Benjamin Maack: Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein

Benjamin Maack: Wenn das noch geht kann es nicht so schlimm sein

Benjamin Maack: Wenn das noch geht kann es nicht so schlimm sein

Ein Tagebuch? Irgendwie. Gefunden in der Zeitschrift Psychologie Heute. An die Rezension kann ich mich nicht so recht erinnern, aber wenigstens interessierte mich das Buch nach dem Klappentext. Der Inhalt ist leicht wiederzugeben: Der Autor dokumentiert seine zweite Zeit in der Depression in einer psychatrischen Klinik, und die Zeit davor, als er versucht, mit der Krankheit alleine zurecht zu kommen. Einerseits fand ich sein Ansinnen sehr achtenswert, als doch recht bekannter und ausgezeichneter Journalist und Autor sich zu seiner Erkrankung zu bekennen. Maack hat immerhin neben weiteren Auszeichnungen den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2013 und den Förderpreis zum Hermann-Hesse-Preis 2016 bekommen. Danach habe ich vermutet, dass Maack Menschen, die von dieser Krankheit nicht betroffen sind, näher zu bringen versucht, wie sich diese Krankheit anfühlt, was sie mit einem macht. Leider erreicht er sein Ziel nur sehr eingeschränkt. Nicht, weil er ein schlechter Autor ist, sondern weil man an dieser Stelle eigentlich nur scheitern kann.

Maack teilt das Buch nicht in Kapitel, sondern in nummerierte Abschnitte ein, die sich wie ein Tagebuch darstellen. Manche Abschnitte sind mehrere Seiten lang, manche Abschnitte oder Tage haben nur wenige Wörter. Manchmal sogar nur eins. Dadurch wird der Verlauf der Krankheit, mal halbwegs oben, mal ganz unten, sehr verständlich und greifbar. Was Maack aber nicht schafft, weil diese Krankheit kaum verständlich zu vermitteln ist, ist das Bild werden lassen der kruden Gedankenwelt, der Leere und Hoffnungslosigkeit. Der Leser bekommt ein fernes Abbild, wie es jemandem mit Depressionen geht, doch dieser Zustand ist nicht wirklich zu erklären oder fühlbar zu machen. Während man Liebesleid, die Gefühle nach einer vernichtenden medizinischen Diagnose oder die Trauer nach einem tiefen Verlust noch einigermaßen rüber bringen kann, bleibt der Zustand der Depression unverständlich.

Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er versucht, Verständnis für diese oft unsichtbare, nicht erkennbare Krankheit zu wecken. Aber das ist eben wohl kaum möglich. Der seelisch gesunde und stabile Leser jedoch steht eher hilflos vor dem Text. Und der selbst betroffene Leser kann wenigstens erkennen, dass jede Depression anders ist, dass jede Depression eine individuelle Erfahrung bleibt. Wie ein anderer Autor schrieb: Jeder Tod ist anders. Wie auch jeder seine individuelle Depression durchlebt.

»Bin ich jetzt ein Leben müde?«, fragt Benjamin Maack, als er mit seinem großen, schwarzen Rollkoffer vor der Psychiatrie steht. Vier Jahre zuvor hatte er sich schon einmal eingewiesen, nach einem Nervenzusammenbruch – die Diagnose: Depression. Jetzt ist er wieder hier und berichtet von den letzten Nächten, die er nicht mehr im Ehebett, sondern auf dem Sofa verbringt, schlaflos, nervös, in Panik. Und dem Alltag in der Klinik, wie er mit den Mitpatienten »Alarm für Cobra 11« schaut oder im großen Aufenthaltsraum Delfine im Mondlicht puzzelt. Wie ihm statt Frau und Kindern die Pfleger zum 40. Geburtstag gratulieren und wie er in der Kreativwerkstatt lernt, zu sticken. Er erzählt von Medikamenten, ihren Nebenwirkungen, von Selbstmordgedanken und jenem Abend, an dem auch starke Beruhigungsmittel nicht mehr helfen und er auf »die Geschlossene hinter der Geschlossenen« verlegt wird – ständig schwankend zwischen Hoffnung und tiefer Verzweiflung. (Klappentext Suhrkamp-Verlag)

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