Hauke Goos/Alexander Smoltczyk: Ein Sommer wie seither kein anderer
Wer heute durch Dresden oder Köln, Hamburg oder Berlin geht, kann sich keine Vorstellung machen, wie es dort im Sommer 1945 aussah. Vom Krieg fast vollständig zerstört, es herrschten Hunger und Obdachlosigkeit. Selbst kleine Städte wie Halberstadt oder Paderborn waren in den Innenstädten nur noch Ruinenfelder. Aus dieser Phase gibt es jetzt noch Zeitzeugen, auch wenn sie zum 8. Mai 1945 noch Kinder waren. In 24 Beiträgen und Interviews berichten sie, wie sie das Ende des Krieges erlebt haben, wie es war, als noch kein Frieden herrschte, aber wenigstens kein Krieg mehr war. Von Hunger und Vertreibung, von verlorenen Vätern und Familien. Als sich noch keine Fragen nach Schuld und Verantwortung stellten, sondern es nur ums Überleben ging. Nicht irgendwelche Leuten kommen zu Wort, sondern Namen, die mir noch sehr geläufig sind: Hans-Jochen Vogel, Burkhard Hirsch, Klaus von Dohnanyi, Martin Walser, sogar der von mir geschätzte Journalismus-Dozent und Stilexperte Wolf Schneider. Gerhard Baum, Armin Mueller-Stahl, Hans Modrow, Edzard Reuter.
Doch es zeigt sich kein stimmiges, stereotypes Bild. So unterschiedlich die persönlichen Erlebnisse waren, so unterschiedlich spielte sich der Sommer 1945 für diese Menschen ab. Es sind die letzten Augenzeugen dieser Zeit, schon jetzt, zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, leben nicht mehr alle. Hauke Goos und Alexander Smoltczyk sind die Herausgeber, beteiligt waren weitaus mehr Leute aus der SPIEGEL-Redaktion, aber auch von außerhalb. Herausgekommen ist ein Buch, das nachdenklich stimmt. Mir, der die Nachkriegszeit noch deutlich in Erinnerung hat, haben sich viele Bilder meiner Kindheit eingestellt. Von Invaliden mit nur einem Bein, von Baulücken zwischen Häusern, die schon lange wieder gefüllt sind. Und von der Zeit, als Deutschland wieder langsam Fuß fasste. «Ein Sommer wie seither kein anderer» ist ein wichtiges zeitgeschichtliches Dokument. Gerade für kommende Generationen, ein dringlicher Aufruf für den Frieden.
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