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Maja Göpel: Unsere Welt neu denken

Maja Göpel: Unsere Welt neu denken

Will man ihre Botschaft in einem Satz zusammen fassen, würde der lauten: Wir können so nicht weiter machen. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich in den letzten 30 Jahren die Welt grundlegend verändert. Der Westen, allen voran die USA, betrachtet sich als Sieger im Wettlauf um die bessere Gesellschaftsform und verhält sich dementsprechend. Die Globalisierung hat Ausmaße angenommen, die vor 30 Jahren noch nicht vorstellbar waren. Unternehmen sind unabhängig von Staaten geworden, sie lassen sich dort nieder, wo der maximale Gewinn lockt. Es geht uns auf der Nordhalbkugel richtig gut. Aber das Wohlstandsmodell hat seinen Preis, Umweltschäden und Klimawandel bedrohen unsere Zukunft, Demokratien drohen zu zerfallen. Doch „der Markt“ und die Politik verkünden immer nur eine Richtung. Weiter machen wie bisher, bloß nichts verändern, bloß nicht verzichten. Stattdessen immer mehr, niemals weniger. Jedes sechste online gekaufte Paket geht zurück. Scheinbar kostenlos. Auch wenn es die kleinen Anbieter ruiniert. Scheinbar, weil niemand die Energie und Arbeit für den Rücktransport einrechnet. Vom zusätzlichen CO2 ganz zu schweigen. Wie bei den billigen Flugtickets, um den entstehenden Müll soll sich jemand anders kümmern. Das nennt man externalisierte Kosten.

Maja Göpel ist Politökonomin, Transformationsforscherin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin. Wissenschaftliche Direktorin der 2020 in Hamburg gegründeten Denkfabrik The New Institute. Hat eine Honorarprofessur an der Leuphana Universität Lüneburg. Ihr Buch Unsere Welt neu denken gibt es schon länger, bei mir ist es in der Auflage von 2021 gelandet, wohl weitgehend gegenüber früheren Auflagen überarbeitet. Es ist eine radikale Abrechnung mit einem ausufernden Lebensstil, der die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zwischen arm und reich, globalem Norden und Süden, Umwelt und Konsum nur weiter verstärkt. Statt zu einem nachhaltigen Wirtschaften zu kommen, Umwelt und Gesellschaft zu schonen, wird der Wahnsinn des westlichen Verbrauchs an Ressourcen nur immer weiter gesteigert. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber Maja Göpel setzt die Zusammenhänge neu zusammen. Und fordert ein radikales Umdenken.


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Pörksen/Narr: Schöne digitale Welt

Pörksen/Narr: Schöne digitale Welt

Seit ich meine Bücher nicht mehr beim großen A bestelle, sondern im Online-Shop der kleinen Buchhandlung in der nahen Kleinstadt, nutze ich auch die Möglichkeit, bestimmten Autoren zu folgen. Damit ich ihre neusten Veröffentlichungen mitbekomme. So sah ich auch Ende 2020 das neue Buch von Bernhard Pörksen, Schöne digitale Welt, was es direkt auf die Wunschliste des Online-Shops brachte. Erst beim Abholen wurde klar, dass Pörksen und Narr nur Herausgeber waren, nicht Autoren in eigentlichen Sinne. Stattdessen ist das Buch eine Zusammenstellung von Reden und Essays diverser wohlbekannter Leute, zuvorderst für mich Sascha Lobo, Ranga Yogeshwar und Miriam Meckel. Also keine neuen Gedanken des Medienwissenschaftlers Bernhard Pörksen, der den Begriff der Erregungsgesellschaft geprägt hat, sondern die von Leuten, denen bei der Betrachtung der aktuellen Gesellschaftslage einige Kompetenz zugesprochen werden kann. Spoiler vorweg: keine brandneuen Erkenntnisse, keine Lösung der dringendsten Fragen und Schwierigkeiten. Aber dafür eine breit angelegte Zusammenfassung des Status Quo. Was auch keine leichte Aufgabe ist.


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Michael Winterhoff: Mythos Überforderung

Michael Winterhoff: Mythos Überforderung

Nach den ersten Seiten hatte ich die Befürchtung, zu einem Ratgeber gegriffen zu haben. Was sich spätestens ab der vierten oder fünften Seite erledigte. Hätte ich mir bei Michael Winterhoff, einem der bekanntesten Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeuten, auch nicht vorstellen können. Schließlich hatte ich mir das Buch ja nicht wegen eines eigenen Gefühls gekauft, sondern wegen des Klappentextes. Was ist dran, an der breit gestreuten Ermüdung und Überforderung, dem Gefühl des Dauerstresses, der zunehmenden Zahl an diagnostizierten Burnouts und der Ruhelosigkeit? Und was ist dran an den Klagen von Lehr- und Kindergartenpersonal über Helikoptereltern, völlig überzogene Forderungen an Schule und KiTa? Als gut beschäftigter Psychiater, der diese Kinder, und natürlich deren Eltern, tagtäglich in seiner Praxis hat, sollte er etwas dazu sagen können, ob sich die Rollen zwischen Eltern und Kindern so stark geändert haben. Beobachten kann ich es selbst, wenn die engen Straßen in meinem Dorf kurz vor acht komplett verstopft sind, weil Horden von Eltern ihre fast zehnjährigen Kinder mit riesigen SUVs fast noch mittig auf dem Schulhof abliefern. Da hat sich schon etwas verändert, doch die Palette an Veränderung ist breit, weshalb Winterhoffs Analysen nicht gerade einfach sind. Und seine Ratschläge für Abhilfe werden einige Leser enttäuschen.


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Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen

Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen

Als im Sommer 2020 absehbar wurde, dass ich von meinem Job die Nase voll hatte und zum Jahreswechsel Rente beantragen würde, kam schnell ein Gedanke auf. Nämlich der, Niedersachsen wieder zu verlassen und in meine alte Heimat Ostwestfalen zurück zu kehren. So klebte ich zwei DIN A4-Blätter zusammen, bildete eine Matrix aus Argumenten wie kulturelles Angebot, Freizeitmöglichkeiten, Wandermöglichkeiten, Kontakt zu Freunden und Familie, Mietspiegel und vieles mehr. Nachdem eine lange Liste zusammen gekommen war, die jeweiligen Aspekte sortiert und bewertet waren, saß ich eher hilflos vor der Sammlung. Irgendwie spiegelte diese Aktion nicht wirklich das wider, worum es mir ging. So knüllte ich das Papier zusammen, warf es in den Papierkorb und setzte in ImmobilienScout24.de eine Suchanzeige nach Mietwohnungen in der Umgebung von Paderborn auf. Was hatte die Entscheidung nun tatsächlich zu Stande gebracht?

Gerd GigerenzerBauchentscheidungen


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Thilo Bode: Die Essensfälscher

Thilo Bode: Die Essensfälscher

Noch ein Buch übers Essen. Also etwas Ähnliches wie dieses hier, aber aus einer anderen Perspektive. Was macht man, wenn ein Markt völlig gesättigt ist, wie steigert man trotzdem noch seine Umsätze? Das erste Semester in Marketing lehrt als Antwort, dass man dem Mitbewerb Kunden abspenstig machen muss. Oder neue Märkte schaffen. Genau so machen das Nestlé, PepsiCo oder Dr. Oetker. Davon, wie die Lebensmittelkonzerne ihre Umsätze immer noch steigern, dazu den Verbraucher täuschen und belügen, schummeln und tricksen, darum geht es im Buch von Thilo Bode, Mitbegründer der Organisation foodwatch. Ganz neu ist das Buch nicht, es stammt aus 2010, doch die Methoden der Essensfälscher sind immer noch die gleichen, leider. Mit solchen zuständigen Leuten wie Julia Klöckner, aktuell Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, die es schafft, alle Veränderungen zugunsten der Konsumenten zu verhindern, wird das noch lange so bleiben. Die erfolgreich unterstützt, dass uns die Lebensmittelproduzenten mit noch mehr Zucker, noch mehr Aromen und Geschmacksverstärkern bei der Stange halten. Genau gegen diese offene und versteckte Lobby schreibt Thilo Bode an. Man kann es plakativ nennen, oder ehrlich.


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Manfred Kriener: Leckerland ist abgebrannt

Manfred Kriener: Leckerland ist abgebrannt

Ich habe mich immer für einen kritischen Esser und Verbraucher gehalten. Aber dieses Buch hat mir noch einmal gezeigt, dass mein Wissen über Lebensmittel und Essen überhaupt noch lange nicht belastbar ist. Eigentlich kenne ich Manfred Kriener aus einer anderen Ecke, nämlich als Gründer der Tageszeitung taz. Beschäftigt sich vor allem mit Umwelt und Umweltpolitik wie auch mit Ernährungsthemen. Dieses Buch aus 2020 will aber nicht der nächste Ratgeber sein, der uns sagt, was wir noch essen dürfen und was nicht, was gut und was falsch ist. Kriener will Wissen über unser Essen vermitteln, wo es herkommt, wie es entsteht, welche Wirkungen es hat, dass wir Produkte nutzen oder nicht. Moralische Aspekte im Sinne der Biogeneration bleiben außen vor. Stattdessen geht es um Fakten, Daten und Informationen. Man weiß bei vielen Dingen nicht, was einem da aufgetischt wird. Das will Kriener ändern, das schafft er sogar unterhaltsam. Trotzdem vergeht einem manchmal der Appetit. Nur wegen der Faktenlage.

Manfred KrienerLeckerland ist angebrannt


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Benjamin Maack: Wenn das noch geht kann es nicht so schlimm sein

Benjamin Maack: Wenn das noch geht kann es nicht so schlimm sein

Ein Tagebuch? Irgendwie. Gefunden in der Zeitschrift Psychologie Heute. An die Rezension kann ich mich nicht so recht erinnern, aber wenigstens interessierte mich das Buch nach dem Klappentext. Der Inhalt ist leicht wiederzugeben: Der Autor dokumentiert seine zweite Zeit in der Depression in einer psychatrischen Klinik, und die Zeit davor, als er versucht, mit der Krankheit alleine zurecht zu kommen. Einerseits fand ich sein Ansinnen sehr achtenswert, als doch recht bekannter und ausgezeichneter Journalist und Autor sich zu seiner Erkrankung zu bekennen. Maack hat immerhin neben weiteren Auszeichnungen den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2013 und den Förderpreis zum Hermann-Hesse-Preis 2016 bekommen. Danach habe ich vermutet, dass Maack Menschen, die von dieser Krankheit nicht betroffen sind, näher zu bringen versucht, wie sich diese Krankheit anfühlt, was sie mit einem macht. Leider erreicht er sein Ziel nur sehr eingeschränkt. Nicht, weil er ein schlechter Autor ist, sondern weil man an dieser Stelle eigentlich nur scheitern kann.


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Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

Dass Geschichte mehr ist als das sture Auswendiglernen von Zahlen und Fakten in der Schule, habe ich zum ersten Mal mit Golo Manns Buch Die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts erlebt. Nicht ganz so umfangreich, aber ähnlich faszinierend ist Volker Ullrichs Buch Acht Tage im Mai. Gebürtig aus Celle, nur einige Kilometer von meinem Schreibtisch entfernt, studierte er Geschichte, Literaturwissenschaft, Philosophie und Pädagogik an der Universität Hamburg, arbeitete von 1966 bis 1969 am Historischen Seminar. Von 1990 bis 2009 leitete Ullrich das Ressort „Politisches Buch“ bei der Wochenzeitung Die Zeit. Ist als Rezensent für viele Medien tätig, verfasst er auch öfters das Kalenderblatt des Deutschlandfunks. Inzwischen Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Also auf jeden Fall profunder Historiker, dem das Thema Drittes Reich und Hitlerdiktatur nahe liegt. In diesem Buch geht es konkret um die Zeit vom 1. bis zum 8. Mai 1945, als die geplanten tausend Jahre eines Reiches schon nach zwölfen wieder endeten. Aber wie spannt man mit acht Tagen eine nicht gerade schmale Geschichte auf? Indem man jeden dieser Tage in Relation zu der Vorschichte und den Konsequenzen setzt. Und das macht den Reiz dieses Buches aus.


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Bernhard Pörksen: Medienmenschen (Kindle-Edition)

Bernhard Pörksen: Medienmenschen (Kindle-Edition)

Das Buch ist schon im Jahre 2004 erschienen, trotzdem hat es nichts an Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, mit Social Media wie Instagram und Facebook ist es noch schlimmer geworden, wie Menschen sich in Szene setzen und eine Wirklichkeit konstruieren, die gar nicht existiert. Auf das Buch bin ich eher zufällig gestoßen, als ich ein anderes Buch des Autors suchte. Professor Dr. Bernhard Pörksen, Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und Biologie in Hamburg und den USA, volontierte beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt und arbeitet neben Forschung und Lehre seit über zwanzig Jahren als Journalist und Sachbuch-Autor. Seine Analysen der Kommunikation und des Kommunikationsverhaltens fand ich immer wieder faszinierend. Was für dieses Buch dann auch gilt. Junge Journalisten interviewen Menschen, die als Politiker oder Stars im Rampenlicht stehen. So simpel das Konzept erscheint, so verblüffend sind die Ergebnisse.


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Adele Brand: Füchse

Adele Brand: Füchse

Ein interessanter Spagat zwischen Sachbuch, Dokumentation und Unterhaltung. Adele Brand ist britische Ökologin und hat schon als Kind über Füchse geschrieben, die Passion ihres Lebens. Sie hat Füchse auf vier Kontinenten studiert, Forschungsprojekte in fünf verschiedenen Ländern geleitet, verwaiste Fuchswelpen aufgezogen und verletzte Füchse gepflegt. Sie ist wohl für die Füchse das, was Jane Goodall für Schimpansen ist. Zum ersten Mal auf sie aufmerksam wurde ich in Facebook, wo sie mehr oder minder regelmäßig Bilder und Geschichten postet. Mit meiner neu entdeckten Beziehung zu Hunden, damit auch zu den Hundeartigen, verfolge ich ihre Posts schon länger. Zu meinem Geburtstag kam dann nicht nur ein kleiner holziger Fuchs aus dem Erzgebirge, sondern dazu ihr Buch zu mir. Adele Brand bestätigt darin genau meinen Eindruck: dass Füchse die perfekte Mischung aus Hund und Katze sind. Mit der Ausdauer und Belastbarkeit der Hunde und der Eleganz und Intelligenz der Katzen. Ein poetisches, zugleich wissenschaftlich geprägtes Buch über eine bemerkenswerte Tierart.


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Sein erstes Buch dieser Reihe, mit dem er bekannt wurde, war »Post von Karlheinz«. Wie und was er wütenden Zuschriften entgegnet und warum. Kazim ist Autor für den Spiegel und Spiegel Online, wie auch bei Zeit Online. Der Nachfolger heißt nun »Auf sie mit Gebrüll«. Wer hinter diesem Titel eine martialische Abrechnung mit Angreifern aus dem populistischen und rechten Lager erwartet, liegt zum Glück falsch. Kazim geht es in diesem Buch um die Kommunikation mit den Leuten, die ihn schriftlich oder online beschimpfen oder herabwürdigen, und seine Position zu diesen Kommunikationsformen. Beispiele für den Austausch von Nettigkeiten finden sich vereinzelt auch hier, jedoch geht es ihm in der Hauptsache um seine Art, mit rassistischen und rechtsradikalen Angriffen umzugehen. Ein sinnvolles Unterfangen, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.


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Harald Lesch/Klaus Kamphausen: Die Menschheit schafft sich ab

Harald Lesch/Klaus Kamphausen: Die Menschheit schafft sich ab

Der Titel des Buches ist steil und provozierend. Jedoch im Gegensatz zum ähnlich betitelten Buch von Thilo Sarrazin handelt es um ein Werk aus wissenschaftlich belegten Zahlen, Daten und Fakten, gesammelt und geordnet von einem Wissenschaftler. Weil Physik sowieso die einzige richtige Wissenschaft ist, wie es mal ein befreundeter Student der Physik formulierte. So widmet sich das Buch einmal der Geschichte des Menschen, wie sie wohl entstanden ist, einschließlich der Frage, warum nur diese Art des Homo überlebt hat. Weiter geht es mit der eigentlich kurzen Zeit, in der Homo Sapiens die Erde erst eroberte, schließlich übernahm und nun auf dem besten Wege ist, sie zu zerstören. So gelangt man aus der Achsenzeit, über Frühzeit und Mittelalter bis in die Gegenwart. Je näher man sich dem Jetzt nähert, desto detaillierter gehen die Autoren in Details. Über die am Ende gefährliche Liaison von Wissenschaft und Wirtschaft, über Fehlentscheidungen am Anfang des letzten Jahrhundert bis zu den nicht so angenehmen Aussichten, den Fragen der Umweltzerstörung und der Vernichtung ganzer Arten von Tieren und Pflanzen, es zeigt genauer den vom Menschen verursachten Schwund des Regenwaldes und was er bedeutet. Der nur deshalb verschwinden muss, damit das Fleisch beim Discounter billig bleibt und die Gewinne der daran teilhabenden Unternehmen hoch. Also ein durch und durch pessimistisches Buch? Nein, denn es kommen Alternativen zur Sprache. Hat ja ein Physiker geschrieben, kein abgewrackter Politiker.
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Richard David Precht: Tiere denken

Richard David Precht: Tiere denken

Mein in den letzten Jahre schwindender Optimismus, was den Zustand der Welt angeht, ist durch dieses Buch nicht mehr geworden. Im Gegenteil, in gewisser Weise bestärkt es mich in dem Glauben, dass die Menschheit nicht mehr bei Trost ist. Am Ende nicht mehr zu retten. Wenn man dann eher zufällig noch in WDR5 einen Beitrag zum Artensterben hört, bestätigt es Precht zusätzlich.

Richard David Precht, unser Sofa-Philosoph, der zu allem etwas zu sagen hat (Biografie hier, wer sie noch braucht), holt in seinem Buch Tiere denken weit aus. Es geht darum, wie das Verhältnis des Menschen zum Tier denn nun ist, von der Menschheitsgeschichte über die Weltreligionen bis in die aktuelle Zeit. Das ist ein dickes Brett, das sich Precht hier vornimmt, so vielschichtig es ist, so unterschiedlich man das Thema angehen kann, so subjektiv und emotional unser Verständnis zu Tieren nun mal ist. Damit wird das Buch ein Parforceritt durch die zeitgenössische und historische Philosophie, durch Fragen der Moral und Ethik, durch die konfuse Sicht von Gesetzen bis hin zur heutigen Realität, in der Tiere umso mehr geschätzt und geschützt werden sollen, je weiter sich der Mensch von der Natur entfernt. Ein Buch, das nur Richard David Precht so schreiben konnte.


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Hamed Abdel-Samad: Der Untergang der islamischen Welt

Hamed Abdel-Samad: Der Untergang der islamischen Welt

Was zeichnet ein gutes Buch aus? Dass man nach dem letzten Zuklappen erst einmal einen Moment nachdenken muss. Also muss dieses Buch ein gutes Buch sein. Von Abdel-Samad hatte ich vor einiger Zeit schon ein Buch über Mohamed gelesen, daher hier nur eine Kurzbiografie: deutsch-ägyptischer Politikwissenschaftler und Publizist, als Student war er Mitglied der radikal-islamischen Muslimbruderschaft, kam im Alter von 23 Jahren nach Deutschland. Studierte Englisch und Französisch in Kairo, arbeitete als Wissenschaftler in Erfurt und Braunschweig sowie in Japan, wo er sich für Shintoismus und Buddhismus interessierte. Während er in seinem Buch über Mohamed mit dem Propheten abrechnet, daher auch mit dem Islam in seiner Gesamtheit, ist seine These in diesem Buch noch etwas steiler. Er behauptet, dass der Islam in nicht all zu ferner Zukunft verschwinden wird. Nicht wegen eines Angriffs von außen, er wird in sich zusammen brechen, durch eigene Schuld. Seine Belege dafür sind nicht nur frappierend, sondern leisten sich einen anderen Blick auf den Islam. Der dabei nicht gerade gut weg kommt.


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Aus gegebenem Anlass: Die Ausbildungsbrücke Celle hat nun eine eigene Website. Und braucht natürlich weitere Patinnen und Paten. Mehr dazu in:

Website Ausbildungsbrücke Celle

Sascha Lobo: Realitätsschock

Sascha Lobo: Realitätsschock

Ich war ein wenig überrascht, als dieses Buch von Sascha Lobo angekündigt wurde. Bisher kannte ich ihn nur als Blogger und Journalist. In der Hauptsache als Wissenden in Sachen Internet, vermischter Realität und digitalen Technologien, mit Schwerpunkt auf die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. Er war es auch, der angesichts der globalen Überwachungs- und Spionageaffäre rund um die NSA feststellte: „Das Internet ist kaputt!“ Seine Kolumne Die Mensch-Maschine mit Stellungnahmen zu Kommentaren der Leser in SPIEGEL Online gehört schon lange zu meinen regelmäßig gehörten Podcasts. Lobo verfügt nicht nur über ein sehr detailliertes Wissen rund um digitale Technologien, sondern hat dazu ein gewissen Händchen, die Entwicklungen und Konsequenzen daraus politisch und gesellschaftlich zu interpretieren. Daher ahnte ich so ungefähr, worum es in dem Buch gehen würde. Ich wurde nicht enttäuscht.


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Von den vielen Büchern, Artikeln und Beiträgen, die ich in letzter Zeit gehört habe, oder zu den gehörten Podcasts vom DLF, WDR und SPON, habe ich mit dem Buch von Cornelia Koppetsch zum ersten Mal das Gefühl gehabt, eine Ahnung zu bekommen, was zur Zeit los ist. Auch wenn das Buch mühsam war. Aber es gab mehr zu begreifen. Ich musste ebenso meine eigene Rolle und mein eigenes Selbstverständnis in Frage stellen, meine Sicht der Welt relativieren. Genau so habe ich jetzt den Eindruck, dass die Rolle von PEGIDA und AfD eine andere ist, der mit Reden oder Verständnis zeigen wenig beizukommen sein wird. Das Buch Die Gesellschaft des Zorns wird mir im Rückblick auf meine eigene Vergangenheit klarer und verständlicher. Daher ein selbstkritischer Rückblick in meine Geschichte.


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Michael Schmidt-Salomon: Jenseits von Gut und Böse

Beispiele für das sogenannte Böse zu finden, ist fast noch am einfachsten. Hitler, Stalin, Mussolini, Kim Jong-un und der Iran. Das Gute? Mutter Theresa, Albert Einstein, und natürlich Willy Brandt nicht zu vergessen. Aber sind diese einfachen Antworten auf eine einfache Frage überhaupt logisch, schlüssig und valide? Bilder von Adolf Hitler mit seiner kleinen Nichte stellen das absolute Böse in Frage, die Berichte der Brandt-Söhne über ihr Elternhaus kratzen bald am Lack. Und überhaupt setzen wir quasi einen Willen voraus, dass Hitler sich vorgenommen hatte, eben ganz besonders böse zu sein. Auch Einstein hatte seine Ecken und Kanten. Nach welchen Gründen entscheiden denn wir überhaupt, Dinge zu tun oder zu lassen? Wir glauben in unserem Kulturkreis, und unter linksliberal ausgerichteten Menschen besonders, frei in unserem Willen zu sein. Wir glauben, zu jeder Zeit Entscheidungen treffen zu können zwischen Handlungsoptionen. Dabei legen wir Begriffe zugrunde, deren Bedeutung uns scheinbar klar ist, das Gute und das Böse, das Moralische und das Unmoralische, das Ethische und das Unethische. Michael Schmidt-Salomon räumt mit den Vorstellungen der Eindeutigkeit gründlich auf. Woraufhin man irgendwo in der Mitte des Buches fast die Übersicht verliert, was denn jetzt noch ein zuverlässiger Wegweiser für unsere Entscheidungen ist. Doch Schmidt-Salomon führt dabei nicht nur einen philosophischen Diskurs, sondern bindet ausgerechnet die Hirnforschung als wissenschaftliche Grundlage ein. Damit relativiert sich der philosophische Blick. So führt er uns zeitweise unangenehm vor Augen, auf welch wackeligem Fundament unsere ach so vernünftigen Überzeugungen ruhen. Zum Glück lässt er Leserin und Leser nicht im Unklaren. Am Ende jedenfalls nicht. Sondern schlägt Alternativen vor.


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Le Monde diplomatique: Großrbritannien

Le Monde diplomatique: Großbritannien

Nicht selten fragen mich Leute, was denn bloß da drüben in Großbritannien los sei. So wegen Brexit und überhaupt. Ich gelte halt als Großbritannien-Versteher. Einmal, weil ich dort längere Zeit gearbeitet und gewohnt habe, aber auch wegen meiner regelmäßigen Aufenthalte in Wales und England. Bisher war ich relativ ratlos, so ratlos wie bei Fragen nach AfD, Pegida und der Neuen Rechten. Denn rational erklären kann man da nichts. Weder beim Brexit noch bei der AfD. Das ändert sich seit einiger Zeit, nachdem ich nun das eine oder andere Buch, den einen oder anderen Artikel in TAZ, Spiegel oder SZ gelesen habe.  Vollends informiert fühle ich mich seit dem Studium der Edition Le Monde diplomatique. Und so langsam verstehe ich sogar den Brexit. Der mit der EU so wenig zu tun hat wie die AfD mit Demokratie. Trotzdem bleiben Wales und England my home from home. Weil sich – wie in Sachsen – manche Dinge niemals ändern werden.


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Sascha Lobo: Der Debatten-Podcast

Sascha Lobo: Der Debatten-Podcast

Seit vielen Jahren höre ich, bedingt durch meine Autobahnfahrten,  im Mittel fünf bis sechs Stunden pro Woche Podcasts. Dank WDR5 und Deutschlandfunk, 4000 Hertz und Spiegel Online bin ich eher überversorgt und kann oft Themen erst einige Wochen nach Ausstrahlung abarbeiten. Manche Sendungen sind informativ und zugleich unterhaltend, wie Alles in Butter mit Helmut Gote, manche üben das Denken und den Verstand, wie Das Philosophische Radio mit Jürgen Wiebicke. Und doch lässt sich dann und wann ein Erkenntnisgewinn verbuchen. Bisher nicht sehr häufig war das beim Spiegel Online-Podcast Der Debatten-Podcast von Sascha Lobo der Fall. Bis dann eine Sendung in meinem Auto ans Laufen kam, die meinen Blick nicht nur auf Soziale Medien, sondern insgesamt auf unsere Gesellschaft nicht unbedingt verändert, aber erklärlicher gemacht hat. Das legt Lobo plausibel und verständlich auf, und das macht die Folge #81 seines Podcastes so bemerkenswert.


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