(und die Ohnmacht der Adjektive und Adverbien)

Wie der US-Blog RadarOnline.com berichtet, soll die Liebessause, auf die Insider nach Geburt der gemeinsamen Kids Harlow (2) und Sparrow (1) schon seit einer kleinen Hollywood-Ewigkeit spekulieren, in Los Angeles steigen. Auf der Gästeliste für die Feierlichkeiten auf dem Anwesen von Nicoles Schmusehit-Papi Lionel Richie (61): angeblich nur Familienmitglieder und eine Handvoll ausgewählter (Promi-)Freunde. Ein Hollywood-Insider verriet: „Nicole hat die Gästeliste gekürzt, weil sie keine Riesenhochzeit wollte. Viele prominente Freunde sind nicht dabei. Offensichtlich hat das einige vor den Kopf gestoßen.“ Unter denen dürfte auch Paris Hilton (29) sein. Denn laut der britischen Tageszeitung „Daily Mail“ soll Nicole Richies ehemalige Busenfreundin KEINE Einladung bekommen haben.

Ein wahrhaft grottenschlechter Text, die Quelle bürgt für diese Qualität. Es lohnt sich aber genauer hinzusehen, was den Text so schlecht macht. Es ist die Farblosigkeit der Wortwahl auf der einen Seite, und der verzweifelte Versuch auf der anderen, mit hippen Verben und stereotypen Adjektiven doch noch Farbe hinein zu bringen. Was dann in die Hose geht. Aber wir sollten mit solchen Urteilen vorsichtig sein, zu oft tappen wir selbst in die Falle. Erscheint uns ein Satz zu langweilig oder farblos, pumpen wir ihn mit Adjektiven oder gerade mit Adverbien voll, blähen ihn auf und entziehen dem, was Kraft und Aussage hat, die Substanz: dem Verb. Das Verb ist der Kern des Satzes, das Verb drückt das Geschehen aus. Ausgerechnet die Adverbien, die der Modifikation oder Erweiterung des Verbs dienen sollen, verwässern Aussagen und führen den Leser in die falsche Richtung.

Sie lächelte freundlich. Freundlichkeit ist der Inhalt des Lächelns, das Adverb ist überflüssig. Es stört. Sie lächelte traurig. Hier hat das Adverb eine wichtige Funktion, es modifiziert das Verb, hat eine Bedeutung. Ein grausamer Krieg. Krieg ist immer grausam. Wenn dieser Krieg anders war als andere, ist das eine nähere Beschreibung wert. Sie tanzten fröhlich um den Baum herum. Also wenn ich traurig bin, werde ich nicht tanzen. Und doch mag es Fälle geben, wo die Modifikation wichtig ist, Sie tanzte mit ihm versteinert. Die Kampagne wirkt umsatzsteigernd. Einer Kampagne, die umsatzmindernd wirkt, würde ich nicht über den Weg trauen. Damit werden Ihre Ansprüche im Bezug auf ausgezeichnete Kosteneffizienz in besonderem Maße erfüllt. Originalzitat, wer hat die Kosteneffizienz ausgezeichnet? Ansprüche können erfüllt werden, aber wie werden sie besonders erfüllt? Und was zum Teufel ist Kosteneffizienz, dass die Kosten effizient sind? Da dreht es dem BWLer den Magen herum.

Man mag einwenden, dass Marketing-Texte so sein müssten, aber wo sie definitiv nichts zu suchen haben, ist in der Non-Fiction, in Artikeln, Berichten oder Geschichten. Man sollte sich dort bemühen, den Satz durch seine Kernkomponenten wirken zu lassen, durch Verben und Adverbien dort, wo sie ihren Sinn erfüllen. Gleiches gilt für Adjektive, aber meistens sind es die Adverbien, die wie Glitzersternchen über den Text gestreut werden, und in der Menge billig und kitschig wirken. Er schaute ihr lange und tief in die Augen. Wenn ich jemandem in die Augen schaue, ist die Tiefe und Intensität gegeben. Noch etwas, was dabei passiert, ist das Vorwegnehmen von Bildern im Kopf des Lesers, und entstehen durch den Text nicht die eigenen Bilder im Kopf, unsere Bilder, fühlen wir uns übersteuert, kontrolliert.

Kein Text entsteht im ersten Wurf. Jeder Text braucht einige Zyklen des Überprüfens, Neustrukturierens und Abgleichens. Einer dieser Schritte sollte die Überprüfung auf überflüssige Adverbien (und Adjektive) sein. Beispiele für konzentrierten Text finden sich am besten dort, wo gute Schreiber am Werk sind, in der „Zeit“, oft im „Spiegel“ oder sogar in der „Brigitte“. Auch „Tom Sawyer“ und „Das Parfüm“ kommen mit erstaunlich wenig Adverbien aus. Und die besten Quellen sind immer noch die, die vom Marketing-Blahblah und vom medienwirksamen Aufblähen verschont sind: die klassische Literatur.

Bei einer Endlagenprüfeinrichtung für bewegliche Weichenteile mit einem Prüfergestänge und einem Prüfergehäuse, in welches das Prüfergestänge eingeführt ist und in welchem wenigstens ein Detektor zur Erfassung einer Endlage des Prüfergestänges angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Prüfergestänge an den beweglichen Weichenteil (3) in einer quer zur Schienenlängsrichtung liegenden Vertikalebene schwenkbar angeschlossen ist und dass das Prüfergestänge wenigstens eine Stange (8) mit kreisrundem Querschnitt umfasst, welche Stange (8) in ihrem dichtend in das Prüfergehäuse (12) eintauchenden Bereich an ihrem Umfang wenigstens eine Schaltflanke (13) trägt, welche mit einem Schalterkontakt (16) zusammenwirkt.

Dass geniale Erfinder nicht unbedingt auch geniale Schreiber sein müssen, wird hier klar. Es ist Text aus einem Patent, der die Funktion einer Apparatur beschreibt. Und ein perfektes Beispiel, wie man Sätze formuliert, die nicht mehr verständlich sind. Bei solchen Formulierungen ist das Problem, dass man am Ende des Satzes nicht mehr weiß, was der Anfang war. Dazu ist es hilfreich, wenn man etwas über die Verarbeitung von Informationen und Eindrücken weiß, über die Funktion des Gedächtnisses.

Nehmen unsere Sinne eine Information auf, geht sie als erstes in das Sensorische Register. Dieses bewertet Information nach Interesse und Wichtigkeit. Zwei Leute gehen durch eine Stadt, der eine sieht nur die Gebäude, der andere nur die weibliche Bevölkerung. Ist die Information dort als zu beachten registriert worden, geht sie weiter in das Kurzzeitgedächtnis, zur Zwischenspeicherung. Dort geschehen nun zwei Dinge. Als erste Bewertung wird eine lose Verbindung in das Langzeitgedächtnis aufgemacht, ob diese Information emotional positiv oder negativ besetzt ist. Diese Überprüfung geschieht nicht bewusst, sondern das geht über unbewusste Kanäle. Und sie muss schnell sein, denn eventuell meldet unser Kleinhirn den Befehl zur sofortigen Flucht oder zum Angriff, da wäre Nachdenken nur im Wege. Die Information kann ja sein, dass ein Säbelzahntiger zwei Meter vor uns steht. Ist die Bewertung positiv oder neutral, darf sie weitergeleitet werden. Leider gibt es da ein kleines Problem, das Kurzzeitgedächtnis kann nur maximal fünf bis neun Informationseinheiten behalten, alles, was neu rein kommt, verdrängt Älteres. Erst was es von dort in’s Langzeitgedächtnis geschafft hat, wird bewusst verarbeitet und gespeichert. Und erweist sie sich dort als nutzlos und selten gebraucht, verschwindet sie auch von dort ruckzuck.

Der Text aus dem Patent ist keine in sich abgeschlossene Informationseinheit, sondern eine Häufung von Einheiten. Das Gedächtnis hat keine Chance, diese in eine logische oder zeitliche Sequenz zu bringen. Ihm fehlen die Millisekunden zur Verarbeitung, ihm fehlen die Minipausen, die da heißen Punkt, Ausrufezeichen oder wenigstens ein kleines Semikolon. Nehmen wir einen anderen Satz. Er stieg also wieder aus dem Bus aus, wandte sich unentschieden nach rechts, ging die breite Hauptstraße herunter, aß an einem Imbiss-Stand einen pappigen Hamburger, trank noch einen lauwarmen Kaffee zu Wucherpreisen hinterher, zündete sich eine weitere Zigarette an und überlegte, was er mit dem Rest dieses langweiligen Abends anfangen sollte. Dieser Satz ist kein Problem, weil die einzelnen Informationen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, und vertraute Informationsanteile beinhalten. Bei jedem Komma ist der zeitliche Verlauf klar. Und daher könnte man den Satz auch ohne Schwierigkeiten wiederholen, er läuft in unserem Gedächtnis wie ein Film ab.

Es wird immer wieder die Regel zitiert, ein Satz sollte nicht mehr als 20 oder 30 Wörter haben, sonst sei er zu lang. Diese ist nicht grundsätzlich falsch, ist aber auch nicht die global-galaktische Lösung für verständliche, leserliche Sätze. Richtig ist, dass man Sätze nach Füllwörter wie auch, aber, so, sehr, viel, wenig durchsuchen sollte, ob sie für den Sinngehalt wichtig sind. Genauso kann so manches und gut durch ein Komma ersetzt werden und so Vorteile haben, so Vorteile haben. Zum Beispiel, dass der Stil flüssiger, die Struktur des Satzes interessanter wird. Wichtiger ist es aber, Sätze so zu bilden, dass das Kurzzeitgedächtnis nicht in einen Overflow kommt. Sind die Einzelheiten eines Satzes in einem logischen, zeitlichen oder kausalen Zusammenhang, tut sich unser Gedächtnis leichter. Und die Verständlichkeit wird besser.

Um Satzstrukturen klar zu gliedern und aufzubauen, ist gerade das notwendig, was beim Schreiben am meisten vernachlässigt wird: Organisation und Planung. Weil der Satz als Element des Gesamten, des gesamten Textes fungiert. Dann sollte sich klare Struktur nicht nur auf den einzelnen Satz, sondern auf den gesamten Text beziehen. Also erst ein paar Mal vorher nachdenken, und dann schreiben. Und nicht umgekehrt.

Man sollte sich immer die wichtigste Regel des Schreibens vor Augen halten: den Leser zu interessieren, ihn bei Stange zu halten und das Weiterlesen interessant machen. Das kann durch witzigen Stil, ausgefeilte Sprachkonstuktionen oder geplante Abweichung von der Norm geschehen. Aber witzige Manuals sind nicht jedermanns Sache. Und eine lyrische Software-Dokumentation auch nicht. Aber einen klaren, verständlichen und strukturierten Text lesen ist immer willkommen. So wie Pasta, Fischstäbchen und Kartoffelpüree. Man muss nicht lange kauen, um satt zu werden. Übrigens aufgefallen, was nicht selten passieren kann, im obigen Satz? Dass pappig und lauwarm schon emotional besetzt sind, und wahrscheinlich im Gedächtnis am ehersten hängen bleiben, wenn man den Satz zitieren müsste. Dort greift die emotionale Bewertung und zeigt schön die Funktion des Kurzzeitgesetzes.

Ich wollte das mal dokumentieren, falls jemand diesen Effekt auch hat und verzweifelt.

Mein Pioneer-Autoradio ist ein feines Teil. Nicht nur klingt es gut und hat eine eingebaute Freisprecheinrichtung, den USB-Anschluss für Sticks mit MP3-Files mag ich besonders. Das lief auch immer prima, das Navigieren ist einfach, wenn man mit ReOrganize! erst einmal die FAT-Reihenfolge in Ordnung gebracht hat. Als ich vor einiger Zeit mal einen neuen USB-Stick bespielte, stellte sich ein seltsamer Effekt ein: die meisten der Songs spielte er klaglos, aber bei einigen Songs blieb der Player stehen. Das nächste Stück lief wieder, dann wieder eins nicht. Stick defekt? Auch Sticks anderer Hersteller machten es genauso. Oder mag er die Anzahl an Files pro Directory nicht? Umorganisieren bringt das einzige Ergebnis, dass die nicht gespielten Songs nun laufen und dafür andere nicht.

Mit MP3Tag schaute ich mir die ID3-Tags genauer an, in der Vermutung, dass der Player Probleme mit einigen Tags hatte. Aber da war nichts ungewöhlich. Songs mit den gleichen Tags außer den Songdaten liefen oder auch nicht. Stutzig wurde ich erst, als ich mir in MP3Tag alle Tags anzeigen ließ. Und da wurde sichtbar, dass ein paar Dateien das Cover-Tag auf 1 gesetzt hatten und die meisten nicht. Das waren Songs, zu denen Winamp auch das Cover heruntergeladen hatte, und für diese Files setzte er das Cover-Tag. Also löschte ich mit MP3Tag alle Cover-Tags in den Songs auf dem Stick und schob ihn wieder dem Player unter. Als Härtetest hatte ich noch den 4 GB-Stick reorganisiert und alle Dateien in nur noch drei Directories abgelegt. Es waren nur noch ein paar hundert MB auf dem Stick frei.

Alle Songs wurden nun ohne Zögern und Hängenbleiben abgespielt. Es war tatsächlich das Cover-Tag, dass den Player aus dem Tritt brachte. Meine Vermutung ist, dass der USB-Player-Chipsatz im Pioneer der gleiche ist wie in tausenden von MP3-Playern. Stieß der Player nun auf eine Datei mit gesetztem Cover-Tag, suchte er das Cover-JPEG folder.jpg, was aber natürlich nicht auf dem Stick war. Anstatt nun das Cover einfach zu ignorieren, blieb er hängen. Ein Bug im Chipsatz, aber keiner, der sofort einleuchtend ist.

Gerät man in den Verdacht, des Englischen irgendwie mächtig zu sein, kommt man schnell in die Situation, dass man ein professionelles Übersetzungsbüro dem Budget erspart. Dabei ist es ein großer Unterschied, ob man eine Sprache gelernt hat, sie spricht, oder sie lebt. Letzteres heißt, sich mit dem Land, der Kultur und seinen Eigenarten zu beschäftigen. Und den Eigenarten dieser Sprache, seiner Atmosphäre.

In den meisten Fällen, wenn es einen denn getroffen hat, wird man übersetzen und sich nicht wehren. Leider hat dieser Vorgang, hier auf Englisch -> Deutsch reduziert, so seine Fallstricke. Und wie üblich, liegen diese oft dort herum, wo man sie nicht erwartet. Auf ein paar dieser Fallstricke möchte ich eingehen, aus dem beruflichen Alltag, nach einigen Büchern über englische Grammatik und längerer Zeit des Lebens in diesem merkwürdigen Land mit seiner merkwürdigen Sprache. Ohne Anspruch zu erheben, professioneller Übersetzer zu sein.

Geht man nun mit wohl gutem Schulenglisch und gelegentlichem Englisch-Sprechen an die Aufgabe, wird Übersetzen so interpretiert: man ersetze die englischen Begriffe durch deutsche und passe die Satzstellung an. Und läuft sofort in die beiden beliebtesten Fallen. Denn das funktioniert gerade nicht, wie Babelfish deutlich gezeigt hat. Beginnen wir mit Annahme #1, dem „Übersetzen“ der Worte und Begriffe.

Selbst in renommierten Blättern ist immer wieder die Rede von der amerikanischen Administration. Administration ist im Deutschen das Fremdwort für Verwaltung. Die amerikanische Verwaltung ist wohl weniger gemeint, eher die amerikanische Regierung. Das passiert, wenn man American administration linear übersetzt. False friends. In der Technik ist to control immer sehr beliebt. Übersetzt ist es nicht kontrollieren, sondern regeln, lenken, steuern. Noch schlimmer wiegt die Tatsache, dass sich die endgültige Bedeutung oft erst im Sinnzusammenhang ergibt. She made coffee, das ist einfach zu übersetzen, an anderer Stelle heißt she made it aber etwas ganz anderes, sie hat es geschafft. Lineare Übersetzung, also das Ersetzen von Wörtern aus dem Wörterbuch, funktioniert an vielen Stellen nicht. Von den Problemen mit what/which, this/that oder each/every/any ganz zu schweigen. Die Semantik muss man wissen, sonst wird der Text für einen Muttersprachler holpend bis seltsam. Aber dem nicht genug, selbst wenn die Vokabel stimmt, lauern weitere Tücken.

Betrachtet man einen englischen Text und sein deutsches Pendant, ist der englische Text um 20 oder sogar 30% kürzer. Der Grund ist der, dass der englische Satzbau wesentlich effektiver ist und weniger redundant. Wo im Deutschen ein kompletter Nebensatz gebraucht wird, reicht im Englischen eine -ing-Form. Going to the church I met a friend, Als ich zur Kirche ging, traf ich einen Freund. 34 gegen 47 Buchstabenpositionen. Auch verwendet das Englische Artikel und Präpositionen wesentlich sparsamer, viele reflexive Verben brauchen kein self und so weiter. Dafür ist die Satzstellung im Englischen wesentlich empfindlicher. Je nachdem, wie Präpositionen positioniert werden, kann sich die Bedeutung oder Betonung der Aussage ändern. Nicht zu vergessen die andere Verwendung der Zeiten im Englischen, das Plusquamperfekt hat im Englischen einen anderen Bezug zum Verlauf der Zeit und den Geschehnissen. Und die Verlaufsform scheint oft ein unlösbares Rätsel zu sein.

Wenn ich mit diesen Vorbetrachtungen eine lineare Übersetzung mache, kann die Sache nur in die Hose gehen. Aber wie übersetze ich nun einen englischen Text? Gerade bei sachlichen oder auch werblichen Texten bietet sich eher ein Re-Engineering des Textes an:

  • Den Sinninhalt des Textes analysieren und erfassen, was soll ausgesagt werden?
  • Den Text in Abschnitte gliedern, es kann sein, dass es sinnvoll ist, einen englischen Satz in zwei deutsche oder umgekehrt zu übertragen.
  • Den Sinninhalt des englischen Satzes erfassen und dann in Deutsch (neu) formulieren.
  • Dabei insbesondere Zeiten und Betonungen umsetzen.

Die Kernaussage ist: nicht Wort für Wort übersetzen und am englischen Text kleben, sondern den Inhalt der Sätze möglichst genau in Deutsch wiedergeben. Gleiches gilt für die umgekehrte Richtung, auch hier kann eine Neustrukturierung des Textes notwendig sein. Dass man in Gefahr läuft, direkt übersetzen zu wollen, hat mit der gleichen Sprachfamilie zu tun, aber genau davon sollte man sich nicht verführen lassen. Müsste man Walisch zu Deutsch übersetzen, wäre die Gefahr deutlicher. Denn dabei wechselt man die Sprachfamilien, und würde gar nicht auf die Idee einer 1:1-Übersetzung kommen.

Und immer schön vorsichtig mit den false friends.

Auf den ersten Blick scheinen diese drei Begriffe sehr nah beieinander zu liegen, scheinen fast Synonyme zu sein. Aber sind sie das wirklich? Vielleicht lohnt sich ein genauerer Blick auf sie, um gutem und verständlichem Schreiben näher zu kommen.

Betrachtet man Schreiben und Sprechen, habe diese beiden Vorgänge einen Aspekt gemeinsam, das Ziel der Informationsübermittlung. Ob man nun eine Bedienungsanleitung schreibt (ich übermittle Dir Info zum korrekten Gebrauch dieses Dingsdas) oder eine schwärmerische Liebes-Email (ich übermittle Dir meine Gedanken und Gefühle), steht die Informationsübermittlung im Vordergrund. Das tut Sprache auch, aber der Unterschied besteht im Online- und Offlinemodus. Sprache ist online, es gibt in diesem Moment einen Empfänger, er kann rückfragen, intervenieren, zustimmen. Sprache ist, im Gegensatz zum Schreiben, interaktiv. Schreiben erfolgt im Offlinemodus, wann das Geschriebe gelesen wird, ist offen. Morgen, im nächsten Jahr, in zehn Jahren. Es gibt keine Regelschleife, der Leser ist dem Text hoffnungslos ausgeliefert. Er muss ihn so nehmen wie er ist, kann Sprache nicht zum Dialog nutzen. Höchstens über den Text schimpfen. Das wäre wieder eine Chance zu einem Selbstgespräch. Bleibt noch die Alternative, das Buch zuzuklappen und in die Ecke zu legen, weil man nicht versteht, was der Schreibende übermitteln will. Oder weil er es so endlos kompliziert angeht.

Dann ist die Chance vertan, denn gerade beim Schreiben habe ich die Möglichkeit, immer wieder zu überprüfen, zu korrigieren und mich meinem Ziel schrittweise zu nähern. Kein Text entsteht im ersten Wurf, manchmal muss ein Text viele Zyklen hinter sich bringen, bis er die Qualität und Aussagekraft erreicht hat, die ich anstrebe. Stattdessen wird oft hingehackt, hingeworfen und fabuliert. Leider oft in Email, aber auch so manche Bedienunganleitung scheint auf diesem Weg entstanden zu sein. Woran liegt das?

Hätten wir noch das Denken. Ist Denken Sprechen mit sich selbst? Sehen wir vom selbstbezogenen Gebrabbel beim Staubsaugen ab, ist Denken keine Interaktion. Was ist Denken dann? Denken setzt Sprache voraus, ohne Sprache ist Denken nicht möglich. Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt, dieser Satz gilt. Doch im Gegensatz zum Ziel Informationsübermittlung bei Sprache und Schrift ist das Ziel im Denken die Reflexion. Ich denke über etwas, über mich oder über jemanden nach, ich betrachte eine Situation, spiele sie erneut durch, sammle Argumente und Beweise, Kennzeichen und Bedeutung. Denken ist Phantasie und Fiktion, sie bezieht ihren Input weitgehend aus der Realität, ist aber nicht zwingend für die Realität gedacht. Der Tagtraum ist das beste Beispiel.

Also sind Denken, Schreiben und Sprechen doch unterschiedliche Vorgänge. Das Denken ist in jedem Fall die Voraussetzung für die Informationsübermittlung, nicht umsonst sagt man „Vor dem Reden Gehirn einschalten“. Wenn wir sprechen, läuft unser Gehirn einige Sekundenbruchteile vor, oder sollte es wenigstens, und formuliert, bevor aus dem Gedanken gesprochenes Wort wird. Aus Reflexion wird so Sprache, aus der Theorie Realität. Manchmal mag sich der Gedanke zuerst verlaufen, dann können wir korrigieren, die letzten Worte zurücknehmen, die Sache umformulieren. Es gibt Zeitgenossen, die brauchen so viele Korrekturen, dass am Ende der Sinn ihrer Worte unklar bleibt. Leider geschieht das beim geschriebenen Wort auch nicht selten.

Die Kette wird so sichtbar. Der Ausgangspunkt, sozusagen die Genesis von Wort und Schrift, ist der Gedanke. Und die Qualität des Denkens entscheidet über die Qualität von Sprache und Schrift, ist der Gedanke schon unausgereift und verquer, kann auch auf anderem Weg nix Gutes dabei herauskommen. Aus Denken wird Sprechen, aus Sprechen wird Schreiben. Heißt, dass es notwendig ist, strukturiert und zielgerichtet zu denken, bevor man zu strukturiertem und zielgerichtetem Schreiben kommt. Vor dem Schreibenlernen stünde dann das Denkenlernen. Die Sprache in der Mitte des Verlaufes müsste sich dann ebenso verbessern. Sie müsste verständlicher, klarer und universeller werden. Ein kleines bisschen Offline vertragen können.

Will ich also strukturiert und damit verständlich schreiben, und auch sprechen, ist strukturiertes Denken die Voraussetzung. Die Voraussetzung für strukturiertes Denken wiederum ist die Fähigkeit zur Reflexion. Bin ich in der Lage, meine Welt der (Selbst-)Kritik auszusetzen und in Frage zu stellen, mein Denken auf den Prüfstand zu lassen, wird sich auch mein Schreiben verbessern. Wir sprechen und schreiben, wie wir denken. Eigentlich ganz einfach.