Voice Processing die zweite
Ein Effekt statt drei
Man wird alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu. Aber besser man lernt, als immer bei den gleichen Dingen zu bleiben. Oder neben dem Neuen auch das Bessere zu entdecken. Oder wenigstens das Einfachere.
Bisher hatte ich zum Processing von Sprachaufnahmen in Adobe Audition CS6 (aktuell nun CC2015) ein Effekt-Rack benutzt. Das bestand aus einem De-Esser, einem EQ und einem Multiband-Compressor. Mit dem De-Esser nahm ich scharfe S-Laute heraus, mit dem EQ senkte ich rumpelnde Frequenzen unter 100 Hz heraus und hob für etwas Glanz den Bereich um 4 kHz an, der Multiband-Compressor sorgte für eine gleichmäßige Lautstärke. War auch so weit eine gute Lösung. Mir fehlte jedoch in den Ergebnissen so etwas wie eine Klarheit und Direktheit. Und mir erschien mit der Zeit der Klang etwas dumpf und undeutlich. Also begann ich zu forschen und stieß in einem amerikanischen Artikel auf einen anderen Ansatz.
Mastering in Audition CS6 und danach
Seit der Version CS6 kommt Audition mit einem umfangreichen Satz an Effekten daher, die für die üblichen Zwecke den Verzicht auf VSTi-Plugins möglich machen. Seit der Version CC könnten das eh nur noch 64 Bit-Plugins sein, was die Ausnahme ist. Einen Effekt hatte ich zwar gesehen, aber nicht gewusst, dass er auch ein gutes Tool für Sprachaufnahmen ist: der Mastering-Effekt.
Dazu wählt man im Effekt-Rack der entsprechenden Spur den Effekt „Special | Mastering“ aus und geht von den Standard-Einstellungen aus. Die wenigen Parameter für den Effekt haben jeweils umfangreiche Auswirkungen, weil hinter einem Parameter eine Reihe von Effekten steht.
Für meinen Geschmack haben sich diese Werte ergeben:
- Reverb: Fügt einen festen Hall-Anteil dazu. Da ich sehr trocken aufnehme, füge ich 10% Hall dazu, für etwas mehr Raumgefühl.
- Exciter: Ein Kern des Masterings. Ein Exciter ist eigentlich ein Compressor, jedoch mit sehr speziellen Einstellungen. Je höher der Wert, desto kerniger und lauter das Ergebnis. 80% sind ein starker Effekt, bei Frauenstimmen würde ich auf 50 bis 60% zurück gehen. Drei Arten des Exciters, Retro, Tape und Tube, fügen unterschiedliche Obertonreihen dazu und ahmen die Sättigung der klassischen analogen Signalwege nach.
- Widener: Da die Stimme mono ist, hier ohne Einfluss, also 0%.
- Loudness Maximizer: Das ist wieder ein klassischer Compressor. Der einzige Parameter steuert zugleich Ratio und alle anderen Parameter. 50% lassen weitgehend Natürlichkeit zu, aber bügeln leise Passagen gut aus.
- Output Gain: Bei mir -3 dB, so dass ich am Ende bei meinen -6 dBFS lande.
Zusätzlich zur Kompression hat der Mastering-Effekt noch einen EQ an Board. Hier habe ich alle drei Bereiche aktiviert. „Low Shelf Enable“ senkt Rumpeln und Tischgeräusche herab, mit „High Shelf Enable“ wird der Glanz in den Höhen etwas heraus geputzt. Ansonsten kann man gut spielen, wie man seinen persönlichen Geschmack trifft, da man die Parameter beim Abspielen der Spur ändern und abhören kann. Diese Einstellungen speichert man als Preset für den Effekt ab und hat ihn dann jeder Zeit zur Verfügung.
Zum Vergleich Ausgangsmaterial mit und ohne Mastering. Beide Aufnahmen haben einen Sprachanteil, dessen Pegel laut VU-Meter um die -6 dBFS liegen. Trotzdem liegen die Ergebnisse weit auseinander.
Ohne Mastering
Mit Mastering
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