Stefan Wachtel: Schreiben fürs Hören
Zeit, sich wieder den ernsthaften Dingen des Lebens zu widmen und die Sommerpause der Radios für die Fortbildung zu nutzen. Meine Dauerbaustelle in diesem Sektor ist das Schreiben fürs Hören, das Verfassen von Manuskripten für Radiobeiträge. Die dann, gelesen, möglichst so klingen wie freies Moderieren. Da meine Textanteile in einem Beitrag oft 20 oder 30 Minuten betragen, ist freies Sprechen da keine wirkliche Option.
Die Buchliste, die zum Thema Texten fürs Radio herauskommt, ist eher übersichtlich. Die meisten Bücher davon hatte ich schon, bis auf eines waren mir die Bücher vertraut, sowohl vom Titel als auch vom Inhalt her. Nur eben dieses eine, das stand im Regal, aber was stand da noch einmal drin? Worum ging es? Und warum ist nichts hängen geblieben? Also noch mal von vorne. Das Lesezeichen, ein Zigarettenblättchen, das ich im ersten Kapitel fand, erinnerte mich daran. Warum ich es nur angefangen, nie zu Ende gelesen hatte. Ein Fehler.
Stefan Wachtel setzt sich mit einem Thema auseinander, das ein wenig ein Stiefkind im journalistischen Alltag ist. Viele Radiobeiträge kommen als Texte von Agenturen, manchmal direkt von dpa oder Reuters, werden geringfügig redigiert und dann vorgelesen. Hörfreundlich ist das nicht. Oder seltenst. Wachtel geht es um den Unterschied zwischen Informieren und verständliche, erinnerbare Radiotexte zu produzieren. Hörerfreundlich zu schreiben und dann zu lesen, so, dass etwas „hängenbleibt“. Wie schwierig das ist, kann ich aus den vielen Jahren beim Radio nur bestätigen. Stefan Wachtel möchte dazu Methoden liefern, die es besser machen. Tut er auch, aber erst einmal beginnt das Buch mit einem Stolperstein.
Im ersten Kapitel geht Wachtel sehr detailliert auf Formen des Schreibens, verheimlichte Schriftlichkeit oder Grammatik und Rhetorik ein. Dieses Kapitel ist ziemlich trocken und nüchtern, wenig am Alltag orientiert und deshalb der Punkt, an dem ich damals ausgestiegen bin. Nachdem ich dieses Mal durchgehalten habe, kam in den nächsten Kapiteln genau das, was ich eigentlich gesucht hatte. Es sind die Aufbauten von Text, die eben nicht nur informieren, die von der Struktur der Hardnews abweichen und ganz andere Formen haben müssen. Weg von Lead und den Ws, zeigt Wachtel, wie Texte fürs Radio spannend und verständlich gebaut werden. Das beginnt bei der Struktur, geht über die Grammatik und den Sprachstil bis hin zu Wegen, auch komplexe Themen hörbar abzuarbeiten. Immer unterlegt mit guten und schlechten Beispielen, wie man es nicht machen sollte, was garantiert in die Hose geht. Hier ist nun genau der Praxisbezug zu finden, aus dem man eine Menge mitnehmen kann. Abgeschlossen wird das Buch durch Übungen und größere Beispiele. Zuletzt noch Hinweise, wie man verstorbene Texte wiederbeleben kann.
Zuvor hatte ich schon so einige Bücher über Schreiben fürs Hören durchgearbeitet, doch Stefan Wachtels Buch ist sicherlich einer der praktikablen, handwerklichen und alltagstauglichen Wege, seinen Schreibstil zu verbessern. Nicht, vom ersten Kapitel abgesehen, mit theoretischen und schwammigen Betrachtungen, sondern ganz praktisch. Mit Mindmaps, Stichwortlisten, Strukturbildern und vielen anderen Hinweisen für die ganz praktische Arbeit am Schreibtisch.
Gut, dass ich es mir noch einmal vorgenommen habe. Besser spät als nie.
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