Robin Alexander: Machtverfall

Robin Alexander: Machtverfall

Robin Alexander: Machtverfall

Der Untertitel Ein Report ist eine deutliche Untertreibung. In Machtverfall fasst der Journalist Robin Alexander die politischen Geschehnisse in Deutschland von ca. 2015 bis April 2021 zusammen. Angefangen bei der Flüchtlingskrise, aber auch mit Rückblick auf frühere Ereignisse, wie den Börsencrash 2008. Was zugleich bedeutet, dass das Buch in einiger Zeit nur noch historisch interessant ist, keine aktuelle Politik mehr. Scheint auf den ersten Blick etwas wenig, aber diese Schwäche ist zugleich eine Stärke des Buches. Eine Stärke, die zurecht das Buch schnell in die Bestsellerlisten katapultiert hat. Es ist eben keine Aufzählung im Sinne von „erst passierte das, dann das“. Es ist eine detailgenaue Analyse der politischen Stationen der politischen Parteien, wobei, der Titel lässt es ahnen, die CDU im Vordergrund steht. Mit diesem Aufhänger geht es durch die letzten Jahre Politikgeschichte in der Bundesrepublik. Hineingewebt sind jede Menge Details, über die Alexander aus seinem alltäglichen Job verfügt, oft keine öffentlichen, vielleicht sogar außerhalb des öffentlichen Interesses. Doch alles zusammen, Fakten, Analysen, Details, machen aus dem Report einen spannenden Roman.

Als ständiger Radiohörer habe ich natürlich zeitnah mitbekommen, was in der CDU, auch bei den Grünen und der SPD, so jeweils auf dem aktuellen Programm stand. Die unrühmliche Geschichte der Annegret Kramp-Karrenbauer, das Geschacher um den CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur, die Aktionen eines Friedrich Merz, der Frontenwechsel eines Markus Söder. Auch wenn man das alles mitbekommen hat, fehlen zwischen diesen Einzelinformationen die Zusammenhänge. Die liefert Alexander in diesem Buch nach. Wie ist es zu dem manchmal peinlichen Wettbewerb zwischen Laschet und Söder gekommen? Wie hat sich die Position und Rolle einer Angela Merkel über die letzten Jahre verändert? Warum und wie ist aus der Realo- und Fundi-Fraktion der Grünen eine kooperierende Parteibasis geworden? Dass in der Geschichte die SPD nur am Rande auftaucht, hat mit dem Fokus des Buches zu tun. Die Grünen regieren seit Jahren über die Bundesländer mit, das ist mir erst in diesem Buch klar geworden. So entsteht aus der Fülle an Details ein wirklich spannendes Buch, wird das Netzwerk an Einflüssen und Abhängigkeiten sichtbar, das im Alltag nicht sichtbar wird, wenn die Nachrichten nur beim Kochen und Backen durchlaufen.

Doch ist das Buch keine Parteinahme für die CDU/CSU. Entgegen seiner Funktion bei der Welt schreibt Alexander sachlich, analytisch, neutral. Im Vordergrund steht die Analyse, das Klären der Bezogenheiten, die Wechselwirkungen so unterschiedlicher Personen wie Merkel und Merz. Viele Aspekte klärt Alexander mit Rückgriff auf die Vergangenheit, eben wie bei Spahn und Merkel. Der Verlauf der Beziehung zwischen Merkel und Kramp-Karrenbauer, das Zögern der Bundeskanzlerin in der Coronakrise, als Söder schon das Schließen der bayrischen Schulen vorbereitet hatte. Das Buch ist eine fast erschlagende Sammlung an Informationen und Details. Doch gerade das macht es so lesenswert und spannend. Es ist der Blick hinter die Kulissen des Politikgeschäftes, in aller Deutlichkeit und Klarheit. Wer dann noch davon schwurbelt, es gäbe eine Merkel-Diktatur, weiß nicht, dass sie einem leid tun könnte. Wie die Provinzfürsten sehenden Auges in jede Krise zielsicher hinein manövriert haben. Dann entsteht ein eindruck davon, wie Politik in Deutschland funktioniert. Was schon fast wieder ein Hoffnungsschimmer ist. Dann warten wir mal ab, wie das Buch im September 2021 weiter gegangen wäre. Es bleibt spannend. Vor allem mit einem Kanzler Laschet.

Alexander wuchs in Wanne-Eickel auf. Er studierte nach dem Zivildienst Geschichte und Journalismus an der Universität Leipzig. Er folgte dabei einem Rat seines Geschichtslehrers, der seine Schüler nach der deutschen Einheit dazu aufrief, nach Ostdeutschland zu gehen. Alexander lernte dort seine spätere Ehefrau kennen. Von 1998 bis 1999 absolvierte er ein Volontariat bei der taz in Berlin und arbeitete ab 2001 bis 2006 dort als Reporter und Redakteur. Er war Kolumnist beim englischsprachigen Stadtmagazin Exberliner, machte Reportagereisen durchs südliche Afrika und war 2004 als Stipendiat Gastredakteur bei The Star in Johannesburg. Nach einjähriger Elternzeit war er Redakteur der deutschen Ausgabe von Vanity Fair seit der Gründung im Jahr 2005. Seit 2008 schreibt Alexander für Die Welt und Welt am Sonntag, berichtet dort seit 2010 über das Kanzleramt und begleitet Angela Merkel als Berichterstatter zu Auslandsreisen und auf internationale Gipfel. 2013 war er ein Gesicht der Markenkampagne der Welt. Seit 2019 ist er stellvertretender Chefredakteur der Welt. Robin Alexander ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Berlin. (Wikipedia.de)

 

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  1. […] Journalist als auch Dokumentarfilmer.  Ein wenig erinnerte mich das Buch an Robin Alexanders »Machtverfall«, die Beschreibung des Endes der Ära Merkel. Und doch ist Lambys Buch anders. Auch er widmet sich […]

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