Durch ihren Roman «Über Menschen» war ich zum ersten Mal mit der Autorin Juli Zeh in Kontakt gekommen. Nach einigen schwergewichtigen Sachbüchern konnte ein Roman zwischendurch mal eine willkommene Abwechslung sein, weil mir mein erstes Buch von Juli Zeh doch sehr positiv in Erinnerung geblieben war. Erstmals 2009 erschienen, wird «Corpus Delicti» als eine Art Science Fiction beschrieben. Was meinem allgemeinen Buchgeschmack entgegen kommt. Daran stimmt zwar, dass die Geschichte in der Zukunft spielt, wenn auch nicht in einer fernen Zukunft, doch mit Science Fiktion hat der Roman wenig zu tun. Keine Raumschiffe, keine Außerirdischen und gebeamt wird auch nicht. Es geht um eine politische und gesellschaftliche Zukunft, nicht mehr ganz so fern, irgendwo im 21. Jahrhundert. Ein Deutschland, in dem die höchsten Güter Gesundheit, Hygiene und langes Leben sind. In diesem Deutschland verliert die Protagonistin, Mia Holl, ihren Bruder, der nach falscher Anklage wegen Vergewaltigung und Mord Suizid begeht. Sie glaubt nicht an seine Schuld, macht sich auf die Suche und löst eine politische Lawine aus, die sie am Ende beinahe mit ins Verderben reißt.

Juli ZehCorpus Delicti


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Auf einer Familienfreier kam irgendwann das Thema Klimawandel, Kohlendioxid-Emissionen und Autos. Ein Verwandter meinte dazu im Brustton der Überzeugung: "So lange die Chinesen nix machen, mache ich auch nix!". Der Vollständigkeit halber möchte ich hinzufügen, dass er einen sehr fleischzentrierten Ernährungsstil pflegt, was an seinem enormen Bauchumfang abzulesen ist. Doch es gibt noch mehr Ausreden. Es sei schon zu spät, der Einzelne könne doch nichts machen, die Erde hätte schon immer Warm- und Kaltzeiten gehabt, oder man sei doch schon klimafreundlich, da komme es mal auf einen einzelnen Flug in den Urlaub doch nicht an. Thomas Brudermann beschäftigt sich mit den Ausredevarianten im Wesentlichen aus Sicht der Verhaltensökonomie und Umweltpsychologie, zwei noch recht jungen Wissenschaftsgebieten. Speziell geht es darum, welche inneren Vorgänge hinter den Ausreden stehen, was die Fakten sind und wie man diesen Ausreden begegnet. In vielen Fällen sind Bequemlichkeit, Verlustängste, Status und schlichtweg Unwissenheit die Hintergründe. Doch es gibt auch einige andere Gründe zum Leugnen des Klimawandels, damit hat mal wieder der Neoliberalismus und der unerschütterliche Glaube an die Märkte zu tun.


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Volker Ullrich mausert sich langsam zu einem meiner liebsten Autoren in Sachen Geschichte. Er schreibt auf den Punkt, sehr lesbar, geradezu unterhaltsam und mit vielen Details. Vorher waren schon «1923» und «Acht Tage im Mai» dran. Im Vergleich zu den früheren Werken ist «Hitler» eher ein schmales Büchlein. Ich habe es trotzdem bestellt, obwohl ich meinte, es brächte jetzt nicht unbedingt die ganz neuen Erkenntnisse. Meinen Irrtum gestehe ich ein. Ullrich widmet sich dieses Mal der persönlichen Vergangenheit des NS-Diktators, wie er sich an die Macht arbeitete, was für ein Mensch Adolf Hitler überhaupt war und dem weiteren Verlauf der Geschichte bis zum bitteren Ende. Für Hitler und Deutschland. Seinen Reiz holt das Buch aber nicht nur aus Daten und Fakten, sondern Ullrich bezieht die Umstände und Bedingungen mit ein, wie und warum Hitler auf deutschem Boden eine solche Diktatur errichten konnte. Zwar heißt es immer wieder, Geschichte würde sich nicht eins zu eins wiederholen. Aber lässt man die damaligen Umgebungsbedingungen des obersten Nationalsozialisten noch einmal an sich vorbei ziehen, kommen erstaunliche Parallelen zur Gegenwart ans Licht. Nicht unbedingt beruhigende.

Volker UllrichHitler


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Das Spannende an Büchern ist, dass man nie so genau weiß, was einen erwartet. Erst recht interessant wird es, wenn man selbst vom Thema Betroffener ist. So erwartete ich wegen des Titels erst so etwas wie einen Roman. Doch Laure Adler macht sich in eine andere Richtung auf, ohne sich auf ein bestimmtes Ziel zu konzentrieren. Laure Adler ist einige Jahre älter als ich und widmet sich in Abschnitten, die selten über ein paar Seiten hinaus gehen, dem Alter in all seinen Facetten. Sei es aus eigenen Erfahrungen mit sich selbst und anderen Menschen, in ihrer Familie und bei Freunden, soziale Fragen kommen dazu, selbst politische und philosophische. Kapitel im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Das Bild alter Menschen in der Gesellschaft wird betrachtet, wie es sich in den Epochen verändert hat und wie es in Kulturen so unterschiedlich ist. Wenn man so will, ist das Buch eine umfassende und nachdenkliche Meditation des Zustandes, unter dem die Autorin selbst mal leidet, mal einen Sinn darin zu finden versucht. Der Vorteil der feinen Gliederung ist, dass man darin blättern kann, oder es von hinten nach vorn liest, mal einen langen und mal einen kurzen Abschnitt verfolgt. Wer selbst mit dem Alter konfrontiert ist, wird viele neue Sichtweisen und Gedanken finden, welche Bedeutung das Alter für einen selbst, aber auch für andere Menschen hat. Kein Buch für die Sonnenliege am Pool, eher eines für den Nachttisch. Ein Blumenstrauß philosophischer Gedankensplitter.


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