Drei Monate nach Facebook, drei Monate bei Twitter

Vor drei Monaten habe ich mich weitgehend bei Facebook verabschiedet. Weitgehend deshalb, weil ich die Social Media-Kanäle des Unternehmens beackere, für das ich broterwebsmäßig unterwegs bin. Ein Résumé über die Zeit nach Facebook. Oder wenigstens der vorsichtige Versuch.

Einerseits ist Facebook der wohl einfachste Weg, zu Leuten Kontakt zu pflegen. Das war der Hauptgrund, warum ich mich dort vor Äonen angemeldet habe. Was mich in Facebook am meisten gestört hat, waren die trolligen, beleidigenden und teils brutalen Kommentare aus dem rechten Spektrum. Jeweils zu Themen, die mit Flüchtlingen, Merkel oder Lügenpresse nichts, aber auch gar nichts zu tun hatten. Der berühmte Tropfen war ein Post eines Freundes zum Thema Ernährung, genauer zu veganer Ernährung, über den nach kurzer Zeit ein Schwall braunen Mülls hereinbrach. Und wie bei Weidel, Höcke und Gauland waren sofort wieder deren Lieblingsthemen auf der Agenda. Eben die drei schon genannten Begriffe. Geht auch nicht anders, wenn man sich entweder keine anderen Sorgen hat, von nix eine Ahnung oder der neiderfüllte Hass auf der Seele brennt.

Mehr durch Zufall, oder wegen Entzugserscheinungen im Online-Bereich, schaute ich bei Twitter herein, wo ich auch schon seit Sommer 2014 einen Account habe. Den ich jedoch nicht nutzte. Folgen wollte ich zuerst den Protagonisten meiner eigenen Echokammer. SPIEGEL Online, TAZ, Die Linke, Bündnis 90/Grüne, SPD, WDR, dem Journalisten und Radiomann Uwe Schulz, dem Publizisten Sascha Lobo oder Ralph Ruthe und dem Postillon. Aufgrund meiner linksgrünversifften Grundeinstellung, @saschalobo nennt sie linksliberal, musste ich in der Wahl dieser Informationsquellen geradezu zwangsläufig damit rechnen, wieder auf jene Trolle und Schwachmaten zu stoßen wie in Facebook. Nach drei Monaten intensiver Beobachtung habe ich, nicht ohne Erleichterung, eine deutlich geringere Dichte blödsinniger oder beleidigender Posts und Kommentare entdeckt. Zwar melden sich dort natürlich auch AfDler, rechtsabgedriftete Anhänger derselben Partei, Verschwörungstheoretiker sowie „besorgte Bürger“ zu Wort. Allerdings nicht in dieser massiven und heftig beleidigenden Form. Aber wie würde man nun Twitter und Facebook gegenüberstellen?

Um es sehr strikt zu formulieren: Facebook ist der richtige Ort für Katzenbilder, Kochrezepte, Homöopathie-Diskussionen und Ich-bin-gerade-hier-Meldungen. In Twitter stehen Politik, Journalismus und Soziales weit oben. Dieses Urteil mag überraschen, wo doch gerade in Twitter Ronald McDonald seinen täglichen geistigen Müll ablädt. Jedoch stehe ich mit dieser Meinung über die Beziehung zwischen den beiden Medien nicht alleine da. Die Chip-Redaktion, erwähnter Sascha Lobo oder FutureBiz sehen das ähnlich. In Twitter stehen weniger persönliche Dinge im Vordergrund, in der Hauptsache finden sich dort Meldungen, Kurzkommentare oder Zitate aus Medien. Das hat sich etwas geändert, seitdem Twitter problemlos das Einbinden externen Contents erlaubt, war früher nicht so deutlich sichtbar. Was manche Benutzer als Facebookisierung von Twitter kritisieren. Facebook macht es dagegen schwerer, sich eine Community aufzubauen, in Twitter sind (fast) alle Inhalte ohne Account zugänglich. Man kann Leuten einfach folgen, mit einem Account Jeden adressieren oder jedem Post oder Kommentar antworten. Ich finde Twitter kommunikativer, offener und gezielter. Weil eben in 280 Zeichen keine ellenlange Diskussion passt.

Fazit: ich schaue heute deutlich interessierter in Twitter hinein als in Facebook. Die Anzahl und Menge unfreundlicher oder beleidigender Kommentare ist in Twitter geringer, was auch an einer strengeren Überwachung liegen kann. Einen Faktor sollte man dabei jedoch nicht vergessen. Twitter hat in Deutschland nie die Verbreitung von Facebook erreicht. Twitter ist das „ernsthaftere“ Medium, es geht mehr um Informationen und Meinungen, nicht einfach nur um Inhalt, der verbreitet wird. Twitter ist offen, ich könnte rein technisch Jeden anschreiben, Andrea Nahles, den Seehorst oder eben Uwe Schulz im WDR5. Ich denke, ich werde bei Twitter bleiben. Zu finden unter @rboettchers. Man liest sich.

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