Pablo Hagemeyer: Die perfiden Spiele der Narzissten

Bevor nun der nächste Bücherstapel von der Bundeszentrale für politische Bildung mit schwerer Kost eintrudelt, etwas für zwischendurch. Der Begriff geistert in den letzten Jahren verstärkt durch die Medien: Narzissmus. Aber was ist das eigentlich? Nein, ganz so naiv bin ich nicht, aber ich wollte schon aus persönlichem Interesse etwas darüber aus berufenen Munde lesen. Um zu prüfen, ob ich schon NarzisstInnen ins Netz gegangen bin, ob die letzte zerbröselte Beziehung etwas damit zu tun hatte, oder ganz allgemein um mehr über meine direkten Mitmenschen zu erfahren. Bin ich etwa selbst einer, der sich in den sozialen Medien und im Radio produziert? Da fängt die Malaise an. So einfach ist die Geschichte nämlich nicht. Nur weil jemand sich öffentlich darstellt oder öffentlich äußert, hat das nicht unbedingt etwas mit Narzissmus zu tun. Genau so hat Narzissmus nichts mit einem starken Selbstwertgefühl zu tun, im Gegenteil. Der Begriff ist zuerst einmal sehr schwammig und undeutlich. Die Definition, was einen Narzissten von einem Zeitgenossen, oder einer Zeitgenossin, unterscheidet, die nur einfach selbstsicher und mit einem gesunden Selbstvertrauen ausgestattet ist, gerät nicht in das alltägliche Allgemeinwissen. Das Buch schien für dieses Ansinnen geeignet. Auch wenn es der manchmal belächelten Ratgeberliteratur angehört.

Damit erhebt es keine wissenschaftlichen Ansprüche, weder im Aufbau noch im Inhalt. Geschrieben hat es Hagemeyer für Menschen, die unter ihrem Partner leiden und vermuten, dass es etwas mit dem Oberthema zu tun hat. So geht Hagemeyer auch vor, zu identifizieren, ob eine Partnerin (eher selten) oder ein Partner Verhalten zeigt, das narzisstische Züge trägt oder sogar auf einen pathologischen, toxischen Narzissmus hinweist. Daran orientiert, gibt Hagemeyer Hinweise und Vorschläge, wie eigenes Verhalten geändert werden kann, um entweder die Lage zu entspannen oder im Falle der Aussichtslosigkeit die Beziehung zu verlassen. Er bemüht sich um eine Stärkung des Opfers des Narzissmus, leitet in eine Richtung, sich aus der tödlichen Umklammerung zu befreien. Doch mit dem Finger auf den vermeintlichen oder tatsächlichen Täter zu zeigen, reicht ihm nicht. Er durchleuchtet gleichzeitig die Wechselwirkungen und die Kommunikation der Beteiligten. Wer sich also wünscht, in diesem Buch Kochrezepte zu finden und einen Beweis, man hätte mit der Situation selbst wenig zu tun, wird nicht fündig. Hagemeyer hat als Thema die Beziehung von Erwachsenen, es geht ihm nicht um Themen wie Kinder als Ziel narzisstischer Eltern, Lehrer oder anderer übergeordneter Personen. Zwar reißt er an einigen Stellen an, warum gerade bestimmte Personen sich in das narzisstische Spiel einlassen, umgeht jedoch therapeutische Ansätze.

Dass er sich eben nicht auf eine Seite schlägt, die Verbindungen insgesamt betrachtet und von unfehlbaren Ratschlägen absieht, ist der eigentliche Wert des Buches. Hagemeyer betrachtet das System, nicht einzelne Bestandteile oder nur die Wirkungen. Er versucht sich auch nicht an Heilungsmethoden oder an einem todsicheren Schema. Das heißt nicht, dass er im Ungefähren bleibt, aber er leitet nur an, stellt ein ganzes Bündel von Vorschlägen bereit, die Situation zu beeinflussen. Oder um eben den endgültigen Schlussstrich zu ziehen und zu erklären, warum das so oft nicht klappt. Das Ganze geschrieben in einer alltagstauglichen Schreibe, ohne unnötige Fachbegriffe und nicht aus der Sicht eines Gurus. Lediglich aus Sicht eines erfahrenen Psychotherapeuten. Mit vielen Fallbeispielen aus seiner eigenen Praxis natürlich.

Über die Hintergründe, warum sich Menschen so entwickeln und verhalten, was die Gründe für diese Störungen sind, woher und aus welcher Lebensphase sie stammen, kommt nur ganz am Rande zur Sprache. Was eher meine Fragen waren. Das liegt wohl daran, dass ich als Single nicht unbedingt zur Zielgruppe des Buches gehöre, denn an Duna habe ich noch keine narzisstischen Merkmale entdecken können. Nur ein unbändiges Bedürfnis nach Bosch Fruitees, Vitakraft Fish Sticks und anderen Leckerlis. Dafür ist heute das Paket aus dem Osten eingetroffen, zurück zu den andren Themen im Leben.

Dr. med. Pablo Hagemeyers Biografie findet sich in Hagemeyers Website)

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