Wirklich begonnen hat ihre Karriere als junges Mädchen mit einem einzelnen Song, der es tatsächlich ganz schnell in die obersten Ränge der Hitparaden schaffte: »Babooshka« in 1980, sie hatte erst 1978 ihre erste eigene LP »The Kick Inside« heraus gebracht. Entdeckt wurde sie von keinem Geringeren als David Gilmour von Pink Floyd, so bekam sie ihren ersten Vertrag mit EMI. Seit weit über 30 Jahren ist sie nun im Geschäft und aus der unbekannten Sängerin ist eine feste Größe im immer unübersichtlicheren Markt der Pop-Musik geworden. Heute ist Kate Bush nicht nur Musikerin, sondern Marke. Sie steht für eine Musik, die sich angeblichen Regeln nicht beugen will.
Von einer Marke erwartet man gemeinhin, dass sie über die Jahre erkennbar und berechenbar bleibt, wie die Marken »Rolling Stones« oder »Elton John«. Aber genau das hat Kate Bush nie getan, spätestens seit »The Dreaming« in 1982 war klar, dass Kate Bush Entwicklung und Veränderung wollte, immer Neues und immer Anderes. Kommerzieller Erfolg oder Anpassung waren nicht ihr Ding, sie verpflichtete Jazzmusiker wie Eberhard Weber, osteuropäische Frauenchöre, arbeitete mit Peter Gabriel oder Nigel Kennedy. Trotz ihrer oft extravaganten Produktionen schaffte sie mit ihren Alben dreifaches Platin und stramm gefüllte Hallen. Und konnte es sich leisten, mal sechs oder acht Jahre nichts Neues heraus zu bringen.
Nach dem für Bush’schen Geschmack eher mainstreamorientieren Album »Aerial« in 2005 folgte Ende 2011 nun »50 Words For Snow«. Und wieder etwas ganz anderes als zuvor, Kate Bush scheint es zu lieben, Erwartungen zu enttäuschen, und das tut sie auf ihrem nun 10. Album wieder zuverlässig. Das erste Stück, »Snowflake«, wird in der ersten Stimme von Kate Bush’s Sohn Albert McIntosh gesungen, Kate Bush begleitet. »Snowed In at Wheeler Street« ist ein Duett mit Elton John. Der Titletrack »50 Words For Snow« ist eine musikalisch untermalte Rezitation von Synonymen für das Wort Schnee, die vom englischen Schauspieler Stephen Fry vorgetragen werden. Beim ersten Hören eine merkwürdige Musik, die ein wenig an ihre Alben aus den Neunziger Jahren erinnert, in gewisser Weise experimentell, herkömmliche Songformen ignorierend, ruhig, aber nie langweilig. Ob alle Stücke überhaupt die Bezeichnung Song verdient haben, ist eine berechtigte Frage, wie sie das Rolling Stone-Magazin stellt.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung lobte »50 Words For Snow« als „tiefsinniges“ und „intelligentes“ Konzeptalbum. Und genau das ist es, aber das macht auch klar, dass das keine Musik für Parties ist. Es ist Musik für die ruhigen Stunden, für meditative Momente und erfordert Konzentration und Sicheinlassen auf diese Art von Musik. Und sie erschien zu einer genau passenden Zeit, als der erste Schnee sich auf die Landschaft legte.
Schwer zu beschreiben, aber empfohlen zu hören. Vier von fünf möglichen Schneemännern.