mails nicht nur als reinen Text, sondern auch wie die eigene Web-Seite gestaltet zu versenden. Der Vorteil: der Look&Feel der Mail kann an das Design der Site angepasst werden, es entsteht ein Wiedererkennungswert, eine durchgehende Identität, heute Corporate Identity genannt. Wenn dann Newsletter verschickt werden, so wie bei Lidl oder beim Otto-Versand, wechselt das Bild beim Anclicken von Links in die eigene Site nicht, es bleibt ein konsistentes Eindruck im Design, was für ein professionelles Auftreten nicht unerheblich ist.

Die meisten Mail-Programme erlauben schon lange das Verfassen von Mail mit Formattierung in HTML, allerdings ohne direkte Gestaltungsmöglichkeiten, sie verpacken lediglich den Text in einem HTML-Rahmen. Um „richtige“ HTML-Mails zu erzeugen, kommen entsprechende Tools wie Adobe Dreamweaver zum Einsatz, es wird in der eigenen WebSite eine Seite gestaltet, die dann als Vorlage für die zu versendenden Mails dient. Eventuelle Bilder müssen in der Site liegen, Links müssen eine vollständige URL haben, damit sie beim Empfänger auch erreichbar sind. Hat man es geschafft, diese Mail zu verschicken, könnte kurze Zeit später von jemandem die Frage kommen, warum man ihm so ein kryptisches Zeugs geschickt hat. In der Regel nutzt dieser Jemand MS Outlook, und man fragt sich, warum das denn jetzt nicht funktioniert hat.

In diesem ersten Artikel also ein Rahmen, wie man solche HTML-Mails erzeugt und wie sie dann auch von Outlook-Nutzern gesehen wie gesendet ankommen. Um das tatsächliche Versenden geht es dann im zweiten Teil.

Aufbau des HTML-Codes

Die zu versendende Mail wird wie eine normale Seite aufbereitet, man sollte allerdings bei der Größengestaltung daran denken, dass eine Mail nicht immer an einem großen Monitor erscheint und daher die Mail schmaler gehalten werden sollte. Bilder etc. werden wie gewohnt eingebettet, müssen hier aber eine vollständige URL haben, sonst bekommt der Mail-Client auf der Empfängerseite diese Bilder nicht mit. Ansonsten bildet man das Design seiner Website möglichst genau nach, dort, wo dann als Webseite der Content steht, kommt später der Mail-Inhalt dazu. Für meine Site sähe das Mail-Template dann etwa so aus. Nicht vergessen sollte man direkt am Anfang, möglichst wenig formattiert, einen Link auf eine Online-Version der Mail, die dann in der eigenen Site steht.

Nun gibt es da ein paar Stolperfallen, die ich erst durch Puzzlelei heraus gefunden habe. Eine davon ist, dass viele Mail-Clients zwar das Nachladen von Bildern in Mails erlauben, aber nicht den Zugriff auf externe CSS-Dateien. Daher muss das komplette CSS bereits in der HTML-Datei mit eingebettet sein, ein externes CSS wird in der Regel ignoriert, und das nicht nur von Outlook. JavaScript ist nicht möglich, nur der Mail-Client Mozilla Thunderbird hat einen Firefox intern, der auch JavaScript ausführt.

Ein weiterer Trick ist, dass sowohl CSS- wie auch HTML-Formattierungen von Mail-Programmen sehr unterschiedlich interpretiert werden. Je weiter die Programme von Open Source entfernt sind, desto eigenwilliger diese Interpretation. Der Gipfel ist …

Outlook

Als ich meinen ersten HTML-Newsletter fertig hatte, so in HTML und CSS codiert wie gewohnt, sah das Ergebnis in Thunderbird auch fast wie gewünscht aus. Sogar in Outlook 2003 waren nur geringe Abweichungen zu sehen. In Outlook 2007 allerdings kam nur Schrott an, die Mail war fast nicht mehr lesbar. Sie war nicht mehr lesbar. Warum? Lange musste ich nicht forschen.

Bis Outlook 2003 war Outlook innerlich zwiespältig. Das Erstellen von HTML-Mails erfolgte mit Komponenten von Winword, das Rendern – Umsetzen von HTML in Grafik – aber mit Komponenten des Internet Explorers. Daher war das, was man in Outlook 2003 schickte, schon nie das, was Outlook 2003 dann anzeigte. Um diese Diskrepanz zu beheben, machte Microsoft etwas, was mit dem Ausschneiden eines Loches in der Hose vergleichbar ist: ab Outlook 2007 werden HTML-Mails nicht nur mit Winword geschrieben, sondern auch empfangene Mails in HTML von Winword gerendert. Da die HTML-Fähigkeiten von Winword eher rudimentär sind, konnte Outlook 2007 mit meinen Divisions und umfangreichen CSS-Formattierungen gar nichts mehr anfangen. Und so sah das Ergebnis auch aus.

Abhilfe konnte also nur sein, lediglich soviel HTML und CSS zu verwenden, dass Winword es noch versteht. Wenigstens hilfreich dabei ist, dass Microsoft die HTML-Fähigkeiten von Winword in diesem und einem zweiten Dokument aufgelistet hat. So musste ich einen Schritt zurück machen, weg von modernem CSS und HTML und zurück zu Tabellen. Denn Tabellen sind das Einzige, was Winword halbwegs versteht.

Das Resultat

Dieses Mail-Template arbeitet nun wieder mit Tabellen, und mit etwas Mühe und Probieren ist es auch mit Tabellen möglich, einigermaßen ein Layout zu realisieren. Hier ist einmal der HTML-Quellcode, jedoch gibt es auch darin Workarounds. So kann Winword keine Images vernünftig formattieren, daher wird für den Rahmen um Bilder einmal CSS verwendet, für Outlook ist ein vspace=“5″ im Tag erforderlich.

Dieser HTML-Code ist nun für alle Mail-Clients einigermaßen kompatibel.

Fazit

Zuerst scheint es eher übersichtlich zu sein, HTML-Mails zu verschicken. Tatsächlich stolpert man von einem Problem zum anderen und hat rasch einige Stunden verbracht, bis auch Outlook die Mail in etwa so anzeigt wie gewünscht. Vielleicht gibt mein Beispiel etwas Hilfe.

Im zweiten Teil geht es dann darum, wie man nun die HTML-Seite als Mail vor die Tür bekommt, denn direkte Eingabe von HTML erlaubt praktisch kein Mail-Client. Außer Thunderbird.

Es soll Zeiten gegeben haben, so um Ernest Hemingway herum, da hat man sich einfach mit einer Schreibmaschine und einigen Blättern Papier hingesetzt und hat geschrieben. Erst viel später wurde das Tippex erfunden, eine Erlösung für den Seltenschreiber. Kurz nach der Erfindung des Faxgerätes kamen PCs und damit Word und Multiplan, endlich konnte man schreiben, wieder laden und sich verschreiben, konnte speichern und wieder editieren. Ja, ich sprach gerade von den seligen Zeiten mit MS-DOS und rein textlichen Oberflächen.

Programme, mit denen man nur schreibt und trotzdem die wichtigsten Parameter im Blick hat, nämlich Anzahl Zeichen mit Leerzeichen und ohne, Zeilen, Wörter, es gibt sie wieder. Programme, bei denen nichts ablenkt, wo die Konzentration nur auf dem Schreiben liegt. Drei davon seien hier vorgestellt, die ersten beiden im Grunde sehr ähnlich, das dritte ausgefeilter und trotzdem nicht verschwiegen, weil Tools wie Notepad in der Bedienung überlegen.

Q10

Q10

Q10 (http://www.baara.com/q10/) ist ein Fullscreen-Editor, der in seinem Schriftbild den Wünschen des Nutzers weitgehend angepasst werden kann. Es gibt keine Menues oder Icons, in der Info-Leiste werden die wichtigen Eigenschaften des Textes angezeigt. Die nicht wenigen Funktionen des Editors sind über Funktionstasten erreichbar. Die Tippgeräusche einer Schreibmaschine können eingeblendet werden, auch Papier- und Textfarben sind einstellbar. Sollte man die Funktionstasten vergessen haben, reicht die Taste F1 und man bekommt eine Übersicht.

WriteMonkey

WriteMonkey

WriteMonkey (http://writemonkey.com/) ist Q10 ähnlich, aber in viel weiteren Grenzen einstellbar und mit mehr Funktionen gesegnet. Das Prinzip ist das gleiche wie in Q10, es gibt nur noch einen Bildschirm ohne Kommando-Icons, Funktionen, Buttons oder Menus. Nur ein Blatt und die Schrift darauf. Auch WriteMonkey zeigt die Zahl der Buchstaben, Wörter und Zeilen an, zusätzlich können Seitensteuerungen leicht eingegeben werden, wie z. B. ein +++ für den Seitenwechsel oder >> und >>> für Einrückungen.

Notepad++

Notepad++

Wer es nicht ganz so radikal reduziert haben möchte, kann auf Notepad++ (http://notepad-plus-plus.org/) zurück greifen. Im Gegensatz zu Q10 und WM ist Notepad++ ein vollständiger Texteditor, der ursprünglich für das Edititieren von Quelltexten für Programmierer gedacht war, sich aber zum reinen Texterfassen prima eignet. So werden als Beispiel selektierte Wörter zusätzlich im gesamten Text hervor gehoben, so dass dann Häufungen von Wörtern schnell sichtbar sind.

Schön an allen drei Tools ist, dass sie Freeware und damit kostenlos zu haben sind. Alle drei zeigen die gesamte oder selektierte Zeichenzahl, Zeilen oder Absätze an, sind in Farben und Schriftarten anpassbar. Bei mir hat sich übrigens MS Consolas als Schriftart gut bewährt, ist in Windows 7 vorinstalliert und ansonsten in der Microsoft-Site kostenlos zu bekommen.

Dimavery SG

Was soll man von einer Gitarre halten, die ein Händler wie folgt beschreibt:

  • Hersteller: Dimavery
  • SG-Form, schwarz
  • Hals: Ahorn
  • Korpus laut Anbieter: Amerikanische Linde
  • Griffbrett: Palisander, 22 Bünde
  • Pickups: 2 x Humbucker
  • Regler: 2 x Volumen, 2 x Ton
  • PU Schalter: 3-Way Switch
  • Brücke: Tune-O-Matic
  • Preis: 79 Euro inkl. Versand

Meine erste Reaktion war, dass das nur Schrott sein kann, denn zuverlässige Instrumente renommierter Hersteller beginnen frühestens bei ca. 500 Euro. Was ist also mit so einem Instrument, würde es für einen Anfänger reichen, zum Beispiel für einen Jugendlichen, der gerne Gitarre lernen möchte, aber es eventuell auch nach drei Monaten wieder aufsteckt?

Herkunft

Hergestellt werden die Instrumente, die unter dem Namen Dimavery verkauft werden, vermutlich in China. Import und Vertrieb übernimmt eine Firma Steinigke Showtechnic GmbH im bayrischen Waldbüttelbrunn. Und das nicht nur für Gitarren unterschiedlichster Coleur, sondern auch für Schlagzeuge, Verstärker bis hin zu Lichtsystemen für die Bühne. Diese Firma gibt es schon seit 1993, also kann es zumindestens kein Betrug sein. Alles, was ins Haus stünde, wäre eine herbe Enttäuschung. Aber warum nicht, bestelle ich einen solchen SG-Klon mal und sehe, was ankommt.

Lieferant ist hier die Firma Redcoon, ein eher gesettleter Internet-Anbieter für Elektronik. Und wie von ihm gewohnt, ist die Bestellung nach 48 Stunden in meinen Händen. Verpackt in einem üblichen Karton, das Instrument steckt gut geschützt in einer Plastiktüte in einem einfachen Gigbag, nichts Besonderes, aber zweckmäßig. Auch ein kürzeres Kabel ist dabei, keine Pleks oder ein Gurt, wie in der Anzeige von Redcoon versprochen. Nun gut, bei diesem Preis mag das so vorkommen.

Nach dem Auspacken erste Verblüffung: die Anmutung der Gitarre ist nicht Billigstschrott. Zwar ist die mattschwarze Lackierung kein Meisterstück, es gibt ein paar Dellen und einen Spalt zwischen Decke und Korpus, aber es ist weitaus besser als vermutet. Selbst Bridge und Stoptail sehen nicht übel aus, alles ordentlich verchromt. Alle Kunststoff- und Metallteile sind abgeklebt, die Tuner funktionieren im Grunde ohne Fehl und Tadel. Eine Demontage des Reglerfachs bringt wenigstens Holz zum Vorschein, es ist kein Schichtholz. Und der Setup aus der Fabrik ist grundsätzlich akzeptabel, die Saitenlage mittel, nicht für Flitzefinger, Intonation stimmt überraschend, generell ok. Nein, die 79 Euro sieht man der Gitarre erst mal nicht an.

Dann lassen wir mal einen gestandenen Gitarristen ran …

So,

Rainer war gestern bei mir (Spaltertreffen) und wir nahmen das gute Stück in Augenschein. Zu den Materialien kann Rainer euch mehr sagen. Ich sage erstmal was zum generellen Eindruck: gut verarbeitet, nicht super, aber keine, keine offensichtlichen Schlampereien. Werkssetup besser als manches von bekannten Namen.

Der Body dieser 79€ SG ist bleischwer. Es soll Birke sein (nee, ist Linde, Ferdi; d. Red.), die ja zu den Harthölzern zählt, und nicht zu den leichtesten. Eine Les Paul von diesem Hersteller wird es wohl eher nicht geben. Nochmal: die Gitarre fällt zuallererst durch ihr Gewicht auf. Von der Hoffnung, Kopflastigkeit könne bei einem so schweren Body ja kein Thema sein, stirbt auch der letzte Rest bei der Gurtprobe. Der Hals ist ebenfalls bleischwer und pendelt sich am Gurt in der Waagerechten ein. Mit einem glatten, nicht aufgerauten Gurt hängt die Dame quer, nichts zu machen. Von dem federleichten SG-Charme ist insgesamt da nicht zu spüren… die Küchenwaage sagt 3981g.

Die Bundbearbeitung ist ok. Nicht super, aber ok. Keine scharfen Grate – nirgens. Meine Squier Tele greift sich sympathischer, aber der Fretjob ist nicht besser. Das Griffbrett ist in ein Bindung gefasst (die Bundenden nicht), das auch ok verarbeitet ist. Keine Patzer. Die Griffbretteinlagen können sich sehen lassen, mit der Ausnahme von einer einzigen sind es echt schmucke und gut passend eingesetzte Perlmutt-Kopien.

Hm, hm, hm. Der Lack ist lückenlos und scheint steinhart. Das ist ja eher gut. Kein (gibsontypischen) „Stufen“ im Lack (am Übergang von lackiert zu nicht lackiert). Die Hardware erfüllt ihren Job (keine Verstimmungen seitens der Mechaniken zB), ist aber aus billigem Guss. Die Elektrik ist, oh wunder, extrabillig. Dickes Plus: keine Pickup-Mikrofonie. Keine. Nachdem ich den Halspickup weit runtergeschraubt hatte und den am Stege weiter rauf, waren die Lautstärkeverhältnisse ok.

Kommen wir zur Praxis 🙂

Fuhrpark:

  • DiMavery SG, schwarz wie die Nacht
  • vintage „no name“  Spiralkabel (mein bestes bestes bestes)
  • Boss TU2
  • VoodooLab Microvibe
  • Boss FZ-5 Fuzz
  • Analogman KingOfTone
  • MXR Carbon Copy
  • Klotz Kabel
  • „modded by Ritter Amps“ JTM 45
  • vertikale TT 2×12 mit Electro Voice (!!!) 12L und Tonehunter G12H.

Alles nur vom Feinsten, wenn es sch**** klingt, kann es also nur an der Gitarre liegen 🙂

So: Clean oder Crunch kommt eine Spur dünner, plärriger und blecherner Klang immer durch – das leisten vor allem die Pickups, denke ich – und zum Solieren, sorry, greift sie sich einfach zu unsexy, lässt sich der Ton zu wenig modulieren, der Ton lässt sich durch Bendings und Vibrato einfach nicht so richtig zum Blühen brinmgen – sie tut nicht, was ich will. Das „sie ist ein Teil von mir“-Gefühl will sich so gar nicht einstellen. Akkorde klingen aber einigermaßen gleichmäßig aus. Zum heavy Abrocken mit Akkordgeschrammel – so Black Sabbath-Rhythmuszeuch zB – tut sie es aber. Das kann schon richtig Spaß machen.

Ich würde sagen, für eine so hell klingende Holzbasis – der typische SG-Mahagoni-Ton ist so gar nicht da – müssten da mindestens ausgeprägt warm klingende, vielleicht sogar richtig heiße Pickups rein, ev. sogar ein Super Distortion am Steg und was Passendes in die Halsposition. Dann würde aus der sustainmäßig an sich gesunden Substanz unterm Strich ein Sound, mit dem man arbeiten kann. Für den Riffrocker wäre das dann eine brauchbare Arbeitsgitarre. Für den Solisten eher weniger.

Soweit erstmal. Preis/Leistung ist erstaunlich.

Nun legt der gestandene Gitarrist natürlich die Latte ein wenig höher. Aber sagen wir mal so: hätte ich einen jungen Sohn, der unbedingt Gitarre spielen möchte, und bei dem ich nicht weiß, wie lange er es durch hält, würde ich ein solches Instrument in Betracht ziehen. Mit einem Satz gebrauchter, ordentlicher Pickups, einem kleinen Amp aus der Transistorfraktion und ein oder zwei Tretminen soll der Youngster zeigen, dass er durch hält. Tut er es, geht es nach einem Jahr zum Musikhändler meines Vertrauens und man begutachtet Fender, Gibson oder sonst etwas. Wirft er aus irgendwelchen Gründen das Handtuch, sind 100 Euro und das Delta aus dem Verkauf des Amps investiert, aber mehr auch nicht.

Der Gerechtigkeit halber muss man aber erwähnen, dass eine Epiphone Les Paul Standard bei Thomann auch für 99 Euro zu bekommen ist, eine SG Junior für 88 Euro, und bei ca. 150 Euro beginnen die Squier-Instrumente a la Tele und Strat. Gerade den Squier-Gitarren kann man mehr zutrauen, und sie sind bei der Gesamtinvestitionssumme dann nur ein Teil des Betrages, der 50 Euro oder wenig mehr ausmacht.

Also bitte auf der Straße bleiben und nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig erwarten. Für 79 Euro ist diese Dimavery-SG ein akzeptables Angebot und erfüllt definierte Zwecke. Eine PRS oder Gibson SG Standard kann dann ja später kommen.

Tori Amos: Night Of Hunters

Tori Amos: Night Of Hunters

Es war still geworden um Tori Amos. Nach den anfänglichen Erfolgen mit Little Earthquakes, Under the Pink und Boys for Pele in den Neunziger Jahren, mit dem Cornflake Girl und Crufify. Die folgenden Veröffentlichungen waren oft sperrig, schwergängig. Ob nun Night of Hunters erfolgreicher wird? Ich befürchte fast nicht.

Tori Amos ist zu ihren Wurzeln zurück gegangen, zur klassischen Musik, die sie als Mädchen lernen und spielen musste, aber nicht wollte. Und deshalb aus dem Studium ausstieg, obwohl sie als sehr talentierte Pianistin galt. Nun hat sie diese Spuren der Vergangenheit wieder hervor geholt, Satie und Bach, Schubert und Debussy. Interessanterweise alles Komponisten, die ich kenne und schätze, was mich umso neugieriger auf ihre Sicht dieser Musik machte. Diesen klassischen Grundlagen hat sie neue Melodien und Texte hinzugefügt und daraus eine Sammlung von 14 mehr oder weniger freien Interpretationen klassischer und bekannter Stücke gemacht. Ein mutiges Unterfangen.

Wie gelungen ist das Ganze geworden? Ich bin zwiespältig. Einerseits ist diese Musik großartig, die große Pianistin Tori Amos scheint immer wieder durch, wer weiß, was auf dem geraden Weg aus ihr geworden wäre. Sicher ein Name in der Welt der klassischen Pianisten. Andererseits passt Amos‘ Art des Gesangs und ihre Art der Melodiebildung selten wirklich zum Ausgangsmaterial. Es bleibt meistens künstlich, am extremsten kommt dies bei Satie und Bach zum Vorschein. Das passt nicht wirklich zusammen, diese Harmonik, die Melodien und der Gesang. Sicher muss man solche Experimente wagen, auch Walter/Wendy Carlos ist in den Sechzigern für verrückt erklärt worden, als er/sie Bach auf dem Moog spielte. Aber Tori Amos bleibt zu nahe bei den klassischen Vorlagen und zu wenig bei sich selbst. So funktioniert das wenig. Eigentlich gar nicht. Schade.

Weitere Hörbeispiele finden sich in YouTube.

Zwei von fünf möglichen Cornflakes.

 

Bride of the Noisemakers

Bride of the Noisemakers

Normalerweise schätze ich Live-Aufnahmen eher weniger. Weil die Soundqualität meistens nicht stimmt, doch bei dieser Aufnahme habe ich zuerst gar nicht gemerkt, dass es eine Live-Aufnahme ist, so perfekt ist die Qualität, so dicht und right-into-your-face. Und weil das Feeling des Gigs nicht zuhause im Wohnzimmer ankommt, weil man nur hört, nicht fühlt und sieht. Diese CD hat mich eines Besseren belehrt.

Die Sammlung von Live-Auftritten des amerikanischen Pianisten und Keyboaders Bruce Hornsby und seiner Band The Noisemakers aus den Jahren 2007 bis 2009 arbeitet sich in unglaublich konsistenter Form durch altes und aktuelles Material. Was die Aufnahmen so hörenswert macht, ist nicht nur die wortwörtliche Spielfreude der Band, sondern auch die beachtliche Flexibilität von Bruce Hornsby, seine unglaublichen Live-Fähigkeiten. Da wird aus vier einzelnen Songs plötzlich einer, da geht es nahtlos von Fortunate Son (Hornsby) zu Comfortably Numb (Pink Floyd), wobei das Publikum erst einige Zeit braucht, es zu begreifen. Hornsby lavriert dabei oft an der schwierigen Grenze zwischen Jazz und Pop, und er ist einer der wenigen Musiker, die das können ohne sich selbst nicht treu zu bleiben. Die sogar Free Jazz-Elemente einbauen können, ohne gezwungen oder krampfhaft zu wirken. Die von Pop bis Jazz authentisch bleiben. Und auch noch alles an Stilen verwursten, bis das Original kaum mehr erkennbar bleibt.

Das Resultat ist eine Live-Musik, die sich qualitativ nicht hinter Studioaufnahmen zu verstecken braucht, dafür noch zusätzlich eine Lebendigkeit und einen Abwechselungsreichtum bieten, der Studioaufnahmen eben abgeht. Für Hornsby-Fans absolutes Must-Have, für Noch-Nicht-Fans eine Möglichkeit, mit diesem großen amerikanischen Musiker warm zu werden.

Fünf von fünf möglichen Pianotasten.

Bruce Hornsby and the Noisemakers – „Funhouse“
from Bruce Hornsby on Vimeo.

Bruce Hornsby and the Noisemakers – „White-Wheeled Limousine“
from Bruce Hornsby on Vimeo.

Im ersten Artikel zum Thema ging es mehr um technische und organisatorische Voraussetzungen für Webinars. Das ist aber nur die halbe Miete für erfolgreiche Online-Veranstaltungen, denn selbst wenn organisatorisch alles bestens klappt, kann die Durchführung gerade online viel schwieriger werden als in einer Präsenzveranstaltung. Weil …

  • Es gibt kein Feedback zwischen Vortragendem und Publikum, man sieht nicht, ob Leute einschlafen, sich sperren, Widerspruch nonverbal signalisieren.
  • Die Hürden für Fragen, Kommentare oder Einwände sind höher, auch wenn Chat-Kanäle in fast allen Programmen für Online-Meetings zur Verfügung stehen.
  • Es fehlt die körperliche Präsenz des Trainers oder Seminarleiters, Online-Seminare können wesentlich schneller ermüden oder langweilen.

Ein Webinar ist definitiv einfacher zu planen, aber wesentlich schwieriger durchzuführen als ein Präsenz-Seminar. Wenn es im Sinne einer Aktivierung der Teilnehmer erfolgreich sein soll, müssen die Botschaften und Inhalte zuverlässig bei den Adressaten ankommen. Daher noch ein paar Tipps und Ratschläge, aus der Theorie und der Praxis.

Präsentation

Die Präsentation, die im Webinar verwendet wird, ist nicht nur Vehikel zum Transport von Botschaften, sie ist der rote Faden, sie macht die Struktur, sie führt und leitet. Jede Investition in die Folien zahlt sich aus, daher sollte man an dieser Stelle nicht sparen. Eine „ordentliche“ Präsentation beginnt mit einer Agenda, einer Übersicht über den Verlauf und die Inhalte, die kommen. Diese Agenda sollte bei jedem Abschnittswechsel wieder auftauchen, damit die Hörer darin eine Leitlinie haben und wissen, wo sie gerade stehen. Auf logische Abfolge achten, sonst geht der führende Charakter der Präsentation schnell verloren. Daran denken, dass die Präsentation der zentrale Aspekt des Webinars ist, erst danach kommt die Stimme des Präsentierenden.

Was in vielen Präsentation in Bullet-Listen, Diagrammen und endlosem Text verloren geht, ist das, was im Vordergrund stehen soll: die Kernbotschaften. Das, was vermittelt werden soll und was hängen bleiben muss. Warum ist dieses neue Produkt so großartig und wichtig? Warum ist es so wichtig und entscheidend, dieses Wissen oder diese Kenntnisse zu haben? Argumentieren ist gefragt, Vorteile und Gewinne darzustellen. Nur das, was uns einen Gewinn, einen Vorteil oder eine positive Veränderung bietet, kommt durch und bleibt hängen. Damit solche Inhalte ankommen, ist nicht nur Klarheit und Struktur wichtig, sondern auch das, was Lernen immer beeinflusst, nämlich Wiederholungen. Kernbotschaften wiederholen und platzieren, wo immer sie passen. Und zu den Kernbotschaften gehört es, dass ein aktives Ziel für die Präsentation definiert wird, was ist das Ziel und was ist der Sinn der Geschichte? Zeigen, nicht erzählen, ein wichtiger journalistischer Grundsatz.

Noch mal zum Thema Inhalte und Layout, schon oft gehört, aber immer wieder gerne vergessen. Die schon angesprochenen Bullet-Listen, Diagramme und Textwüsten vermeiden, sie langweilen, sie haben keine offensichtlichen Botschaften. Stattdessen viel mit Bildern arbeiten, die emotional ansprechen. Botschaften statt Bleiwüsten, Argumente statt Kuchenscheiben, Geschichten erzählen statt Fakten aufzählen. Auch nicht vergessen, in der Präsentation Highlights zu setzen, um immer wieder zu wecken und zu motivieren. Und lieber die Folien übersichtlich und in ihren Aussagen reduziert halten als den Teilnehmer mit Grafiken, Text und Zahlen zu erschlagen. Der Teilnehmer soll uns zuhören, und nicht lesen. Daher sind Bilder viel hilfreicher, sie lenken weniger ab und sprechen oft mehr als Text. Text spricht im Grunde nie, weil über ihn wenig Emotionales zu übermitteln ist.

Dazu noch ein kleines eBook von Anita Hermann-Ruess: Speak limbic.

Jeder Jeck ist anders

Im günstigsten Fall kennt man die Leute, die auf der anderen Seite sind, persönlich. Um ungünstigten Fall sind es völlig Fremde. Der Grund, dass ich speziell darauf eingehe, ist der, dass die Motivation der Teilnehmer grundverschieden sein kann und wird, und damit auch die Wahrnehmung. Ich hole etwas aus, um das Problem zu umreißen.

Unsere Wahrnehmung ist nicht neutral, wir filtern eingehende Informationen nach dem, was uns interessiert oder was unseren Zielen dient. Mein Lieblingsbeispiel: zwei Männer gehen durch eine Stadt, der Architekt sieht nur die Gebäude, der andere nur die jüngere weibliche Bevölkerung. Genauso ist die Wahrnehmung unserer Teilnehmer unterschiedlich. Am einfachsten ist noch der Vertriebler, dem es am wichtigsten ist, möglichst viel Umsatz und persönlichen Gewinn zu machen. Für ihn zählen Begriffe wie Value Proposition, Rendite, Argumentation. Die Frau aus dem Marketing denkt, angenommen, mehr in Bindungsaspekten, sie reagiert eher auf persönliche Ansprache, Zahlen und Fakten beeindrucken sie wenig. Und der Youngster aus dem Produkt-Management ist auf der Suche nach Neuem, Aufregendem und Innovativem. Ihn interessiert weder Bindung noch persönlicher Gewinn, er ist iPhone-Besitzer, er sucht den Kick, das Unbekannte.

Diese drei Teilnehmer haben ihren Interessen und Erwartungen entsprechend unterschiedliche Wahrnehmung. Und man könnte hier noch weitere Wahrnehmungs-Archetypen finden. Mit Zahlenkolonnen und Balkendiagrammen kann man überzeugte Buchhalter ansprechen, den Rest nicht. Unser Ziel muss es sein, alle Teilnehmer zu erreichen, den in Euro denkenden Vertriebler, den Innovations-Sucher und den Bindungs- oder Sicherheitssucher, der gerne hören möchte, dass wir auch dieses Mal alles so machen, wie wir das schon immer gemacht haben. Nur so können wir unsere Botschaften herüber bringen und zu Ergebnissen kommen.

Wie können wir die unterschiedlichen Wahrnehmungstypen erreichen? Indem wir allen etwas bieten, was ihrem Erwartungsprofil entspricht. Dem Vertriebler seine Margen, dem Innovativen seinen Hype. Die Wege dazu sind einfach: Zahlen und Fakten sind hilfreich, doch ansonsten viel mit Bildern und Geschichten arbeiten, reale Beispiele, Erfolgsgeschichten, Botschaften, Ziele. Auf jeden Fall zu vermeiden sind von Text überbordende Folien, die beliebten Bullet-Listen n-ter Verschachtelung. Layout und Inhalte einfach halten und auf die verschiedenen Zielgruppen ausrichten. Struktur und Logik beibehalten, Botschaften und Keymessages inszenieren, Abwechselung bieten und, wenn möglich, Interaktion nutzen. Abstimmungen oder Kommentare über Chat anfordern, den Teilnehmer in der Präsentationen halten und ansprechen, auf möglichst vielen Kanälen und mit den entsprechenden Reizen für die so verschiedenen Wahrnehmungstypen.

Mal anders machen

Um Webinars angenehmer und interessanter zu machen, sind auch Erweiterungen denkbar, die Farbe und Abwechselung hinein bringen. So nehme ich mir gerne einen Co-Moderator dazu, wie den Entwickler eines Produktes oder einen Spezialisten zu einem speziellen Aspekt des Themas. Vorausgesetzt, dass diese Person für diese Zwecke brauchbar ist, was Sprache und Kommunikations-Fähigkeiten angeht. Hat man den Richtigen an seiner Seite, können das dann so richtig lustige Veranstaltungen werden. Für die Zuhörer kommen nun unterschiedliche Stimmen ins Spiel, und die Fokussierung der Zuhörer steigt. In diesem Fall ist die Technik etwas aufwändiger, meistens kann man nur ein Mikro und Headset an einen PC anschließen, ich verwende daher ein Mischpult und einen kleinen Verstärker, an den man mehrere Kopfhörer anschließen kann. Auch verwende ich nicht das Micro des Headsets, sondern ein Kondensator-Mikro, das wesentlich bessere Audio-Qualität bietet (zwischen den Monitoren zu ahnen).

Kleine Geschichten, Comics oder Bilder können ebenso den Verlauf der Präsentation auflockern, es ist aber immer ein Navigieren am Rande der Struktur. Wenn man eine Geschichte hat, und sie passt zum Thema oder verdeutlicht es sogar, spricht nichts dagegen. Videos oder Musik geht über viele Tools für Online-Präsentationen eh nicht, weil die Bandbreite zu gering ist.

Am Ende

Die meisten Präsentationen enden mit einer Dankeschön-Folie, was den Teilnehmer ins Leere laufen lässt und er sich fragt, was er denn nun mit dem Gebotenem machen soll. Ich würde etwas anderes vorschlagen. Zusammenfassung der Inhalte, Anregung zum aktiven Umsetzen der Inhalte, Kernbotschaften ein weiteres Mal wiederholen. Fragen und Kommentare brauche ich nicht explizit einzufordern, wem etwas auf der Seele liegt, wird das auch einbringen, daher ist die Frage nach Kommentaren an sich überflüssig. Und nicht alle Leute da draußen haben Headsets. Manchmal sogar keiner. Bedanken ja, aber mündlich reicht, nicht verwässern, nicht zurück rudern.

Der Anfang und das Ende der Präsentation sind die Punkte, die am meisten Aufmerksamkeit bekommen, also diese Momente auch nutzen, um Botschaften und Appelle unterzubringen und zum Handeln aufzufordern.

Fazit

Die wesentlichen Punkte noch einmal in der Übersicht.

  • Kernbotschaften klar definieren und aussprechen, wiederholen und inszenieren.
  • Highlights setzen, regelmäßig wecken, Interaktion anregen.
  • Die unterschiedlichen Motivationen und damit Wahrnehmungen beachten und respektieren. Möglichst viele Erwartungshaltungen berücksichtigen und befriedigen.
  • Die Präsentation frei von Bullet-Listen, Bleiwüsten und Zahlenschlachten halten, stattdessen mit Bildern, Geschichten und nachweisbaren Erfolgen arbeiten. Beispiele greifbar und für jeden nachvollziehbar machen.
  • Klare Struktur der Präsentation, Agenda durch die Präsentation verwenden und Orientierung und Leitfaden anbieten.
  • Zeigen, nicht erzählen. Früher zählte das Erreichte, heute reicht oft das Erzählte, das ist kein erfolgreicher Weg in einer Präsentation.
  • Am Ende Kernbotschaften nochmals wiederholen, zum Handeln auffordern, Ziele definieren.

Für ganz wesentlich halte ich es, neben Zahlen und Fakten die emotionale Wirkung von Bildern und Geschichten von realen Personen zu nutzen. Wir sind heute stark gesellschaftlich dahin gehend geprägt, dass Zahlen und Fakten am wichtigsten seien, dass sie die schlagenden Argumente sind. In der Tat, wie Richard David Precht es formulierte, wedelt meistens der emotionale Hund mit seinem rationalen Schwanz. Entscheidungen werden ganz stark von emotionalen Aspekten beeinflusst. „Fühle“ ich mich mit der Entscheidung wohl? „Schmeckt“ mir das Thema? „Hört“ sich das gut an? Es mag wenige Leute geben, die von Zahlen und Fakten überzeugt werden können. Doch das Gros entscheidet im Bauch. Und dazwischen steht das limbische System mit seiner Filterung der Wahrnehmung. An diesem Wächter müssen wir vorbei, nur dann können wir unsere Botschaften an Mann und Frau bringen.

Ob Frau S. eine Ahnung hat, wie sehr sie mich inspiriert? Lange konnte ich ihr nicht aus dem Weg gehen, so traf ich sie vor ein paar Tagen an der Garage. Sie schaute angestrengt und in gebückter Haltung an ihrem schwarzen Auto entlang, da musste irgendwo so etwas wie ein Streifen sein, den bestimmt Frau K. in der Garage beim Einsteigen mit ihrer Umhängetasche verursacht haben musste. Frau K. passt ja nie auf, und frech ist sie auch noch. Sie schauen ja immer nach, ob irgendetwas am Auto ist, auch wenn sie in der Stadt waren. Und dass Frau K. immer so aufstampfen würde, deshalb sei meine Vormieterin auch völlig entnervt ausgezogen. Mein Kenntnisstand bezüglich des Auszuges an dieser Stelle ist ein völlig anderer, auch den Zustand der Wohnung nach Frau W.’s Auszug wollte ich an dieser Stelle nicht einbringen. Das Problem mit dem lauten Rolladen-Herunterlassen überspringe ich jetzt. Und das Garagentor, morgens um acht. Geschlagene zwölf Minuten meiner Arbeitszeit hat es mich gekostet. Ich gehe darauf später noch einmal ein.

Veränderung ist für Frau S. wohl nicht mehr möglich, aber wie weit ist Veränderung überhaupt möglich, wenn sie an die Grundfeste der wirtschaftlichen Existenz geht, an den Job, den Beruf? Und was kann man von so einer Veränderung überhaupt erwarten? Was ist noch möglich, und wie?

Ich vermute, dass Frau S. solche Zeiten nicht hat wie ich in den letzten Wochen. Zeiten Neues zu sehen und zu erleben, Bücher zu lesen, die nachdenklich machen und die helfen, eigene Fragen und Grenzen in Frage zu stellen. Ein solches Buch ist „Lebe deine wirkliche Berufung: Der spirituelle Weg“ von Guido Ernst Hannig. Zuerst hat mich der Titel etwas abgeschreckt, Spiritualität ist nicht unbedingt ein Modewort heute. Hannigs Ansatz ist jedoch keine verquere Esoterik, sondern er betrachtet die Fragen der beruflichen und damit persönlichen Veränderung oder Entscheidung aus der Sicht der inneren Berufung. Was diese innere Berufung ist, woher sie stammt und wie sich zeigt, stellt er an konkreten Fällen dar, nicht aus theoretischer Betrachtung. Dass sich Hannig dabei auf christliche Tradition und universale Bestimmung beruft, kann zuerst ablenken, tatsächlich führt er uns auf ganz ursprüngliche Botschaften zurück, die uns aus der abendländischen Welt vertraut sind. Auf diese Weise führt er bekannte Leitlinien und neue Sichtweisen zusammen.

Ziel seines Buches ist nicht nur das Erkennen seiner inneren Berufung, sondern auch das Finden eines Weges gegen die inneren Widerständes des Egos und der Vernunft, der Umgang mit der Umgebung und das Einbetten der Veränderung in den Alltag. In diesem Sinne weit ab von Theorie und Philosophie, und immer im Bewusstsein, dass berufliche Veränderung auch persönliche bedeutet, davon nicht zu trennen ist. Somit berufliche Veränderung als ein Teil der Selbstfindung, Bereitschaft zur Veränderung als Erweiterung des inneren Horizontes. Ein gut lesbares und lesenswertes Buch, nicht nur mit dem Willen zur beruflichen Entscheidung.

Die meisten kennen sicher das Gefühl, das einen beschleicht, wenn man mit bestimmten Personen zusammen kommt, oder Beklemmungen in gewissen Situationen, oder dass man an einer Stelle immer wieder gleich reagiert, obwohl man sich hinterher an den Kopf fasst und es doch beim nächsten Mal ganz anders machen wollte. Die möglischen Gründe für diese Situationen und Verhaltensweisen behandelt Schwartz in seinem Buch „IFS – Das System der Inneren Familie“. Schwartz führt ein Therapiemodell ein, das davon ausgeht, dass neben unserem eigentlichen Selbst noch weitere Teile in uns existieren, die situationsabhängig und individuell die Regie übernehmen, ohne dass es uns immer bewusst wird. Sein Modell ist frappierend einfach und geht weg von pathologisierenden Betrachtungen und problemanalysierenden Verfahren. Stattdessen führt er ein Modell ein, das zur eigenen Wertschätzung, Achtsamkeit und Selbstführung anleitet.

Was das Buch so lesenswert und interessant macht, ist nicht nur der Ansatz, den Schwartz einführt, sondern auch die selbstkritische, praxisbezogene und realistische Art, wie er die Sache angeht. Er umreißt ein Modell, das in uns verschiedene innere Akteure einführt, denen wir nicht so hilflos ausgeliefert sind, wie wir es allgemein annehmen. Stattdessen zeigt er Methoden auf, die solche Kräfte wie beispielsweise Das Kind, Den Kritiker oder Den Einpeitscher sichtbar und erfahrbar werden lassen. Dabei gibt er keine solchen Strukturen vor, sondern ermuntert zum Finden der ganz eigenen Anteile in sich. Das Ziel kann in zwei Richtungen liegen, einmal als eine Methode für den Therapeuten, aber auch für denjenigen, der sich mit solchen inneren Vorgängen näher auseinandersetzen möchte oder muss. Im Kern geht es darum, zu sehen, und idealerweise auch zu steuern, was uns in Situationen treibt oder bremst, und warum wir scheinbar beliebig immer wieder in die gleichen Fettnäpfchen latschen.

Es ist weder Ratgeber noch Lehrbuch, eher eine praktische Anleitung für eine neue Betrachtungsweise unseres Inneren und was uns steuert. Und über mögliche Ansätze, diese Einflüsse unserer Inneren Familie zu vermindern. Eines der besten Bücher, die ich seit langer Zeit in der Hand gehabt habe.

Manche Dinge, vor allen Dingen Software, kann man schön beschreiben, mit Screenshots und Workflows. Aber so richtig klar wird es erst mit einem kleinen Video, in dem man zeigt, wann man wo clickt. Und was man wo eingeben muss. Sollte doch kein Problem sein, so etwas zu machen. Ha.

Software

Also braucht man Software, zum Mitschneiden der Vorgänge auf dem Bildschirm, dann noch zum Schneiden und zum Zusammenfügen. Ein Trailer und Jingle wäre auch nicht schlecht. Screencapture-Software gibt es sogar kostenlos, für ein paar Dollar in der Vollversion, wie Jing zum Beispiel. Das geht recht gut, ist auch einfach zu handhaben. Videos schneiden kann man mit dem kostenlosen Movie Maker von Winzigweich. Besser geht es mit VideoPad. Der hat mehr Effekte und Einblendungen und kann das Ganze dann als MP4-Video exportieren, bis hin in 1080p-Auflösungen. Als Medien kann man nicht nur Videos verwenden, sondern auch Bilder, kann deren Anzeigelängen einstellen und vieles mehr. Sogar MP3s und WAVs können zusätzlich hinzugefügt werden, z.B. für Hintergrundmusik. So, damit wären Schnitt und Aufnahmen abgehakt. Wobei sich Jing und Videopad wegen des gemeinsam verwendeten MP4-Formates doch gut ergänzen.

Intro und Trailer

Fehlt noch etwas für Intro und Trailer. Auch das gestaltet sich einfach: man erstellt mit einem beliebigen Grafiktool ausreichend große Bilder, indem man mehrere Bilder mit jeweils zusätzlichen Textzeilen macht, diese nacheinander in Videopad einfügt und zwischen den Bildern Überblendungen hinterlegt. Sieht dann schon ganz brauchbar aus. Und die Bedienung von VideoPad ist sehr intuitiv, man hat, was notwendig ist, aber nicht zu viel.

Sonstige Hardware

Für die Sprachaufnahme empfiehlt sich, wie bei Webinars auch, ein ordentliches Headset mit amtlichen Mikrofon. Die Sennheiser-Modelle sind teuer, aber gut. Logitech macht auch gutes Material, für etwas angenehmere Preise. Mit einem Tischmikro würde ich nicht arbeiten, es werden zu viele Klapper- und Bewegungsgeräusche eingefangen, das Headset arbeitet da schonender. Ganz davon abgesehen, dass man ein Shure SM57 an einem PC-Audio-Eingang nur mit speziellen Adaptern und Empfindlichkeitsverlusten zum Laufen bringt. Da ist das beidseitige Headset immer die bessere Lösung.

Der wirkliche Haken

Gut, Technik an Bord, dann kann es losgehen. Software gestartet, Jing aktiviert, 3 … 2 … 1 … Record. Öh, wie wollte ich noch mal anfangen? Ach ja, und man fängt an zu erzählen. Oh, doch vergessen, den an dieser Stelle notwendigen HTTP-Server gestartet zu haben. Von vorn. 3 … 2 … 1 … Record. Verhaspelt. Dieses und jenes wichtige Detail vergessen. Zum neunten Mal das gleiche Verb verwendet. Den Faden verloren. Versprochen. 3 … 2 … 1 … Record …

So fängt man an. Und lernt Folgendes:

  • Aus dem Stehgreif erzählen mag manchmal gehen. Würde ich aber nicht mehr machen. Stattdessen lieber den Text entwerfen, mit mindestens 14pt ausdrucken und z.B. mit Tesa an eine Wand hinter dem Monitor und sonst wo in der Nähe des Monitors platzieren. Frei sprechen geht im Plenum, beim Demonstrieren am PC aber nicht gut.
  • Das Vorformulieren als Text sorgt auch dafür, dass man alle Aspekte abgedeckt hat, und Überflüssiges gestrichen. Ein solches Video sollte maximal fünf Minuten lang sein, als Faustregel.
  • Man kann ausformuliert am Text arbeiten und Wiederholungen oder unpassende Formulierungen verhindern.

Man mag einwenden, dass das Vorschreiben des Textes viel Zeit kostet. Am Ende stellt man doch fest, dass sieben Anläufe beim Aufnehmen auch nicht viel schneller waren. Und die Qualität des Textes ist eine ganz andere, wenn sie gecheckt und abgestimmt ist. Und darauf legt man doch Wert. Selbst wenn eine Aufnahme vom Ablauf her erst einmal geklappt hat, ist man Ende beim Abhören dann doch nicht zufrieden. Also lieber vorformulieren.

Was sonst noch?

Trotz des Vorformulierens sollte man den Ablauf am Monitor einige Male geübt haben. Auch aus optischen Gründen.

  • Unklare Mausbewegungen vermeiden, nicht mit dem Mauszeiger auf dem Bildschirm herumfuchteln. Die Cursor-Bewegungen sollten ruhig, linear und direkt sein. Wenn der Mauscursor auf dem Video herumrast, sieht das übel aus. Und verwirrt.
  • Daran denken, dass alles ausgesprochen wird, was getan wird, also auch Tastenbetätigungen von Cntl-C und Cntl-V oder ESC.
  • Immer erst angeben, was ich jetzt mache, nicht im Nachhinein, das kann unklar werden. Erst erklären, dann handeln.
  • Trotzdem während der Aktionen Sprechpausen einlegen. Der Fokus des Betrachters soll entweder auf der Aktion auf dem Monitor, oder auf der Sprache des Erklärers hängen. Es geht um Lernen, nicht um Unterhalten.

Die Sache sieht zuerst ziemlich trivial aus, tatsächlich ist das Anfertigen von Unterrichts-Videos gar nicht so simple. Für den Anfang ruhig das Dreifache der Zeit einplanen, die man zuerst geschätzt hat.

Trotz der Freeware-Tools kann man so schon ganz gute Video erstellen, und ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Ein Video mehr als zweitausend Worte.

Hinter dem Bild oben liegt ein kleines Beispiel, mit VideoPad gemacht. Einfach in ein paar Minuten zusammen geclickt, nur um zu zeigen, wie simpel es ist. Die Intro- und Trailer-Texte sind PNGs, mit Fireworks gemacht, das Video in der Mitte aus YouTube geklaut. Was nicht simpel ist: klar, deutlich, verständlich und exakt zu erklären. Deshalb so viel vorbereiten, vorschreiben, üben, exerzieren wie möglich. Auch die Erklärungswege auf den Prüfstand stellen, sind es klar erkennbare Workflows, bauen die Aktionen aufeinander auf? Instructional videos sind kein Kinderspiel, sie erfordern eine Menge Vorbereitung und didaktische Ausarbeitung, um in ein paar Minuten das Maximum herüberzubringen.

Präsenz-Seminare bin ich seit zwanzig Jahren gewohnt, in der Train-the-Trainer-Ausbildung wurde ich in allen Eventualitäten und Mentalitäten geschult und gestählt. Dann verließ uns ein Kollege, der bisher unter anderem Webinare machte, und ich kam auf die brilliante Idee, mir dieses Thema an Land zu ziehen. Eine wertvolle Erfahrung, sind doch Online-Seminare etwas gänzlich anderes als der Vortrag vor dem Plenum. Die Vorteile sind offenkundig: meine Kollegen von Hong Kong bis Burlington (USA) brauchen nicht zu reisen, aktuelle Informationen kommen in’s Haus, es ist direktes Feedback möglich, wenn beide Seiten Headsets mit Micros haben. Tolle Sache, nur, wie immer im Leben, hat jede neue Sache so ihre Fußangeln und Fettnäpfchen. Und der Kampf mit der Technologie kann leicht zugunsten der Technologie ausfallen.

Einmal zusammengefasst, worauf man sich bei diesem Thema einstellen muss, und was man im ersten Überschwang übersehen kann.

Vorbereitung

Die Einladung für ein größeres Webinar mit vielen Teilnehmern sollte mindestens eine Woche, besser zwei vor dem Event unterwegs sein. Darin Einwahldaten und -adressen, Kontaktadresse, falls etwas nicht funktioniert, und welche Software Voraussetzung ist. Die Zeit, wenn Leute aus mehreren Ländern beteiligt sind, bitte in mehreren Regionen ersichtlich angeben, z.B.

Friday 10th of December, 2010
09:00 GMT London
– 10:00 Paderborn, Paris, Berlin UTC+1
– 13:00 Dubai UTC+4
– 15:45 Kathmandu, Mount Everest UTC+5,75
– 17:00 Hong Kong Time UTC+8

Und immer nur für ein Event einladen, nicht für mehrere, denn die Einwahldaten können unterschiedlich sein. Diese Einladung ist Werbung für das Webinar! Also gestalten, interessant machen, teasen. Sonst wundert man sich, warum keiner kommt. Klare Aussagen, Agenda, Inhalt. Und was das Seminar bringt, was man an Nutzen ziehen kann.

Hat man mehr als ein gutes Dutzend Teilnehmer, und erwartet man Rückfrage und Kommentare, ist ein Co-Moderator eine große Hilfe. Der sitzt dann am besten direkt neben dem Moderator mit Blick auf seine Monitore, beantwortet Fragen und hilft bei Einwahlproblemen. Denn der Moderator braucht ja nur die Maus. Dass dieser Co-Moderator mindestens halb so fit in Technik und Thema sein muss, versteht sich von selbst.

Folien

Die verwendeten Folien entsprechen den allgemeinen Regeln für Foliensätze: weniger ist mehr, keine Bleiwüsten, keine übermäßigen Effekte, auf den Punkt kommen, das Plenum nicht mit Lesen beschäftigen. Darüber hinaus sollte man Effekte im Online-Einsatz ganz sparsam einsetzen, das Zeugs muss über die Leitung, viel Inhaltsänderung erfordert viel Bandbreite. Eine horizontale Überblendung von Folien reicht, Komposition von Folieninhalten in fünfzehn Ebenen sollte man tunlichst lassen.

Inhalt

Auch hier keine grundsätzlichen Änderungen gegenüber Präsenz-Seminaren, ein Webinar erfordert die gleiche Vorarbeit und Planung wie der Live-Vortrag. Auch der Beginn der Präsentation ist der gleiche, Vorstellung, Verfahrensfragen, Themenübersicht. Die Lokalisierung der Toiletten und Raucherzonen entfällt, aber die Teilnehmer sollten darauf hingewiesen werden, dass sie bei Nichtbenutzung ihr Mikro stumm schalten, wo sie die Unterlagen online finden, eine Vorstellung des Tutors inklusive Bild kann nicht schaden, damit die Leute wissen, wer da spricht. Lieber eine Folie zu Beginn mehr als eine zu wenig. Gerade den persönlichen Kontakt herzustellen, ist in einem Online-Meeting ungleich schwieriger als live. Man hat keine Symphatisanten im Blick.

Ein bisschen Smalltalk ist am Anfang eine gute Methode, in das Netz hinein zu horchen, es existiert ja nicht der direkte visuelle Kontakt. Manche Leute machen Webinars auch mit WebCam, so dass der Tutor und sogar das Plenum zu sehen ist, bei uns hier aber eher selten.

Technik

Das ist mit Abstand der heißeste Part. Ich benutze MS Office Live Meeting. Das Tool ist recht gut, man kann Präsentationen hochladen und in ihnen herummalen, ohne das Original zu verhuntzen. Es muss auch nichts auf dem Desktop geshared werden, die Präsentation und alle Steuerung ist im Meetings-Fenster. Man hat Teilnehmerlisten, ein Frage/Antwort-Window, es ist eigentlich alles da. Man kann auch Applikationen sharen, wenn man das will. Nur Sound kann man nicht übertragen, eben außer Micro. Leider dauert es beim ersten Mal etwas, bis die Sache so funktioniert.

Am Headset kann man beliebig sparen, sollte es aber nicht tun. So dreißig Euro und aufwärts sollten drin sein, mein Sennheiser-Headset für 38 Euro leistet gute Dienste, hat ein ordentliches Mikro, ist bequem zu tragen und klingt sogar zum Musikhören gut genug.

Als Erstes sollte man das Headset und die Audio-Einstellungen in den Griff bekommen. Der Stereomix aus dem Audioteil mit dem Mikro-Signal darf nicht auf den Kopfhörer kommen, sonst gibt es eine böse Feedbackschleife, und nichts funktioniert mehr. Auch das Mikro sollte erst gar nicht in den Stereomix kommen, Live Meeting hat eigene Treiber und holt sich Kopfhörer und Mikro selbst. Der Mikro-Eingang im Windows-Mixer ist oft abgeschaltet, oder es gibt für den Audioteil noch eine getrennte Konfiguration vom Chip-Hersteller, mit der das Signal-Routing erledigt wird. Also Mikro im Mixer ein, nicht auf den Stereomix, Line-Eingang am besten ausschalten. Es sei denn, die jeweilige Software für das Meeting möchte es anders, das alles Wochen vorher klären. Nicht zwanzig Minuten vor Action.

Meint man, die Technik sei nun fit, ist ein Probetermin mit einem willigen Opfer dringend anzuraten. Als Probelauf für das kommende reale Event. Am besten sitzt dieses Opfer tatsächlich nicht im gleichen Bau, sondern wenigstens an einem anderen Standort. Proxies und Firewalls können sehr nervig sein, wenn das System nicht passend konfiguriert ist. Die Software muss mit einem Test-Kollegen zusammen einmal einwandfrei gelaufen haben, auch um Mikro- und Kopfhörerpegel passend einzustellen. Anstatt den Menschen da draußen schon bei der Begrüßung das Trommelfell wegzublasen.

Auf die Besonderheiten der Software achten, es kann sein, dass der Maus-Cursor nicht übertragen wird, sondern für Zeigen und Hervorheben separate Tools zuständig sind. Einfach sich Zeit nehmen, die Software zu erkunden und in den Griff zu bekommen.

Durchführung

Nicht immer sind Webinars besonders beliebt, gerade wenn sie dienstlich verordnet sind. Eine Erinnerungs-Mail, ein oder zwei Stunden vor Termin, kann wecken und den Einwahlkreis vergrößern.

Jetzt wird es ernst. Mindestens eine halbe Stunde vor Termin online gehen, den letzten Stand der Folien hochladen, die Verbindung checken. Spätestens eine Viertelstunde vor Beginn der Veranstaltung eine Art Testbild als erste Folie des Satzes auflegen, z.B. das Gebäude, in dem man sitzt, oder auch das Bild des Moderators, oder was auch immer. Aber keine Haustiere oder Kinder, das mag man selbst witzig finden, der Rest der Welt nicht zwingend. Kein getrennter Foliensatz für die Einführung, sonst muss man mitten im Beginn umschalten. Und das Eingangsbild für die, die sich etwas vor Termin einschalten und sehen, dass sie hier richtig sind. Und nicht auf einen leeren Schirm stoßen.

Zu dieser halben Stunde „davor“ gehört noch mehr. Noch einmal zur Toilette gehen, Wasser zur Hand, wenn der Mund trocken wird. Bequeme Kleidung, für Ruhe in der Umgebung sorgen, am besten ist ein separater Raum. Sonst wenigstens ein fettes Schild an die Tür, dass nicht eine Horde Kollegen lärmend in den Raum fällt. Handy aus, Telefon stilllegen, Störungen verhindern. Fünf Minuten vor Termin am Platz, sitzen und warten. Nach und nach trudeln die Teilnehmer ein. Sollte es leer bleiben, mit dem Co-Moderator nachhaken, vielleicht wurde es nur vergessen. Oder bei der Einladung ist etwas gründlich schief gegangen, dann bei bekannten Adressaten nachhören.

Auch hier lässt uns die Technik keine Ruhe. Bitte bedenken, dass unsere Stimme bis in die USA oder nach Japan, und sogar nach Essen oder Regensburg ein paar Sekunden unterwegs ist. Ebenso unsere Folien. Also langsam vorgehen und sprechen, Pausen einfügen und dem Netz Zeit geben, bis unser Senf noch in der letzten Ecke der Welt angekommen ist. Und wer glaubt, er werde ja nicht gesehen, täuscht sich, gerade unsere akustische Wahrnehmung ist äußerst fein. Körperhaltung, Spannung oder Nervosität wirken sich auf Stimmlage und Stimmführung deutlich aus. Wer unter Druck steht, legt die Stimme höher, presst oder atmet kürzer. Überhaupt im Online-Fall deutlich auf Atmung und Haltung achten, wie vor dem Plenum. Entspannung von vornherein einplanen, bequeme Klamotten, aber Geräusche durch knisternde Hemden oder Pullover vermeiden. Ruhe im Raum, am besten alleine im Zimmer, als dass drei Kollegen genervt dreinschauen, weil die ja nur mein Gebrabbel mitbekommen.

Auf den Is-there-anybody-out-there-Effekt vorbereitet sein. Nach einer Zeit des Erzählens haben die Kollegen artig das Mikro gemutet und man fragt sich, ob man gerade ein intensives Selbstgespräch führt. Nein, sie hören zu, wenn wir uns nicht ganz blöd anstellen oder vor uns hinleiern. Nur fehlt online jegliches Feedback, das in der Präsenz ständig verfübar ist. Daran gewöhnen. Darauf achten, dass die Stimmführung variiert, dass Artikulation und Ausdruck intensiv genutzt werden, um Ermüdung auf Hörerseite zu vermeiden, um wach und interessiert zu halten. Ruhig mal etwas stärker als sonst die Stimme modulieren, im Moment sind wir nur Stimme und Folie, am besten hat man das Bild eines Radiomoderators vor Augen, der nicht weiß, wer zuhört, und der höchstens seinem halb dösenden TonI zuwinken kann. Und das ist genau ein Punkt, mal ein Witzchen einfließen lassen, eine lokale Anekdote (Welcome from a cold and rainy Paderborn …), für eine Sekunde aussteigen und einen Wecker ablassen. Man kann mit dieser Live-Situation auch spielen, kann ganz aktuelle Ereignisse einfließen lassen, wie einen Kollegen, der doch trotz Warnschild hereinschaut oder Dinge, die auf dem Bildschirm nebenbei passieren. Je lebendiger und zeitnäher das Online-Event ausfällt, desto interessanter wird es für die Teilnehmer. Nur Grenzen beachten, keine Zoten, keine Sprüche, keine Anspielungen.

Die Kunst beim Moderieren eines Webinars ist die Balance zwischen Perfektion, Präzision und Entertainment. Ist es zu perfekt, zu präzise, ist es langweilig und eintönig. Ist es zu flapsig, gehen Informationen verloren oder die Stimmung kippt ins Alberne ab. Lebendigkeit lässt sich am zuverlässigstens mit der Stimme erreichen, ohne dass Präzision verloren geht. Wer ein gutes Beispiel für präzises Sprechen haben möchte, höre sich Reden von Karl-Theodor zu Guttenberg an. Er kann selbst Phrasen und Stereotypen durch klare Sprache zum Leben erwecken.

Ist man durch, folgt das Übliche. Fragen? Kommentare? Verabschiedung, ich blende dann immer die Schlussfolie mit dem obigen Bild ein. Ein letzter Lacher, denn der Einstieg und der Ausstieg sind das, was sogar bei einer Online-Präsentation am meisten im Gedächtnis bleibt. Endet die Präsentation mit einem Lacher, ist das immer das Beste, was man erreichen kann.

Noch die kleinen Stolperfallen, aus der Praxis:

  • Das Mikro vom Headset so weit unter dem Kinn plazieren, dass man nicht hinein bläst, kommt auf der Gegenseite störend an.
  • Die 30 Minuten plus 15 Minuten gelten auch für das gleiche Webinar zum achten Male. So musste ich feststellen, dass der Treiber meines Audio-Chipsatzes bei jedem Neustart den Mikro-Pegel auf 20% zurücksetzt. Drei Minuten vor Beginn kann einem das schon den Schweiß auf die Stirn treiben.
  • Schmatzen, Lippenlecken und ähnliches vermeiden, das kommt über die heutigen, sehr empfindlichen Mikrofone ganz deutlich rüber.
  • Wenn möglich (MS Live Meeting kann das), die Show aufzeichnen und analysieren. Was kommt gut, was weniger? Erst da habe ich die Sache mit dem Schmatzen und Lippenlecken gehört.
  • Modulation der Stimme ist wichtig, aber auch darauf achten, dass man nicht ins Säuseln verfällt. Die Stimme sollte einen deutlichen Obertongehalt haben, sonst leidet die Verständlichkeit.
  • Seelisch darauf vorbereitet sein, dass Null Feedback kommt. Zum Beispiel, weil die Kollegen aus Italien oder Peru ein bisschen Englisch verstehen, aber sich nicht trauen zu sprechen. Der Effekt kann live viel härter wirken als vorgestellt.

Ihr macht diese Geschichte mit bestem Gewissen und Gewissen. Was die anderen daraus machen oder daraus mitnehmen, ist nicht mehr Eure Verantwortung. Also, keep cool.

Viel Spaß bei Eurem ersten Webinar.

You say it’s your first Webinar?

Präsenz-Seminare bin ich seit zwanzig Jahren gewohnt, in der Train-the-trainer-Ausbildung in allen Eventualitäten und Mentalitäten geschult und gestählt. Dann verließ uns ein Kollege, der bisher Webinare machte, und ich kam auf die brilliante Idee, mir dieses Thema an Land zu ziehen. Eine wertvolle Erfahrung, sind doch Online-Seminare etwas gänzlich anderes als der Vortrag vor dem Plenum. Die Vorteile sind offenkundig: meine Kollegen von Hong Kong bis Burlington (USA) brauchen nicht zu reisen, aktuelle Informationen kommen in’s Haus, es ist das direkte Feedback möglich, wenn beide Seiten Headsets mit Micros haben. Tolle Sache, nur, wie immer im Leben, hat jede neue Sache so ihre Fußangeln und Fettnäpfchen. Und der Kampf mit der Technologie kann leicht zugunsten der Technologie ausfallen.

Einmal zusammengefasst, worauf man sich bei diesem Thema einstellen muss, und was man im ersten Überschwang übersehen kann.

Vorbereitung

Die Einladung für ein größeres Webinar mit vielen Teilnehmern sollte mindestens eine Woche, besser zwei vor dem Event unterwegs sein. Darin Einwahldaten und -adressen, Kontaktadresse, falls etwas nicht funktioniert, und welche Software Voraussetzung ist. Die Zeit, wenn Leute aus mehreren Ländern beteiligt sind, bitte in mehreren Regionen ersichtlich angeben, z.B.

Friday 10th of December, 2010
09:00 GMT London
10:00 Paderborn, Paris, Berlin UTC+1
13:00 Dubai UTC+4
15:45 Kathmandu, Mount Everest UTC+5,75
17:00 HGK Time UTC+8

Und immer nur für ein Event einladen, nicht für mehrere, denn die Einwahldaten können unterschiedlich sein.

Hat man mehr als ein gutes Dutzend Teilnehmer, und erwartet man Rückfrage und Kommentare, ist ein Co-Moderator eine große Hilfe. Der sitzt dann am besten direkt neben mir, beantwortet Fragen und hilft bei Einwahlproblemen. Dass dieser Co-Moderator mindestens halb so fit in Technik und Thema sein muss, versteht sich von selbst.

Folien

Die verwendeten Folien entsprechen den allgemeinen Regeln für Foliensätze: weniger ist mehr, keine Bleiwüsten, keine übermäßigen Effekte, auf den Punkt kommen, das Plenum nicht mit Lesen beschäftigen. Darüber hinaus sollte man Effekte im Online-Einsatz ganz sparsam einsetzen, das Zeugs muss über die Leitung, viel Inhaltsänderung erfordert viel Bandbreite. Also eine horizontale Überblendung reicht, Komposition von Folieninhalten in fünfzehn Ebenen sollte man tunlichst lassen.

Inhalt

Auch hier keine grundsätzlichen Änderungen gegenüber Präsenz-Seminaren, ein Webinar erfordert die gleiche Vorarbeit und Planung wie der Live-Vortrag. Auch der Beginn der Präsentation ist der gleiche, Vorstellung, Verfahrensfragen, Themenübersicht. Die Lokalisierung der Toiletten und Raucherzonen entfällt, aber die Teilnehmer sollten darauf hingewiesen werden, dass sie bei Nichtbenutzung ihr Mikro stumm schalten, wo sie die Unterlagen online finden, eine Vorstellung des Tutors inklusive Bild kann nicht schaden, damit die Leute wissen, wer da spricht. Lieber eine Folie zu Beginn mehr als eine zu wenig. Gerade den persönlichen Kontakt herzustellen, ist in einem Online-Meeting ungleich schwieriger als live. Man hat keine Symphatisanten im Blick.

Ein bisschen Smalltalk ist am Anfang eine gute Methode, in das Netz hinein zu horchen, es existiert ja nicht der direkte visuelle Kontakt. Manche Leute machen Webinars auch mit WebCam, so dass der Tutor und sogar das Plenum zu sehen ist, bei uns hier aber eher selten.

Technik

Das ist mit Abstand der heißeste Part. Ich benutze MS Office Live Meeting. Das Tool ist recht gut, man kann Präsentationen hochladen und in ihnen herummalen, ohne das Original zu verhuntzen. Es muss auch nichts auf dem Desktop geshared werden, die Präsentation und alle Steuerung ist im Meetings-Fenster. Man hat Teilnehmerlisten, ein Frage/Antwort-Window, es ist eigentlich alles da. Man kann auch Applikationen sharen, wenn man das will. Nur Sound kann man nicht übertragen, eben außer Micro. Leider dauert es beim ersten Mal etwas, bis die Sache so funktioniert.

Am Headset kann man beliebig sparen, sollte es aber nicht tun. So dreißig Euro und aufwärts sollten drin sein, mein Sennheiser-Headset für 38 Euro leistet gute Dienste, hat ein ordentliches Mikro, ist bequem zu tragen und klingt sogar zum Musikhören gut genug.

Als Erstes sollte man das Headset und die Audio-Einstellungen in den Griff bekommen. Der Stereomix aus dem Audioteil mit dem Mikro-Signal darf nicht auf den Kopfhörer kommen, sonst gibt es eine böse Feedbackschleife, und nichts funktioniert mehr. Auch das Mikro sollte erst gar nicht in den Stereomix kommen, Live Meeting hat eigene Treiber und holt sich Kopfhörer und Mikro selbst. Der Mikro-Eingang im Windows-Mixer ist oft abgeschaltet, oder es gibt für den Audioteil noch eine getrennte Konfiguration vom Chip-Hersteller, mit der das Signal-Routing erledigt wird. Also Mikro im Mixer ein, nicht auf den Stereomix, Line-Eingang am besten ausschalten. Es sei denn, die jeweilige Software für das Meeting möchte es anders, das alles Wochen vorher klären. Nicht zwanzig Minuten vor Action.

Meint man, die Technik sei nun fit, ist ein Probetermin mit einem willigen Opfer dringend anzuraten. Also eine Art Probelauf für das kommende reale Event. Am besten sitzt dieses Opfer tatsächlich nicht im gleichen Bau, sondern wenigstens an einem anderen Standort. Proxies und Firewalls können sehr nervig sein, wenn das System nicht einwandfrei konfiguriert ist. Die Software muss mit einem Kollegen zusammen einmal einwandfrei gelaufen haben, auch um Mikro- und Kopfhörerpegel passend einzustellen. Anstatt den Menschen da draußen schon bei der Begrüßung das Trommelfell wegzublasen.

Auf die Besonderheiten der Software achten, es kann sein, dass der Maus-Cursor nicht übertragen wird, sondern für Zeigen und Hervorheben separate Tools zuständig sind. Einfach sich Zeit nehmen, die Software zu erkunden und in den Griff zu bekommen.

Durchführung

Nicht immer sind Webinars besonders beliebt, vor allen Dingen, wenn sie dienstlich verordnet sind. Eine Erinnerungs-Mail, ein oder zwei Stunden vor Termin, kann wecken und auffordern.

Jetzt wird es ernst. Mindestens eine halbe Stunde vor Termin online gehen, den letzten Stand der Folien hochladen, die Verbindung checken. Spätestens eine Viertelstunde vor Beginn eine Art Testbild auflegen, z.B. das Gebäude, in dem man sitzt, oder auch das Bild des Moderators oder was auch immer. Damit die, die sich etwas vor Termin einschalten, sehen, dass sie hier richtig sind. Und nicht auf einen leeren Schirm stoßen.

Noch einmal zur Toilette gehen, Wasser zur Hand, wenn der Mund trocken wird. Bequeme Kleidung, für Ruhe in der Umgebung sorgen, am besten ist ein separater Raum. Sonst wenigstens ein fettes Schild an die Tür, dass nicht eine Horde Kollegen lärmend in den Raum fällt. Handy aus, Telefon stilllegen, Störungen verhindern. Fünf Minuten vor Termin am Platz, sitzen und warten. Nach und nach trudeln die Teilnehmer ein. Sollte es leer bleiben, mit dem Co-Moderator nachhaken, vielleicht wurde es nur vergessen. Oder bei der Einladung ist etwas gründlich schief gegangen, dann bei bekannten Adressaten nachhören.

Auch hier lässt uns die Technik keine Ruhe. Bitte bedenken, dass unsere Stimme bis in die USA oder nach Japan, und sogar nach Essen oder Regensburg ein paar Sekunden unterwegs ist. Ebenso unsere Folien. Also langsam vorgehen und sprechen, Pausen einfügen, bis unser Senf noch in der letzten Ecke der Welt angekommen ist. Und wer glaubt, er werde ja nicht gesehen, täuscht sich, gerade unsere akustische Wahrnehmung ist äußerst fein. Körperhaltung, Spannung oder Nervosität wirken sich auf Stimmlage und Stimmführung deutlich aus. Wer unter Druck steht, legt die Stimme höher, presst oder atmet kürzer. Überhaupt im Online-Fall deutlich auf Atmung und Haltung achten, wie vor dem Plenum. Entspannung von vornherein einplanen, bequeme Klamotten, aber Geräusche vermeiden. Ruhe im Raum, am besten alleine im Zimmer, als dass drei Kollegen genervt dreinschauen, weil die ja nur mein Gebrabbel mitbekommen.

Auf den Is-there-anybody-out-there-Effekt vorbereitet sein. Nach einer Zeit des Erzählens haben die Kollegen artig das Mikro gemutet und man fragt sich, ob man gerade ein intensives Selbstgespräch führt. Nein, sie hören zu, wenn wir uns nicht ganz blöd anstellen oder vor uns hinleiern. Darauf achten, dass die Stimmführung variiert, dass Artikulation und Ausdruck intensiv genutzt werden, um Ermüdung auf Hörerseite zu vermeiden, wach und interessiert zu halten. Ruhig mal etwas stärker als sonst die Stimme modulieren, im Moment sind wir nur Stimme und Folie, am besten hat man das Bild eines Radiomoderators vor Augen, der nicht weiß, wer zuhört, und der höchstens seinem halb dösenden TonI zuwinken kann. Und das ist genau ein Punkt, mal ein Witzchen einfließen lassen, eine lokale Anekdote (Welcome from a cold and rainy Paderborn …), für eine Sekunde aussteigen und einen Weckruf ablassen.

Ist man durch, folgt das Übliche. Fragen? Kommentare? Verabschiedung, ich blende dann immer die Schlussfolie mit dem obigen Bild ein. Ein letzter Lacher, denn der Einstieg und der Ausstieg sind das, was bei einer Präsentation am meisten im Gedächtnis bleibt. Endet die Präsentation mit einem Lacher, ist das immer das Beste, was man erreichen kann.
Viel Spaß bei Eurem ersten Webinar.

Manchmal bekomme ich EMails, deren Sinn und Inhalt sich mir auch nach mehrmaligem Lesen nicht erschließt. Vor einiger Zeit stellte ich einem Kollegen eine Frage, und ich bekam als Antwort etwas, was mit der Frage aus meiner Sicht nichts zu tun hatte. Also formulierte ich die Frage um und präzisierte sie, aber die Anwort war immer noch die gleiche. Würde man diese Leute nun direkt auf ihre Kommunikations-Schwierigkeiten ansprechen, wäre Unverständnis das Ergebnis. Abgesehen davon, dass dieser Hinweis wahrscheinlich als Angriff interpretiert würde. Also verkneift man sich den Hinweis.

Mit dem Schreiben hat diese Geschichte insofern zu tun, dass sie von einem wichtigen Thema für Trainer und auch Coaches handelt, der Selbstreflexion. Selbstreflexion heißt, dass man sein eigenes Handeln, auch seine Annahmen, Urteile und Prinzipien in Frage stellt, einen Schritt zurück tritt, sie betrachtet und sich fragt, ob sie sinnvoll oder zielführend sind. Ich halte dieses Vorgehen für einen Schreibenden für unverzichtbar. Aber 97% der Leute tun dies nicht, halten ihr Vorgehen und Handeln für richtig und wichtig. Ohne dass sie dafür Feedback von außerhalb bekommen. Es reicht also nicht, sich seine Texte auf Fehlerfreiheit und Logik anzusehen, sondern es lohnt sich, das Papier ein paar Zentimeter weiter weg zu halten und zwischen den Zeilen zu lesen, ob denn der meinige Weg so wirklich nur gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist. Man könnte es auch Selbstkritik nennen, aber es ist mehr, es geht tiefer.

Das Reflexionsrad von Maturana zeigt diesen Prozess. Nur setzt dieser Prozess in unserem Fall drei Dinge voraus: die Bereitschaft und Fähigiet zur Selbstkritik, die Bereitschaft und Fähigkeit zur Veränderung und das unspezifische Gefühl, dass wir etwas besser machen könnten. Die schwierigste Hürde ist das Erkennen der Schwachpunkte, wären sie offensichtlich, wäre es leichter sie abzustellen. Aber ich denke, man findet Anhaltspunkte genug, wenn man sich den Gedanken und Eindrücken freien Lauf lässt.

  • Folgt mein Text einer logischen, temporalen und sinngemäßen Linie, gibt es einen Faden?
  • Wie ist die Struktur meiner Texte? Ist das Kriterium erfüllt, dass ein Absatz ein Gedankenende ist, oder brauche ich ihn nur, weil ich mich in Nebenkriegsschauplätze und einem Problemsee versenke?
  • Warum benutze ich Füllwörter, Unschärfen und Verallgemeinerungen? Hat es internalisierte Gründe?
  • Ist das, was ich schreibe und wie es schreibe, wirklich für jeden verständlich?
  • Kommen meine Gedanken, Ideen und Absichten klar an’s Tageslicht?
  • Halte ich den Leser durch Verbindungen, Überraschungen und Ruhepunkte wach und bei der Stange?

Sobald man nur vage das Gefühl hat, an Stellen etwas besser machen zu können, sollte man dem nachgehen. Und sich selbst der beste Freund sein und damit schonungslos. Um Dinge auch andauernd und anhaltend zu verändern.

Aber was bekommt man für diese Mühe? Eine ganze Menge.

  1. Man schreibt besser.
  2. Selbstreflexion kann neue oder andere Potenziale in uns finden.
  3. Warum ich bestimmte Dinge so tue, wird durch Selbstreflexion klar.
  4. Die Kommunikations-Fähigkeit verbessert sich, weil man sich damit gezielt auseinandersetzt.

Ein Buchvorschlag gefällig? „Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion“ von Sigfried Greif.

Man sucht nach einer Antwort, vermutet sie und dann kommt ein Buch um die Ecke und öffnet die Augen. So geschehen durch William Zinnser. Ich hatte immer das Gefühl, dass in meinen Texten zu viel Füllmaterial ist, dass es kürzer und mehr auf den Punkt gehen müsste, konnte aber nicht sagen, warum. Ich bin weiter.

Nehmen wir einen kurzen Textabschnitt von mir, den ich vor gezielter Beschäftigung mit dem Schreiben verfasst habe:

Diese, wie schon geschrieben, von Fatar bezogene OEM-Variante in Kunststoff ist ein wenig ein Mittelding zwischen Klavier- und Orgel-Tastatur, jedoch mehr Klavier. Ich würde sie auch als ein Mittelding zwischen gewichteter und halb-gewichteter Tastatur bezeichnen. Man kommt aber als Klavierspieler sehr gut mit ihr zurecht, sie spielt sich recht flüssig und stabil. Auffällig ist lediglich, wenn man sie mit einigen wenigen anderen Tastaturen vergleicht, dass die Oberfläche ein wenig klebrig ist. Auf der Bühne wird das kaum eine Rolle spielen, und zuhause merkt man es auch nur an seltenen Stellen.

Ganz selbstkritisch betrachtet, ist das eine Menge Müll. Diese, wie schon geschrieben …, wenn es schon geschrieben wurde, wird es der Leser noch wissen, also weg damit. Warum diese, die reicht und ist kürzer. Von Fatar bezogene …, es ist eine Fatar-OEM-Tastatur, selbst das OEM ist unwichtig und sagt nichts aus. Ein wenig …, also ist sie oder ist sie nicht? Und so weiter.

Würde ich unter diesen Gesichtspunkten den Absatz noch einmal schreiben, würde er so lauten:

Die Fatar-Tastatur aus Kunststoff ist ein Mittelding zwischen Klavier- und Orgeltastatur, liegt in der Gewichtung zwischen gewichtet und halbgewichtet. Als Klavierspieler kommt man mit ihr gut zurecht, sie spielt sich flüssig und stabil. Die Oberflächen der Tasten wirken etwas klebrig, was auf der Bühne nicht auffällt und zuhause nur in schnellen Läufen zu merken ist.

Punkt. Die Aussagen sind die gleichen, aber der Text ist straffer. Man mag einwenden, dass eine Bewertung eines Produktes eine subjektive Sache ist, und daher Relativierungen angebracht sind. Aber jede Produktbewertung ist subjektiv, und man sollte den Leser nicht für dumm halten.

Es hilft, seine Art zu schreiben, genau und bewusst unter die Lupe zu nehmen. Mache ich das mit meinen Texten, fällt mir eine Schwäche für die Wörter auch, eben, gar, vielleicht, wenig, eher und trotzdem auf. Ich denke, dass das Verwenden dieser Wörter an einer inneren Einstellung liegt. Auch im Eingangstext relativiere und verkümmere ich viele meiner Aussagen, anstatt zu sagen: So ist das und so sehe ich das. Zwar sollte man sich selbst nicht ernster nehmen als notwendig, doch zu seinen Aussagen sollte man stehen. Your mileage may vary, aber eine Analyse, warum ich bestimmte Füllwörter oder Relativierungen benutze, kann einen interessanten Einblick in meine Grundhaltungen ergeben. Andere mögen sicher, absolut, völlig, total als ihre Lieblingsfüller finden, aber die Schreiber haben ihr Problem auf der anderen Seite, sie wissen immer ganz genau, wo es entlang geht. Was nerven kann, weil es nicht um Information, sondern um Diktat geht.

Geht man mit sich selbst auch einmal kritisch um und gönnt man sich eine Reflexion dessen, was man schreibt, nähert man sich dem Leser an. Wenn ich informieren möchte, sollte ich das tun. Wenn ich überzeugen möchte, müssen Argumente und Fakten auf den Tisch. Wenn ich unterhalten möchte, kann es farbig oder sogar flapsig werden. Diese Ausrichtung auf die aktuelle Situation ist notwendig. Füllwörter sind dabei ein guter Anhaltspunkt, auf welchem Terrain ich mich vordergründig und hintergründig bewege. Eine Analyse seiner verzichtbaren Lieblinge hilft zu strafferen Texten, die auf den Punkt kommen. Füllmaterial kann schützen, es kann den Inhalt aber auch unauffindbar machen.

Zur Zeit schreibe ich an einem Buch. Es ist kein Roman, keine Prosa, nicht mal eine Biographie. Es ist die härteste Art von Buchschreiben, die einem unterkommen kann: ein Benutzerhandbuch für eine komplexe, über Jahre gewachsene Software. Diese letzten Worte sagen den Kundigen, dass nur zentrale Funktionen überhaupt dokumentiert sind, dass es hunderte von anprogrammmierten Rucksäcken gibt, und dass keiner so wirklich den Gesamtüberblick hat.

Sieht man von der Recherche ab, um wenigstens das Bekannte aufzuspüren, und um dann zufällig auf das Unbekannte zu stoßen, ist die Planung eines solchen Projektes die Fußangel. Wenn man nicht schon ein Dutzend Manuals hinter sich hat. Es ist für mich das erste Projekte dieses Umfanges, am Ende wird es auf ca. 250 bis 280 A5-Seiten hinauslaufen, Schriftgröße 9 pt. Und trotz aller gut gemeinten Vorplanung ist einiges schief gegangen. Weil ich nicht weit genug gedacht habe. Diese Erfahrungen anderen Schreibern, die zum ersten Mal vor so einem Brocken stehen, als Warnungen mit auf den Weg gegeben.

Kenne Deinen Gegner

Um ein Produkt zu beschreiben, ist es zwingende Voraussetzung, dieses Produkt und seine Funktionen zu 70 oder 80% zu kennen. Wie will sonst etwas nicht nur beschreiben, sondern auch seine Anwendung verständlich machen? Das ist eine Grundlage, ohne die man nicht anfangen sollte. Neben der reinen Kenntnisse der Funktionen ist es unumgänglich, sich die Fachterminologie anzueignen, und Begriffe miteinander in Beziehung setzen zu können. Ich muss als Autor kompetent und fachlich fundiert sein, sonst merkt der Leser sehr schnell, was nur Fassade ist.

Das Produkt muss ich auch deshalb gut kennen, um ein Bedienkonzept zu vermitteln. Für einen DVD-Player mag eine Erklärung der vorhandenen Tasten ausreichen, eine umfangreiche Software, ein digitales Studiomischpult oder eine komplizierte Maschine braucht ein Bedienkonzept, eine logische Linie in der Handhabung. Nun ist es eine bevorzugte Eigenschaft von älterer Software, ihr Bedienkonzept durch immer neue Funktionen und Erweiterungen verloren zu haben. Wenn sie es je hatte. Dann ist es Aufgabe des Autors, ein Bedienkonzept zu entwickeln. Viele Anleitungen sind nur eine weitschweifige Erklärung für das, was auf Buttons und in Menüs kürzer steht. Aber sie vermitteln, leider, kein Konzept. Ohne Konzept kann der Benutzer nicht ahnen, was er mit dem Zeugs soll. Der Leser muss aus meinem Geschreibsel verstehen, wie die Dinge zusammenhängen, was was bedingt, wie Dinge miteinander verbunden sind. Und wie er das erreicht, was er erreichen möchte. Er muss auch die verbundenen Fachbegriffe lernen, sie sollten ihm nach dem Studium unseres Manuals quasi bildlich vor Augen stehen. Lege den ersten Schwerpunkt darauf, ein Bedienkonzept zu entwickeln, und was der Leser an Vorwissen haben muss, bis es an’s Eingemachte geht. Erst dann kommen Planung oder gar Feinheiten. Was nützt es mir, das Navi perfekt programmieren zu können, wenn ich gar nicht Auto fahren kann?

Rechne damit, dass 10 bis zu 15% der Projektzeit für die Entwicklung eines Konzeptes drauf gehen. Darin ist dann aber auch schon die Idee vorhanden, wie ich meine Kenntnisse, Erfahrungen und Entdeckungen rüber bringe. Der Rest ist Handwerk. Und das kommt jetzt.

Gliederung und Struktur

Der vorherige Absatz ist bewusst länger geworden, weil dieser Teil im Grunde nur noch das Aufschreiben dessen ist, was im ersten Absatz beackert wurde. Schreibe nun die Struktur des Manuals auf, die ersten beiden Überschrifts-Ebenen und ein paar Stichworte zum Inhalt der Kapitel. Diskutiere Deine Struktur mit Leuten, die das Produkt kennen und nutzen, die Regel, dass vier Augen mehr sehen als zwei, gilt auch an dieser Stelle. Fürchte Dich nicht davor, dass diese Leute vom Produkt viel mehr wissen als Du, Du bist Schreiber, und Dein Gegenüber kann vielleicht super programmieren, aber schreiben in unserem Sinne kann er nicht. Software-Entwickler können keine Dokumentation schreiben, das ist ein Oximoron, eine Unvereinbarkeit. Du machst Deinen Job, er seinen, und Ihr braucht Euch gegenseitig.

Dann fange an. Nach letzten Vorbereitungen.

Schrift, Satz, Layout, Tools

Schreibt man ein Dokument für eine Firma, muss man etwas über das Corporate Design wissen. Welche Schriftarten sind Firmenschriftarten? Welche Größe? Welche Logos müssen wo stehen? Gibt es sogar eine Festlegung im CD, wie Dokumente aussehen müssen? Das ist alles zu klären, bevor der erste Buchstabe geschrieben wird. Noch bevor irgendein Gedanke an Satz oder Layout verschwendet wird.

Thema Tools. Man kann ein umfangreiches Manual mit Word als Schreibprogramm und Gimp für die Bildbearbeitung machen. Man kann auch mit einem Smart bis Sizilien fahren. Spaß macht das nicht. Und lange dauern wird es auch. Für professionelles Schreiben braucht man professionelle Werkzeuge. InDesign für Layout und Satz, Fireworks oder Photoshop für die Bildbearbeitung und Illustrator für Diagramme und Zeichnungen. Oder etwas Vergleichbares. Da sind dann gut 2000 € an Lizenzen über den Tisch gegangen, aber man kann auch Adobe-Programme in England kaufen, das kosten sie nur ein Viertel. Wenn man doch Word nutzt, und nach einer Änderung auf Seite 112 das Layout von Seite 8 zerbröselt, sollte man sich nicht wundern. Auch für diese Tools gilt, dass man sie einigermaßen nutzen kann, wobei es wenigstens für die verbreiteten Tools auch gute Handbücher gibt. Da wäre dann wieder etwas weitere Zeit vergangen, bevor wir in medias res gehen. Aber alles andere ist Bastelei, die sich rächen wird. Versprochen.

Letzte Vorbereitungen

Konzept da, Tools vorhanden, Ideen gesammelt, Struktur vorbereitet, Tools erlernt, Gliederung erarbeitet. Go? Noch nicht ganz. Das Layout und der Satz müssen noch gemacht werden, in InDesign wären das die Master Pages, die Paragraph und Character Styles, Table/Cell Styles, also alles, was das Bild und die Gestaltung unseres Dokumentes ausmacht. Seitenränder, wie sollen Kopf- und Fußzeilen aussehen, mache ich nur ein Inhaltsverzeichnis, oder auch einen Index? Addendum planen, was soll aus dem Hauptinhalt an das Ende? Keyboard-Shortcuts, alle Icons erklären, Übersicht der Fachbegriffe, wenn diese Fragen in der Strukturierung noch nicht eingeflossen sind, sollte es spätestens jetzt geschehen.

Jetzt noch ein Hinweis aus eigener Erfahrung. Man braucht immer Screenshots. Daher sollte man noch ganz am Anfang sich drei Größen von Screenshots nehmen, die kommen. Hauptfenster, Dialoge und Unterfenster, als Standardgrößen und diese von 72 auf 300 dpi hochskalieren, sonst ist davon später im Print nichts mehr lesbar. Welche Größen müssen die Screenshots im Dokument haben, damit es noch lesbar bleibt? Auch diese Werte festschreiben und im gesamten Dokument konstant halten. Überhaupt so viel wie möglich ganz am Anfang, vor dem ersten Satz festlegen, ausdrucken und an den Bildschirm pappen.

Welche Seitenabstände der Bilder und Zeichnungen? Welcher Textfluss um Bilder? Farben in Paletten packen, so dass Zeichnungen einen einheitlichen Stil haben. Blocksatz ist für Zeitungen, beim Flattersatz muss ich aufpassen, dass es nicht zu unruhig wird und mein Layout darauf abstimmen. Alles, was irgendwie Maß oder Größe hat, immer fest definieren und auch dokumentieren. Nicht dass das vorletzte Kapitel im Layout völlig anders aussieht als das zweite. Und so weit wie möglich vorausdenken, was bald kommt. Diese paar Stunden an Vorbereitungen, an Vordenken und Vorplanen, können einem spätere Schweißausbrüche und Panikattacken ersparen. Und sie sorgen für ein professionelles Dokument.

Jetzt aber

Genau, nun ist es Zeit einzusteigen und loszufahren. Es mag eine Menge Vorarbeit gewesen sein, jedoch kann man sich nun auf das konzentrieren, was man rüberbringen will. Sein Konzept der Bedienung vermitteln, den Benutzer an die Hand nehmen und ihm sagen: „So, pass auf, ich erkläre Dir das jetzt mal ganz genau.“