Peter Maxwill: Die Reise zum Riss
Es ist kein Buch, das Erkenntnisse übermitteln will, es ist auch keine Analyse. Eher beschreibt es den aktuellen Zustand in Deutschland, für den oft der Begriff des Risses verwendet wird. Peter Maxwill ist Jahrgang 1987, Rheinländer und Zeithistoriker. Studierte in Münster, Hamburg und Rom, absolvierte parallel die Journalistenausbildung am Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses in München. Arbeitete zwischen 2004 und 2014 als freier Journalist – unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, den WDR sowie die Nachrichtenagenturen dpa, KNA und Associated Press. Ab Januar 2015 Volontär bei SPIEGEL ONLINE, seit März 2016 Redakteur. Er berichtet in einzelnen Kapiteln von seinen Reisen in Deutschland, im Osten wie im Westen, von Gesprächen mit Menschen, auch von den Versuchen, die beiden Seiten des politischen Spektrums an einen Tisch zu setzen. Es ist ein Buch mit Geschichten eines Landes, das vielfach gespalten erscheint und in dem oft von einer Identitätskrise die Rede ist. Es sind Erzählungen, in denen es um Rechtsterrorismus und Islamismus, den Zusammenhalt in Gemeinschaften, Priester, Lehrer, Lokalpolitiker, Teenager und Dorfbewohner geht. Aber auch um Heimat oder Globalisierung. Was kann eine solche Beschreibung liefern, die wir doch meinen, gut genug zu kennen?
Natürlich ist Maxwill nicht so naiv, dass er einfach seine SPIEGEL ONLINE-Beiträge in Buchform veröffentlicht. Seine Wirkung hat das Buch erst dann, wenn man durch ist, es geschlossen hat und noch einmal drüber nachdenkt. Maxwill zeigt mit seinen Geschichten, dass eine kristallklare Einteilung in rechts und links, populistisch und liberal nicht so einfach ist. Wie am Beispiel eines Altlinken, der aber in einigen Punkten mit der AfD gleicher Meinung ist. In einer anderen Geschichte beschreibt er ein Dorf im Emsland, das geschlossen gemeinsam gestaltet, in dem Integration durch bewusste Gemeinschaft klappt. Diese Geschichten fasst er unter einem Hauptthema zusammen und schließt schließlich eine Analyse ein. Es ist gerade kein Buch über den Osten, die Orte sind Freital, Kiel, Blankenese, Heßberg, Wurzen, Essen, Kirchzarten, Erfurt.
Was Maxwill sehr treffend zeigt, ist die Tatsache, dass der Riss nicht einfach zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland verläuft. Der Riss ist irgendwie überall, aber man bekommt ihn nicht so recht ins Bild. Es gibt in seinen Geschichten keinen, den man so einfach hier oder dort verorten könnte. Dabei hat sich Maxwill jedoch immer Leute gesucht, die noch ansprechbar und diskussionsbereit waren. Das ist eine, wenn man so will, Schwäche seiner Geschichten. Es geht immer um Leute, bei denen es noch Gesprächsbereitschaft gibt. Es sind nicht die Lügenpresse- oder Merkel-muss-weg-Brüller, Neonazis oder Hardcore-Reichsbürger. So ist das Buch ein guter Versuch, ein Momentbild der deutschen Gesellschaft zu bekommen. Leider würde ich Maxwill dabei eine gewisse Naivität unterstellen, wenn er am Ende zu dem Schluss kommt, man müsse nur oft genug miteinander sprechen. Dabei übersieht er, dass leider schon zu viele Leute nicht mehr erreichbar sind. Trotz dieser Kritik ein lesenswertes Buch, das die vielen Facetten in unserer Gesellschaft beispielhaft abbildet.
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