Dorothee Schmitz-Köster: Unbrauchbare Väter

Der Lebensborn, eine Einrichtung in der Nazi-Zeit, war mir aus verschiedenen Quellen schon geläufig. Aber wie es so ist, man kennt zwar einen Begriff, aber was dahinter steht, bleibt eher unklar. Was ich meinte, aber was der Lebensborn e. V. eben nicht war: So etwas wie eine arische Zuchtanstalt im Sinne des nationalsozialistischen Rassebegriffes. Der Lebensborn war eine Einrichtung von mehreren Häusern unter der Führung der SS, der Schutzstaffel. In deren Heimen brachten Frauen Kinder zur Welt, die entweder geheim gehalten werden sollten, deren Mütter unverheiratet waren oder die Väter nicht verfügbar. Untergetaucht, an der Front, bereits anderweitig verheiratet. Voraussetzung jedoch war, dass sowohl Mütter als auch Väter arisch, die Väter bevorzugt in der SS beteiligt oder anderweitig mit Beziehungen in der Politik. Waren Kinder behindert oder entsprachen nicht dem nationalsozialistischen Menschenbild, war der Heimaufenthalt zu Ende. Akzeptierte Kinder konnten auch an Pflegeeltern oder in die Adoption vermittelt werden. Dorothee Schmitz-Köster geht es jedoch primär nicht um die Lebensborn-Heime an sich, sondern um die Väter der Kinder. Wie bekamen die Väter die meistens unverheirateten Mütter in die Heime? Was waren die Motivationen und welche Typen von Vätern waren beteiligt? Welche Bürden tragen die ehemaligen Lebensborn-Kinder bis heute? So verschieden die Muster-Männer und Seitenspringer, flüchtenden Erzeuger und Ersatz-Väter auch waren, eins haben sie gemeinsam: Aus heutiger Sicht sind fast alle unbrauchbare Väter. Es spiegelt das Selbstbild der involvierten Väter, wie auch die rassistischen wie verlogenen NS-Geschlechterrollen. Dazu das Agieren einer Institution, deren kruder Utilitarismus den Interessen unterschiedlichster Männer entgegenkam.

Dorothee Schmitz-Köster (* 9. Oktober 1950 in Bergisch Gladbach) ist eine deutsche Autorin und Journalistin. […] Schmitz-Köster verfasste zahlreiche Sachbücher, anfangs zu soziologischen Fragen und inzwischen hauptsächlich zu Themen aus dem nationalsozialistischen Kontext. Schwerpunktmäßig befasst sie sich seit 1995 mit der ehemaligen SS-Organisation Lebensborn e. V. In diesem Zusammenhang interviewte Schmitz-Köster zahlreiche Zeitzeugen und sonstige Betroffene, recherchierte in Archiven etc. im In- und Ausland, kuratierte mehrere Ausstellungen und publizierte über den „Lebensborn“ und bestritt zahlreiche Vorträge, Workshops und Buchlesungen. Sie gilt mittlerweile als Expertin zum Thema „Lebensborn“. Im Juli 2012 erhielt Schmitz-Köster ein Grenzgänger-Stipendium der Robert Bosch Stiftung für das Radio Bremen-Feature „Der Weinberg des neuen Herrn“, das sich mit dem Weinanbauprojekt eines Bremer Unternehmers in Rumänien im ehemaligen Siebenbürgen befasst.

Dieser Text basiert auf dem Artikel Dorothee Schmitz-Köster aus der freien  Enzyklopädie Wikipedia  und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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