Die meisten kennen sicher das Gefühl, das einen beschleicht, wenn man mit bestimmten Personen zusammen kommt, oder Beklemmungen in gewissen Situationen, oder dass man an einer Stelle immer wieder gleich reagiert, obwohl man sich hinterher an den Kopf fasst und es doch beim nächsten Mal ganz anders machen wollte. Die möglischen Gründe für diese Situationen und Verhaltensweisen behandelt Schwartz in seinem Buch „IFS – Das System der Inneren Familie“. Schwartz führt ein Therapiemodell ein, das davon ausgeht, dass neben unserem eigentlichen Selbst noch weitere Teile in uns existieren, die situationsabhängig und individuell die Regie übernehmen, ohne dass es uns immer bewusst wird. Sein Modell ist frappierend einfach und geht weg von pathologisierenden Betrachtungen und problemanalysierenden Verfahren. Stattdessen führt er ein Modell ein, das zur eigenen Wertschätzung, Achtsamkeit und Selbstführung anleitet.
Was das Buch so lesenswert und interessant macht, ist nicht nur der Ansatz, den Schwartz einführt, sondern auch die selbstkritische, praxisbezogene und realistische Art, wie er die Sache angeht. Er umreißt ein Modell, das in uns verschiedene innere Akteure einführt, denen wir nicht so hilflos ausgeliefert sind, wie wir es allgemein annehmen. Stattdessen zeigt er Methoden auf, die solche Kräfte wie beispielsweise Das Kind, Den Kritiker oder Den Einpeitscher sichtbar und erfahrbar werden lassen. Dabei gibt er keine solchen Strukturen vor, sondern ermuntert zum Finden der ganz eigenen Anteile in sich. Das Ziel kann in zwei Richtungen liegen, einmal als eine Methode für den Therapeuten, aber auch für denjenigen, der sich mit solchen inneren Vorgängen näher auseinandersetzen möchte oder muss. Im Kern geht es darum, zu sehen, und idealerweise auch zu steuern, was uns in Situationen treibt oder bremst, und warum wir scheinbar beliebig immer wieder in die gleichen Fettnäpfchen latschen.
Es ist weder Ratgeber noch Lehrbuch, eher eine praktische Anleitung für eine neue Betrachtungsweise unseres Inneren und was uns steuert. Und über mögliche Ansätze, diese Einflüsse unserer Inneren Familie zu vermindern. Eines der besten Bücher, die ich seit langer Zeit in der Hand gehabt habe.