Bernhard Pörksen/Jens Bergmann: Medienmenschen
Das Buch ist schon im Jahre 2004 erschienen, trotzdem hat es nichts an Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, mit Social Media wie Instagram und Facebook ist es noch schlimmer geworden, wie Menschen sich in Szene setzen und eine Wirklichkeit konstruieren, die gar nicht existiert. Auf das Buch bin ich eher zufällig gestoßen, als ich ein anderes Buch des Autors suchte. Professor Dr. Bernhard Pörksen, Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und Biologie in Hamburg und den USA, volontierte beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt und arbeitet neben Forschung und Lehre seit über zwanzig Jahren als Journalist und Sachbuch-Autor. Seine Analysen der Kommunikation und des Kommunikationsverhaltens fand ich immer wieder faszinierend. Was für dieses Buch dann auch gilt. Junge Journalisten interviewen Menschen, die als Politiker oder Stars im Rampenlicht stehen. So simpel das Konzept erscheint, so verblüffend sind die Ergebnisse.
Tatsächlich lassen die Medienprofis dieser Zeit, ob Joschka Fischer, André Heller oder Günter Netzer, erstaunlich offen hören, wie sie mit Medien umgehen, welche Strategien und Methoden sie nutzen und wie weit das Resultat mit ihrer tatsächlichen Person übereinstimmt. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Schauspieler und eine Leistungssportlerin ganz verschiedene Wege gehen. Der oder die Eine eher nah an der eigenen Person, andere bauen ein Außenbild auf, das mit ihnen selbst nur noch wenig zu tun hat. So liefert das Buch einmal eine Analyse, wie und warum solche Inszenierungen überhaupt funktionieren, anders gesehen könnte man das Buch glatt als eine Anleitung verstehen, wie man sich gegenüber Medien mit einem konkreten Ziel aufführt. Das ist in einem Fall wie bei Joschka Fischer ausgesprochen erhellend, in anderen fast erschreckend naiv.
Das Ziel, das Pörksen hier setzt, erreicht das Buch mühelos. Nämlich die Analyse, dass die Produktionen der Medien nicht Selbstzweck sind, sondern letztlich die Wünsche und Bedürfnisse des Zielpublikums abbilden. Es geht also weniger darum, dass die Medien manipulieren, sondern darum, dass die Leser gerne manipuliert werden wollen. Jedoch sind gerade die Momente, wo die Medienprofis den Vorhang für einen Moment fallen lassen, die besonders erhellenden. Am Ende ergibt sich ein eher bedrückendes Bild unserer Gesellschaft, in der nicht mehr die wirkliche Person Interesse findet, sondern nur noch das künstliche Abbild, das über die Medien in die Öffentlichkeit transportiert wird. Oder das inzwischen selbst publiziert wird. Betrachtet man die Medienlandschaft von 2004 und die von 2020, wird eine Entwicklung sichtbar, die für die Zukunft nicht gerade positiv stimmt. Denn die Wahrheit interessiert nicht mehr wirklich.
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