Thomas De Padova: Quantenlicht

Auch die Quantenphysik nie verstanden? Wird nach Lesen dieses Buches nicht anders sein. Jedenfalls in Details und Einzelheiten. Es ist auch kein Buch über Quantenphysik, sondern eher über die Geschichte der Menschen, die sie maßgeblich geprägt haben: Einstein, Bohr, Planck und Heisenberg. Ein Buch von Thomas De Padova ist mir schon einmal in die Hände gekommen, «Alles wird Zahl», in dem er zeigt, wie die moderne Mathematik in der Renaissance entstand. De Padova ist sowohl Physiker als auch Autor. Schon im erwähnten Buch konzentriert er sich nur am Rande für mathematische Details. Viel wichtiger ist ihm die Geschichte hinter dem jeweiligen Thema, so auch hier. Er versucht eben nicht, unvorbelasteten Leserinnen und Lesern das Verständnis dieses hochkomplexen Bereiches der Physik zu erklären, sondern nur, was grundsätzlich dahinter steht. Und wie es so gekommen ist. Mehr sind historische Einzelheiten Hauptsache des Buches, das Zusammenwirken der Wissenschaftler. Zugleich war die Phase nach dem Ersten Weltkrieg eine spannende Zeit, zugleich schwierig und problematisch. Der Kapp-Putsch fiel in diese Zeit, die Gründung der Weimarer Republik, das Ende des Kaiserreiches, erste Anzeichen der nationalsozialistischen Zukunft Deutschlands. Was eben heißt, dass man kein Kernphysiker sein muss, um das Buch zu lesen. Nur an Geschichte sollte man deutlich interessiert sein. Und an Physik.

Um es gleich deutlich zu sagen: Ohne ein gerütteltes Maß an mathematischen und physikalischen Vorkenntnissen wird das Buch schwer verständlich. Es ist jedoch Wissenschaftshistorie, kein Lehrbuch und keine Fachliteratur. De Padova schildert, wie die neue Physik in den Zwanzigern des 20. Jahrhundert entstand. Sicher spielte Albert Einstein eine große Rolle darin, ohne das Atommodell des Niels Bohr und die mathematischen Fähigkeiten eines Werner Heisenberg wäre die Sache anders verlaufe. Die Geschichte zeigt dazu, dass die Erkenntnisse in Quantenphysik und Quantenmechanik nicht die Leistung eines Einzelnen waren, sondern aus einem komplexen Zusammenspiel vieler Wissenschaftler entstanden. Wissenschaftlerinnen wie Marie Curie oder Lise Meitner bleiben nicht unerwähnt, stehen aber nicht so im Vordergrund wie ihre männlichen Kollegen. Weil eben Wissenschaft in dieser Zeit noch die Domäne von Männern war. Andere Wissenschaftler, die ebenso zur Quanten- und Atomtheorie beitrugen, hier seien als Beispiele Erwin Schröder, Max Born, James Franck oder Arthur Holly Compton genannt, bleiben nicht ohne Anteile der Leistungen dieser Zeit. Was aber neben der Historie, den Grunderkenntnissen und den persönlichen Beziehungen Inhalt des Buches sind, entlässt Leserinnen und Leser aus eine befürchteten Unwissenheit. Auch die Koryphäen dieser Zeit, selbst Einstein, gelangten oft nur durch Vermutungen oder Annahmen zu Themen wie Lichtquanten oder wie Atome aufgebaut sind. So wie Bohrs Atommodell lange Zeit als zutreffend galt, bis es sich mit der Entwicklung der Atomtheorie beinahe pulverisierte. Das Buch belegt eindrücklich, dass sich selbst Nobelpreisträger in wesentlichen Fragen wie Teilnehmer eines Ratespiels verhielten. Bis jemand anderes eine neue Theorie, ein neues Verfahren präsentierte. Vielleicht aus deshalb konzentriert sich das Buch auf die Beziehungen der Menschen in dieser Forschung, ohne Grundsatzfragen aus dem Weg zu gehen.

Stellt sich die Frage, wem dieses Buch nützen sollte. Dem absoluten Mathe- und Physiklaien schon einmal nicht. De Padova macht ja eben keinen Bogen um die Knackpunkte der Quantenphysik. Kernthema des Buches ist eindeutig Wissenschaftshistorie, nicht mehr und nicht weniger. Was gelegentlich zur Folge hat, dass abschnittsweise Geschehen, Kontakte und Konferenzen aneinander gereiht werden. Ich vermute, dass De Padova mit diesem Buch auch zeigen will, dass heute große Wissensgewinnen in komplexen Themen nicht mehr aus dem Genie von Einzelpersonen resultieren. Wie sich Fähigkeiten und Spezialwissen, auch Talent und Begabung, langsam zu einem Gesamtbild zusammensetzen. Oder wie Richard David Precht sagte: Wir irren vorwärts. Spannung darf man von diesem Buch demnach nicht erwarten. Ebenso wenig eigene Erkenntnis. Eher ein Buch für Mathematiker und Physiker, die an der Geschichte hinter der Geschichte interessiert sind.

Nava Ebrahimi (* 1978 in Teheran, Iran) ist eine iranisch-deutsche Schriftstellerin. Ihr Roman «Sechzehn Wörter» wurde wiederholt ausgezeichnet. Im Jahr 2021 wurde ihr der Ingeborg-Bachmann-Preis für ihren Text «Der Cousin» zugesprochen. Ebrahimi kam mit ihren Eltern und ihrer Schwester im vierten Lebensjahr nach Deutschland. Sie besuchte die Kölner Journalistenschule, studierte Volkswirtschaftslehre in Köln und arbeitete unter anderem als Redakteurin bei der Financial Times Deutschland und der Kölner StadtRevue sowie als Nahost-Referentin für die Bundesagentur für Außenwirtschaft. 2007 war sie Finalistin beim Literaturpreis Open Mike, 2013 nahm sie an der Bayerischen Akademie des Schreibens teil. […] Ebrahimi hat im akademischen Jahr 2024/25 die Poetikdozentur „Neue deutsche Literatur“ inne, die vom Literaturhaus Hannover und dem Deutschen Seminar der Leibniz Universität Hannover 2022 gemeinsam ins Leben gerufen wurde und von der VGH Stiftung gefördert wird. Im Rahmen der Tage der Deutschsprachigen Literatur 2025 hielt sie die Klagenfurter Rede zur Literatur unter dem Titel Drei Tage im Mai. Ebenfalls 2025 folgte sie Barbara Frischmuth in der Jury des Rotahorn-Literaturpreis nach. Ihr Roman «Und Federn überall» über das Leben von Menschen in einer Kleinstadt, deren wichtigster Arbeitgeber ein Schlachtbetrieb ist, stieg im Oktober 2025 auf Platz drei der ORF-Bestenliste ein.

Dieser Text basiert auf dem Artikel Nava Hibrahimi aus der freien  Enzyklopädie Wikipedia  und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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