Bernhard Pörksen: Die große Gereiztheit

Bernhard Pörksen: Die große Gereiztheit

Bernhard Pörksen ist Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und Biologie und ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen. Einem breiteren Publikum wurde er durch seine Arbeiten zur Skandalforschung bekannt. Über das Thema hörte ich ihn in der interessanten Sendung in WDR5, Teil der Serie Neugier genügt – Redezeit. Nun ist das Thema der allgemeinen Gereiztheit nicht grundsätzlich neu und jeder, der irgendwie mit sozialen Medien, Foren und dem Internet überhaupt zu tun hat, kennt die eskalierenden Diskussionen, Shitstorms und Desinformationskampagnen. Von links wie von rechts. Da werden Filmchen aus dem Jahre 2009 ausgegraben und als Beweise für die Gefährlichkeit von Flüchtlingen in 2016 benutzt. Plakate, Zeitungsausschnitte und Fotos werden gefälscht und manipuliert. Wikileaks hat sich eher als Problem denn als Lösung herausgestellt. Damit scheint Pörksens Buch erst einmal nichts Neues anzusprechen. Nun ist er aber kein Krimi-Autor oder Lyriker, sondern Medienwissenschaftler. Deshalb steht die Analyse bei ihm im Vordergrund, was Vorteile und Nachteile hat. Man kann seinem Text auch als Otto-Normal-User einige neue Aspekte wie Sichtweisen abgewinnen, obwohl ich im letzten und zentralen Kapitel nicht mehr seiner Meinung bin.


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Sascha Lobo: Der Debatten-Podcast

Sascha Lobo: Der Debatten-Podcast

Seit vielen Jahren höre ich, bedingt durch meine Autobahnfahrten,  im Mittel fünf bis sechs Stunden pro Woche Podcasts. Dank WDR5 und Deutschlandfunk, 4000 Hertz und Spiegel Online bin ich eher überversorgt und kann oft Themen erst einige Wochen nach Ausstrahlung abarbeiten. Manche Sendungen sind informativ und zugleich unterhaltend, wie Alles in Butter mit Helmut Gote, manche üben das Denken und den Verstand, wie Das Philosophische Radio mit Jürgen Wiebicke. Und doch lässt sich dann und wann ein Erkenntnisgewinn verbuchen. Bisher nicht sehr häufig war das beim Spiegel Online-Podcast Der Debatten-Podcast von Sascha Lobo der Fall. Bis dann eine Sendung in meinem Auto ans Laufen kam, die meinen Blick nicht nur auf Soziale Medien, sondern insgesamt auf unsere Gesellschaft nicht unbedingt verändert, aber erklärlicher gemacht hat. Das legt Lobo plausibel und verständlich auf, und das macht die Folge #81 seines Podcastes so bemerkenswert.


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Roberta Allen: Short Shortstories schreiben

Roberta Allen: Short Shortstories schreiben

Ein nicht einfaches Buch. Nicht wegen mangelnder Fähigkeiten oder unklarer Sprache der Autorin, sondern wegen des Inhaltes. Die Qualifikation bringt sie nämlich in jedem Fall mit. In mehr als 300 Literaturzeitschriften sind Kurzgeschichten von Roberta Allen publiziert. Neun Bücher, darunter Anthologien über Kurzgeschichten, eine Novelle und ihre Autobiografie hat sie veröffentlicht. Dozentin an der New School for Social Research, lehrt an der New York University und im The Writer‘ s Voice, einem alternativen Literaturzentrum. Was das Buch schwierig macht ist die scheinbare Leichtigkeit und Überschaubarkeit, wie Roberta Allen das Thema angeht, und sich doch nicht zwingend sofortiger Erfolg einstellen muss. Trotzdem halte ich das Buch für einen der wirklich guten Einstiege ins Schreiben im Sinne von Autorenschaft. Journalisten wie ich, so schreibt sie es auch, müssen sich nämlich von ihrer gewohnten Arbeitsweise entfernen. Zum Glück lässt sie den journalistischen Leser nicht allein.


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Christian Eisert: Kim & Struppi

Christian Eisert: Kim & Struppi

Neben den vielen klugen und lehrreichen Büchern zu Integration und Inklusion, zu Journalismus und zu Medien, gibt es noch die „normalen“ Bücher. Die einfach nur Geschichten erzählen. Das tut Christian Eisert in seinem Reisebericht zu Nordkorea, das scheinbar vertraute Land aus seiner DDR-Vergangenheit. Denn in der DDR pflegte man Beziehungen zu Nordkorea, auch wenn die Darstellung über den Stand dieser Nation eher geschönt war. Wo der gemalte Blick von außen ein anderer war als der tatsächliche von innen. Für die meisten Bewohner unserer Region ist Nordkorea ein unzugänglicher und unverständlicher Staat, den wir höchstens aus Zeitungsberichten oder Nachrichtenmeldungen kennen. Bilder entstehen dazu kaum. Das kann Eisert nicht grundlegend ändern. Aber relativieren.


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Slow Food Genussführer

Slow Food Genussführer

Ende 2018 von Helmut Gote in seiner schönen Sendung Alles in Butter in WDR5 vorgestellt. Mal kein Buch einfach nur zum Lesen, sondern ein Verzeichnis der besten Restaurants, Gasthäuser und auch Bistros in Deutschland, erschienen im oekom-Verlag. Die Organisation Slow Food setzt sich für regionales und saisonales Essen ein, für den Erhalt von Lebensmitteln und all dem, was so langsam zu verschwinden droht. Erstickt vom Einerlei in den Angeboten unserer Supermärkte, ignoriert von den Konsumenten von Tütensuppen und Rindfleisch für 4,99 pro Kilo. Vorläufer dieser Ausgabe war die italienische Version, die immerhin aktuell 1.400 Gasthäuser, Osterias und Albergos listet. Ganz so dicke ist die deutsche Ausgabe noch nicht, aber sie wächst. Gemeinsamkeit aller von den Slow Food-Genussteams getesteten Gaststätten: sie präsentieren eben regionales Essen, nach klassischen Rezepten ohne großen Schnickschnack, bevorzugt mit Zutaten aus der Region. Das kann mal ein Vier-Sterne-Hotel sein, eher aber eine Braugaststätte oder ein Landgasthof. Dabei bleibt man auf dem Teppich, Bio wird bevorzugt, aber nicht erzwungen. Ziel ist qualitativ und ökologisch gutes Essen, keine Sterne-Küche.


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Richard David Precht: Jäger, Hirten, Kritiker

Richard David Precht: Jäger, Hirten, Kritiker

Richard David Precht: Medienstar, gern gesehener Talkrundengast, Philosoph. Manche bezeichnen ihn auch als Sofaphilosophen, der zu allem etwas zu sagen hat, zu jedem Thema eine Meinung hat, über alles reden kann. Nicht wenige beurteilen ihn als arrogant, besserwisserisch und abgehoben. Seine Bücher verkaufen sich in schwindelerregenden Stückzahlen, belegen fast immer die oberen Plätze der Bestsellerlisten. Das echte Problem an ihm: er ist wahrscheinlich einer der klügsten Köpfe unserer Zeit. Sein Buch Jäger, Hirten, Kritiker ist nicht ganz neu, aber 2018 in einer 5. Auflage erschienen. Precht hat stark überarbeitet und ist nahe an aktuellen Ereignissen. Gekauft habe ich das Buch eher deshalb, weil mich der zuerst etwas unverständliche Titel neugierig gemacht hat. Precht erklärt ihn jedoch gleich im ersten Kapitel. Der Verlag bewirbt das Werk mit dem Untertitel „Eine Utopie für die digitale Gesellschaft“. Es geht um den derzeitigen Stand der Dinge, um eine mögliche Zukunft unserer Gesellschaft und des Einzelnen, ausgehend von den Entwicklungen, die sich heute abzeichnen.


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Henning Beck: Irren ist nützlich

Henning Beck: Irren ist nützlich

Die Neurowissenschaften sind immer ein Beinahe-Garant für gute Verkaufszahlen. Deshalb tauchen in jedem Monat auch neue Bücher über das menschliche Gehirn auf. Oder auch über das der tierischen Kollegen. Dieses Buch landete auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und kam so in meinen Fokus. Nicht ganz uneigennützig, denn als Nachhilfelehrer und Trainer suche ich gerne nach neuen Erkenntnissen, die Lernen und Lehren erleichtern.


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Tuba Sarica: Ihr Scheinheiligen!

Tuba Sarica: Ihr Scheinheiligen!

In der Spiegel-Bestsellerliste erschien Tuba Saricas Buch unter den Sachbüchern. Aber ist es wirklich ein Sachbuch? Ich würde sagen Nein, es ist eher Autobiografie oder Diskurs. Saricas Buch mit dem Untertitel Doppelmoral und falsche Toleranz – Die Parallelwelt der Deutschtürken und die Deutschen erzählt von ihr selbst. Vom Aufwachsen in einer deutschtürkischen Famile, die zu Lebzeiten des Vaters eine liberale, eher weltoffene war. Mit dem Tod des Vaters rückt ihre Mutter immer mehr in eine deutschtürkische Parallelgesellschaft. Tuba Sarica soll diese Umorientierung mitmachen, soll sich den Regeln und Denkweisen dieser für sie neuen Umgebung anpassen. Doch sie rebelliert, will ihren eigenen Weg gehen. Sie will Deutsche sein, Deutschland als ihre Heimat haben. Nicht um den Forderungen der Integration zu genügen, sondern nur, weil sie es will.  So ist das Buch einerseits subjektiv und persönlich, lässt aber doch nach dem Lesen ein ungutes Gefühl zurück.


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Bill Bryson: Mother Tongue

Bill Bryson: Mother Tongue

Es dürfte wenig überraschen, dass dieses Buch nicht nur von der englischen Sprache handelt, sondern auch in Englisch geschrieben ist. Eine deutsche Übersetzung würde wenig Sinn ergeben. Damit ist der deutsche Leserkreis von vornherein eingegrenzt, Schulenglisch reicht nicht zur Lektüre aus. Wer aber ein wahres Herz für die englische Sprache hat, etwas über diese Sprache jenseits des Gängigen erfahren möchte, dem sei dieses Buch empfohlen. Um es zu paraphrasieren: Nur Bill Bryson konnte dieses Buch schreiben.


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Was ist bloß da drüben im Osten los? Woher diese Wut, warum sind so viele Menschen dort so aufgebracht, warum feinden sie diese Staatsform, die sie doch so gerne haben wollten, offen an? Petra Köpping, Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration in der sächsischen Landesregierung, die vier Monate vor der Wende aus der SED austrat, seit 2002 Mitglied der SPD, hat schon einige Antworten. Die sogar plausibel sind. In der DDR bei Erfurt geboren und aufgewachsen, kennt sie die DDR von damals, vor 1989, sehr genau. Früher stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde Großsteinberg, von 1989 bis 1990 Bürgermeisterin von Großpösna im Kreis Leipzig-Land. Obwohl mich manche Leute hier schon gefragt haben, ob ich nicht rüber machen wollte, weil ich oft in Dresden und Tharandt, Ostberlin und Vogtland war, die Müritz, Schwerin und Rostock kenne, muss ich zugeben, dass ich über „den Osten“ verdammt wenig wusste.


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Gegen falsche Toleranz und Panikmache

Über Integration von Migranten und Flüchtlingen reden viele. Für die Einen sind sie der Untergang des Abendlandes, die unsere Kultur bedrohen und den Sozialstaat aussaugen. Für Andere, wie es mal die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt formulierte, ein Geschenk des Himmels. Für Leute gerade aus dem linksliberalen Spektrum ein Heer von Opfern und Kuscheltieren. Dass beide Stereotypen nicht zutreffen, ist  logisch. Bleibt die Frage, wie man diese Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan hier heimisch machen kann, sie in die deutsche Gesellschaft integriert. Ahmad Mansour, deutsch-israelischer Psychologe und Autor mit arabischen Wurzeln, sollte die Antwort wissen müssen. Nur werden Einigen die Antworten nicht gefallen.


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