Volker Ullrich: Hitler

Volker Ullrich mausert sich langsam zu einem meiner liebsten Autoren in Sachen Geschichte. Er schreibt auf den Punkt, sehr lesbar, geradezu unterhaltsam und mit vielen Details. Vorher waren schon «1923» und «Acht Tage im Mai» dran. Im Vergleich zu den früheren Werken ist «Hitler» eher ein schmales Büchlein. Ich habe es trotzdem bestellt, obwohl ich meinte, es brächte jetzt nicht unbedingt die ganz neuen Erkenntnisse. Meinen Irrtum gestehe ich ein. Ullrich widmet sich dieses Mal der persönlichen Vergangenheit des NS-Diktators, wie er sich an die Macht arbeitete, was für ein Mensch Adolf Hitler überhaupt war und dem weiteren Verlauf der Geschichte bis zum bitteren Ende. Für Hitler und Deutschland. Seinen Reiz holt das Buch aber nicht nur aus Daten und Fakten, sondern Ullrich bezieht die Umstände und Bedingungen mit ein, wie und warum Hitler auf deutschem Boden eine solche Diktatur errichten konnte. Zwar heißt es immer wieder, Geschichte würde sich nicht eins zu eins wiederholen. Aber lässt man die damaligen Umgebungsbedingungen des obersten Nationalsozialisten noch einmal an sich vorbei ziehen, kommen erstaunliche Parallelen zur Gegenwart ans Licht. Nicht unbedingt beruhigende.

Volker UllrichHitler

Ullrich beginnt bei den familiären Ursprüngen des Führers und endet mit seinem unrühmlichen Suizid unter der Berliner Reichskanzlei. Untergliedert wird das Buch durch die einzelnen Abschnitte im Leben Adolf Hitlers, wie seinem Aufstieg in den Zwanzigern in der gerade gegründeten NSDAP oder auf dem Weg in den zweiten Weltkrieg. Ullrich konzentriert sich jedoch nicht allein auf die Daten und Fakten über den Politiker, sonders speziell in den frühen Dreißigern auf Hitlers Methoden und persönliche Eigenschaften. Getreu der Erkenntnis, dass ein Politiker immer auch ein Produkt seiner Zeit ist. Er zeigt sogar, dass Adolf Hitler nicht zwangsläufig zu dem aufsteigen musste, was er dann wurde. Schon ohne die Nachsicht der bayrischen Behörden, die ihn unerwartet früh aus der Festungshaft entließen, hätte die Geschichte Deutschlands ganz anders verlaufen können. Ebenfalls widmet Ullrich den Wahlergebnissen der NSDAP einigen Raum und macht sichtbar, dass der Aufstieg Hitlers ohne die zwei wichtigen Krisen, die Hyperinflation in 1923 und die Weltwirtschaftskrise ab 1929, nicht so verlaufen wäre. In diesem Sinne baut der Autor Brücken zum Verständnis, warum aktuell politische Rattenfänger einen solchen Erfolg erreichen können. Weil sie, wie Hitler, von Krisen, Verunsicherung und Ängsten profitieren. Auch Hitlers „Erfolg“ gründete sich auf Lügen, Verdrehungen und Betrug.

Nun hat Volker Ullrich durch seine große Hitler-Biografie eine hohe Expertise. Warum er nun diese Biografie noch einmal in so handlicher Form heraus bringt, erklärt er im Vorwort. Das Buch liefert der Leserin und dem Leser die Geschichte Hitlers und seiner Zeit in komprimierter Form, ohne auf wichtige Details und Hintergründe zu verzichten. Zum Beispiel, warum Briten und Franzosen nicht schon früher einschritten, um Hitler zu stoppen. Immer orientiert an den 101 Fragen, die auch ein wenig informierter Mensch so stellen könnte. Man muss sich eben nicht durch Hunderte von Seiten arbeiten, um eine hinreichend genaue Vorstellung des Dritten Reiches zu bekommen. Somit die ideale Lektüre für Schüler oder Leute, die nicht so ausgiebigen Lesekonsum pflegen. Trotzdem mit großer Detailtiefe und einer hervorragenden Lesbarkeit.

Volker Ullrich wurde als Sohn des aus Luckenwalde bei Berlin stammenden Verlagslektors Paul Robert Ullrich und seiner Frau Erika, geb. Struve, in Celle geboren.[…] Nach dem Abitur am Gymnasium Hankensbüttel 1962 studierte Ullrich Geschichte, Literaturwissenschaft, Philosophie und Pädagogik an der Universität Hamburg und schloss 1968 mit dem Ersten Staatsexamen ab. Er arbeitete von 1966 bis 1969 am Historischen Seminar in Hamburg als Assistent von Egmont Zechlin und wurde 1975 mit einer Dissertation über die Hamburger Arbeiterbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts promoviert. Nach dem Zweiten Staatsexamen war er ab 1976 als Studienrat für Deutsch und Geschichte in Hamburg zunächst am damaligen Oberstufenzentrum Süderelbe tätig, später länger am Wilhelm-Gymnasium. Außerdem war er zeitweise Lehrbeauftragter für Didaktik der Politik an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg. 1988 wurde er Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts. Von 1990 bis 2009 leitete Ullrich das Ressort „Politisches Buch“ bei der Wochenzeitung «Die Zeit». Ullrich ist als Rezensent für viele Medien tätig, so verfasst er auch öfters das Kalenderblatt des Deutschlandfunks, z. B. vom 13. Februar 2020 zum Gedenken an die Luftangriffe auf Dresden. Er hat zahlreiche Artikel in der Zeit und mehrere Bücher zu Themen der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Mit dem Artikel «Hitlers willige Mordgesellen. Ein Buch provoziert einen neuen Historikerstreit» auf der Titelseite der Zeit vom 12. April 1996 initiierte Ullrich die „Goldhagen-Debatte“. 1992 wurde Ullrich mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet. 2008 verlieh ihm die Philosophische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein Ehrendoktorat.

Dieser Text basiert auf dem Artikel Volker Ullrich aus der freien  Enzyklopädie Wikipedia  und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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