Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

Dass Geschichte mehr ist als das sture Auswendiglernen von Zahlen und Fakten in der Schule, habe ich zum ersten Mal mit Golo Manns Buch Die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts erlebt. Nicht ganz so umfangreich, aber ähnlich faszinierend ist Volker Ullrichs Buch Acht Tage im Mai. Gebürtig aus Celle, nur einige Kilometer von meinem Schreibtisch entfernt, studierte er Geschichte, Literaturwissenschaft, Philosophie und Pädagogik an der Universität Hamburg, arbeitete von 1966 bis 1969 am Historischen Seminar. Von 1990 bis 2009 leitete Ullrich das Ressort „Politisches Buch“ bei der Wochenzeitung Die Zeit. Ist als Rezensent für viele Medien tätig, verfasst er auch öfters das Kalenderblatt des Deutschlandfunks. Inzwischen Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Also auf jeden Fall profunder Historiker, dem das Thema Drittes Reich und Hitlerdiktatur nahe liegt. In diesem Buch geht es konkret um die Zeit vom 1. bis zum 8. Mai 1945, als die geplanten tausend Jahre eines Reiches schon nach zwölfen wieder endeten. Aber wie spannt man mit acht Tagen eine nicht gerade schmale Geschichte auf? Indem man jeden dieser Tage in Relation zu der Vorschichte und den Konsequenzen setzt. Und das macht den Reiz dieses Buches aus.


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Robert Habeck: Wer wir sein könnten

Robert Habeck: Wer wir sein könnten

Dem Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck sagt man eine verständliche und klare Sprache nach. Was zu seinen früheren Studienfächern Philosophie, Germanistik und Philologie passt, gerade die Philosophie hat sich lange und intensiv damit auseinander gesetzt, welche Wechselwirkung Sprache und die Welt haben. Wenn nun Politiker Bücher über Sprache schreiben, macht mich das immer neugierig, in diesem Fall ist der Aufwand dazu überschaubar, denn das Buch ist ein schmales Werk. Trotzdem ist der Anspruch aus meiner Sicht groß und wichtig, denn der Untertitel lautet schließlich Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht. Nebenbei wollte ich einfach ein wenig mehr darüber erfahren, wie Robert Habeck so tickt, gilt er doch als einer der bodenständigen Politiker. Das bekommt man tatsächlich mit, seine politischen Positionen sind keine Pose, seine Beiträge kein Image-Getue. Dazu liefert Habeck schon wichtige Gedanken zur politischen Sprache. Und wie Sprache die Wirklichkeit erst schafft.


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Bernhard Pörksen/Friedemann Schulz von Thun: Die Kunst des Miteinander-Redens

Bernhard Pörksen/Friedemann Schulz von Thun: Die Kunst des Miteinander-Redens

Beide, Bernhard Pörksen, Medienwissenschaftler an der Uni Tübingen, und Friedemann Schulz von Thun, einer der wichtigsten Kommunikationspsychologen im deutschsprachigen Raum, gehören zu meinen Lieblings-Autoren. So kam das 2020 erschienene Buch sofort auf die Leseliste. Beide haben in ihren jeweiligen Fachgebieten wesentliche Beiträge geliefert. Pörksen zu den aktuellen, besonders digitalen Medien. Er hat auch den Begriff der Erregungsgesellschaft geprägt, in der heute Menschen nur noch mit digitalen Medien beschäftigt sind, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, der nächsten Empörung und dem nächsten Skandal. Eigentlich etwas konträr dazu hat Friedemann Schulz von Thun die analoge Kommunikation zwischen Menschen untersucht. Dazu hat er mehrere Bücher veröffentlicht, wie zum Beispiel das dreibändige Werk Miteinander reden, in dem er Methoden wie das Vier-Ohren-Modell und das Kommunikations-Quadrat verwendet.

Im Vergleich zu anderen Büchern, gerade in diesem Themenbereich, ist das Buch keine Analyse oder Beschreibung von Erfahrungen, sondern eine Zusammenfassung von Gesprächen zwischen Pörksen und von Thun seit 2014. Initiert hatte die Gespräche Pörksen, mit dem Ziel medienwissenschaftliche und kommunikationspsychologische Perspektiven zusammen zu führen. Um daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die jedes einzelne Gebiet eben nicht gewinnen konnte. Das Ergebnis ist eine sehr interessante Sicht auf digitale Medien, die Veränderung von Kommunikation über die Zeit, nicht zuletzt bis hin zu einem Verständnis, warum pöbelnde und lügende Politiker trotzdem so viel Aufmerksamkeit und Zustimmung erhalten.


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Richard David Precht: Sei du selbst

Richard David Precht: Sei du selbst

Zuerst war ich mir nicht ganz sicher, ob ich mir den dritten Band antue. Schon weil es mich quasi zum vierten Band verpflichtet. Ein bevorstehender Urlaub hat mich dann doch ermuntert, mich weiter mit der Geschichte der Philosophie, aber auch der Naturwissenschaften und der sich nun abspaltenden Themen zu beschäftigen. Der Autor: Richard David Precht, Medien-, Sofa- und Zeitabschnitts-Philosoph, wie ich ihn nenne. Sein am Ende vierbändiges Werk: Eine Geschichte der Philosophie.

Ging es im ersten Band um die Philosophie des Altertums bis zur Grenze zum Mittelalter, schildert der zweite Band den Abschnitt bis in die beginnende Neuzeit. In diesem nun dritten Buch geht es weiter ab Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein. Damit stehen hier vertrautere Namen im Vordergrund. William Godwin, Charles Fourier, Arthur Schopenhauer, John Stuart Mill, Søren Kierkegaard, Karl Marx, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud mehr am Rande, der immer noch erstaunlich aktuelle Georg Simmel, Max Weber. Das vor dem Hintergrund der rasanten Veränderungen in der industriellen Technologie, dem Aufstieg der Naturwissenschaften und den sich abzeichnenden politischen Entwicklungen. Damit war zu erwarten, dass es ab nun etwas schwieriger wird, jedenfalls für Nichtphilosophen. Und diese Erwartung traf dann glatt ein.


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Bernhard Pörksen: Medienmenschen (Kindle-Edition)

Bernhard Pörksen: Medienmenschen (Kindle-Edition)

Das Buch ist schon im Jahre 2004 erschienen, trotzdem hat es nichts an Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, mit Social Media wie Instagram und Facebook ist es noch schlimmer geworden, wie Menschen sich in Szene setzen und eine Wirklichkeit konstruieren, die gar nicht existiert. Auf das Buch bin ich eher zufällig gestoßen, als ich ein anderes Buch des Autors suchte. Professor Dr. Bernhard Pörksen, Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und Biologie in Hamburg und den USA, volontierte beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt und arbeitet neben Forschung und Lehre seit über zwanzig Jahren als Journalist und Sachbuch-Autor. Seine Analysen der Kommunikation und des Kommunikationsverhaltens fand ich immer wieder faszinierend. Was für dieses Buch dann auch gilt. Junge Journalisten interviewen Menschen, die als Politiker oder Stars im Rampenlicht stehen. So simpel das Konzept erscheint, so verblüffend sind die Ergebnisse.


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Bryan Sykes: Darwins Hund

Bryan Sykes: Darwins Hund

Bei den Fuchsies war es eine britische Ökologin, bei Darwins Hund wird es komplizierter. Dieser Autor ist ein emeritierter britischer Professor für Humangenetik an der Universität Oxford. Heißt Bryan Sykes, untersuchte die mitochondriale DNA (ja, ich weiß jetzt, was das ist) von Tausenden Europäern und Europäerinnen und fand nur sieben Grundmuster. Nach seiner Theorie lassen sich alle Menschen der Sorte Homo Sapiens auf nur sieben „Urmütter“ zurück führen. Und die wieder auf eine Afrikanerin aus der so genannten Lara-Familie. Entgegen der Vermutung ist Sykes kein Hundebesitzer und -liebhaber, hat aber eine Katze. Dass sich Sykes den Hunden zuwendet, hat mit dem Evolutionsforscher Charles Darwin zu tun, denn auch der beschäftigte sich mit den Hunden, zur Untermauerung seiner Entwicklungslehre der Arten. Zielthema des Buches: Stammt der Hund vom Wolf und nur vom Wolf ab, und wenn ja, alle diese unterschiedlichen Hunde? Es geht also um Wissenschaft, die Hunde sind nur Mittel zum Zweck. Trotzdem interessant gerade für Hundefreunde. Wenn die es schaffen, sich durch den schwierigen Ausflug in die Genetik durch zu arbeiten.


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Adele Brand: Füchse

Adele Brand: Füchse

Ein interessanter Spagat zwischen Sachbuch, Dokumentation und Unterhaltung. Adele Brand ist britische Ökologin und hat schon als Kind über Füchse geschrieben, die Passion ihres Lebens. Sie hat Füchse auf vier Kontinenten studiert, Forschungsprojekte in fünf verschiedenen Ländern geleitet, verwaiste Fuchswelpen aufgezogen und verletzte Füchse gepflegt. Sie ist wohl für die Füchse das, was Jane Goodall für Schimpansen ist. Zum ersten Mal auf sie aufmerksam wurde ich in Facebook, wo sie mehr oder minder regelmäßig Bilder und Geschichten postet. Mit meiner neu entdeckten Beziehung zu Hunden, damit auch zu den Hundeartigen, verfolge ich ihre Posts schon länger. Zu meinem Geburtstag kam dann nicht nur ein kleiner holziger Fuchs aus dem Erzgebirge, sondern dazu ihr Buch zu mir. Adele Brand bestätigt darin genau meinen Eindruck: dass Füchse die perfekte Mischung aus Hund und Katze sind. Mit der Ausdauer und Belastbarkeit der Hunde und der Eleganz und Intelligenz der Katzen. Ein poetisches, zugleich wissenschaftlich geprägtes Buch über eine bemerkenswerte Tierart.


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Sven Plöger: Zieht Euch warm an, es wird heiß

Sven Plöger: Zieht Euch warm an, es wird heiß

Das interessanteste Buch, das ich seit langer Zeit gelesen habe. Nicht nur, weil es toll geschrieben ist, weil es Wissenschaft so verständlich und kurzweilig darstellt. Sondern weil es mir klar gemacht hat, dass ich von Klima und Wetter glattweg gar nichts weiß. Besser: wusste. Weil es mich mit nicht nur mit viel Wissen, sondern auch einem Arsenal an Argumenten gegenüber Klimawandel-Leugnern ausgestattet hat. Sven Plöger kenne ich schon seit seinen Anfängen im Fernsehen, als er eher gezwungen als gewollt für den Wetterbericht vor die Kamera musste. Weil der eigentliche Kollege kurzfristig erkrankt war. So ist er inzwischen nicht nur deutscher Diplom-Meteorologe, sondern auch Fernsehmoderator. So unterhaltsam und sympathisch er seine Sache vor der Kamera macht, so überzeugend auch sein letztes Buch. Prädikat: äußerst wertvoll.


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Sein erstes Buch dieser Reihe, mit dem er bekannt wurde, war »Post von Karlheinz«. Wie und was er wütenden Zuschriften entgegnet und warum. Kazim ist Autor für den Spiegel und Spiegel Online, wie auch bei Zeit Online. Der Nachfolger heißt nun »Auf sie mit Gebrüll«. Wer hinter diesem Titel eine martialische Abrechnung mit Angreifern aus dem populistischen und rechten Lager erwartet, liegt zum Glück falsch. Kazim geht es in diesem Buch um die Kommunikation mit den Leuten, die ihn schriftlich oder online beschimpfen oder herabwürdigen, und seine Position zu diesen Kommunikationsformen. Beispiele für den Austausch von Nettigkeiten finden sich vereinzelt auch hier, jedoch geht es ihm in der Hauptsache um seine Art, mit rassistischen und rechtsradikalen Angriffen umzugehen. Ein sinnvolles Unterfangen, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.


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Kyle Harper: FATUM

Kyle Harper: FATUM

AIDS, Fika, Ebola, SARS, Corona. Sind das Zufälle, dass in der letzten Zeit neue und gefährliche Viren und Erreger auftauchen, quasi als menschliches Schicksal? Nein, sagt Kyle Harper, Dekan der Universität Oklahoma und Fachmann für die römische Geschichte. Der Untergang des mächtigen römischen Reiches war lange Zeit nicht erklärbar, nun zeigen aktuelle Forschungen die tatsächlichen Gründe. Die Fortschritte in der Mikrobiologie, neue Methoden der Genomanalyse und immer weiter in Details gehende Forschungen an Pflanzen und Eisbohrkernen beweisen, dass das römische Reich an mehreren Faktoren scheiterte. Es war die Kombination vieler Einflüsse, klimatische Veränderungen, jedoch genau so ökonomische und ökologische. Der Einfall der Antoninischen und später der Justinianischen Pest, und die Klimaveränderungen im Mittelmeerraum, all das war nicht nur naturgegeben, sondern die Menschen dieser Zeit hatten erheblichen Einfluss darauf, was damals geschah. Was jedoch an diesem Szenario erschreckt, sind die Parallelen zu unserer heutigen Zeit. Und die noch immer vorherrschende Meinung, die Menschheit hätte alles im Griff, man brauche nur die richtige Technologie und die Märkte würden schon alles regeln und gut machen. Dieser landläufigen Überzeugung setzt Harper eine detaillierte und beunruhigende Analyse der antiken Geschichte entgegen.


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Richard David Precht: Erkenne dich selbst

Richard David Precht: Erkenne dich selbst

Band zwei der Philosophiegeschichte des Richard David Precht, nach der Bewältigung des ersten Bandes. Es war wohl nicht ganz einfach, die jeweiligen Zeitpunkte der beiden Bände festzulegen. Precht nennt als Zeitraum des zweiten Bandes Renaissance bis zum deutschen Idealismus. Konkret setzt die Geschichte ungefähr bei 1420 ein, mit einem Bild und einem Maler, von dem aus Precht die weitere Entwicklung aufspannt. Näher betrachtet werden Cusanus, Ramon Llull, Lorenzo Valla, in weiteren Blicken die vorherrschenden Medici und Niccolò Machiavelli. Obwohl historisch wichtig, ist hier eine kleine Durststrecke zu bewältigen, bevor es wieder näher an unsere heutigen Interessen geht: Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, die Wege der Reformation und dazu parallel Nikolaus Kopernikus. Die Geschichte der religiösen Bewegungen schildert Precht hier anders als das, was wir aus Schulbüchern und vielen Medien kennen. Dass Luther eher ein im mittelalterlichen Denken verhafteter Besserwisser war als ein Revolutionär. Diese Sicht der Reformation in Europa und deren Konsequenzen waren für mich neu. Prechts Bewertung scheint jedoch durchaus logisch und plausibel. Wie er überhaupt an vielen Stellen mit den üblichen Sichtweisen hart aufräumt. So ist gerade in diesem zweiten Band so manche Kröte zu schlucken.


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Richard David Precht: Erkenne die Welt

Richard David Precht: Erkenne die Welt

Auf vier Bände angelegt, schreibt der Verlag? Da habe ich ja noch etwas vor mir. Deshalb zuerst mal der Band Nummer Eins. Richard David Precht, Medien-, Sofa- und Zeitabschnitts-Philosoph, nennt sein Werk Eine Geschichte der Philosophie, nicht Die Geschichte. Das ist klug und offenbart, dass der Autor keineswegs in Anspruch nimmt, die letztgültige Version einer Historie zu liefern, über die sich schon unzählige Generationen von Philosophen gestritten haben. Trotzdem führt der Titel ein wenig in die Irre, denn es geht nicht allein um die Geschichte der Philosophie, sondern auch um die Geschichte der Kultur, des Denkens und Betrachtens, der Naturwissenschaften und der Mathematik, und am Ende genau so um Kulturgeschichte. Precht wäre jedoch nicht Precht, wenn er die Sache nicht aus einer Sicht angehen würden, die dem Normalleser und Philosophie-Interessierten gerecht wird, die verständlich und anschaulich bleibt. Also Philosophie Light? Ja und Nein. Von allem Etwas, und etwas mehr.


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Quelle: Wikipedia Datei:WikiCon 2018 SRF1-Interview.jpg – Wikipedia

Quelle: Wikipedia Datei:WikiCon 2018 SRF1-Interview.jpg – Wikipedia

Noch einmal sehr schön zusammen gefasst von den Profis:

https://www.deutschlandfunk.de/politischer-journalismus-die-kunst-des-guten-interviews.2907.de.html

Doris Märtin: Erfolgreich texten

Doris Märtin: Erfolgreich texten

Ich misstraue kleinen Büchern zu großen Themen. Der Anspruch der Autorin, auf knapp 180 Seiten in DIN A5 jemandem die Grundlagen des Textens zu vermitteln, erschien mir doch etwas groß. Auch ihr Name war mir noch nie untergekommen. Nicht mal der Verlagsname sagte mir etwas. Am Ende musste ich zurück rudern. Natürlich kann man in diesem Format nicht alle Feinheiten des Stils wie bei Wolf Schneider oder eine belastbare Kenntnis über Typographie vermitteln. Das will Doris Märtin auch nicht, an der Stelle ist sie ehrlich und erhebt gerade diesen Anspruch nicht. Sondern liefert eine überschaubare, dabei praxisnahe Einführung ins professionelle Schreiben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


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Harald Lesch/Klaus Kamphausen: Die Menschheit schafft sich ab

Harald Lesch/Klaus Kamphausen: Die Menschheit schafft sich ab

Der Titel des Buches ist steil und provozierend. Jedoch im Gegensatz zum ähnlich betitelten Buch von Thilo Sarrazin handelt es um ein Werk aus wissenschaftlich belegten Zahlen, Daten und Fakten, gesammelt und geordnet von einem Wissenschaftler. Weil Physik sowieso die einzige richtige Wissenschaft ist, wie es mal ein befreundeter Student der Physik formulierte. So widmet sich das Buch einmal der Geschichte des Menschen, wie sie wohl entstanden ist, einschließlich der Frage, warum nur diese Art des Homo überlebt hat. Weiter geht es mit der eigentlich kurzen Zeit, in der Homo Sapiens die Erde erst eroberte, schließlich übernahm und nun auf dem besten Wege ist, sie zu zerstören. So gelangt man aus der Achsenzeit, über Frühzeit und Mittelalter bis in die Gegenwart. Je näher man sich dem Jetzt nähert, desto detaillierter gehen die Autoren in Details. Über die am Ende gefährliche Liaison von Wissenschaft und Wirtschaft, über Fehlentscheidungen am Anfang des letzten Jahrhundert bis zu den nicht so angenehmen Aussichten, den Fragen der Umweltzerstörung und der Vernichtung ganzer Arten von Tieren und Pflanzen, es zeigt genauer den vom Menschen verursachten Schwund des Regenwaldes und was er bedeutet. Der nur deshalb verschwinden muss, damit das Fleisch beim Discounter billig bleibt und die Gewinne der daran teilhabenden Unternehmen hoch. Also ein durch und durch pessimistisches Buch? Nein, denn es kommen Alternativen zur Sprache. Hat ja ein Physiker geschrieben, kein abgewrackter Politiker.
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Richard David Precht: Tiere denken

Richard David Precht: Tiere denken

Mein in den letzten Jahre schwindender Optimismus, was den Zustand der Welt angeht, ist durch dieses Buch nicht mehr geworden. Im Gegenteil, in gewisser Weise bestärkt es mich in dem Glauben, dass die Menschheit nicht mehr bei Trost ist. Am Ende nicht mehr zu retten. Wenn man dann eher zufällig noch in WDR5 einen Beitrag zum Artensterben hört, bestätigt es Precht zusätzlich.

Richard David Precht, unser Sofa-Philosoph, der zu allem etwas zu sagen hat (Biografie hier, wer sie noch braucht), holt in seinem Buch Tiere denken weit aus. Es geht darum, wie das Verhältnis des Menschen zum Tier denn nun ist, von der Menschheitsgeschichte über die Weltreligionen bis in die aktuelle Zeit. Das ist ein dickes Brett, das sich Precht hier vornimmt, so vielschichtig es ist, so unterschiedlich man das Thema angehen kann, so subjektiv und emotional unser Verständnis zu Tieren nun mal ist. Damit wird das Buch ein Parforceritt durch die zeitgenössische und historische Philosophie, durch Fragen der Moral und Ethik, durch die konfuse Sicht von Gesetzen bis hin zur heutigen Realität, in der Tiere umso mehr geschätzt und geschützt werden sollen, je weiter sich der Mensch von der Natur entfernt. Ein Buch, das nur Richard David Precht so schreiben konnte.


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Hamed Abdel-Samad: Der Untergang der islamischen Welt

Hamed Abdel-Samad: Der Untergang der islamischen Welt

Was zeichnet ein gutes Buch aus? Dass man nach dem letzten Zuklappen erst einmal einen Moment nachdenken muss. Also muss dieses Buch ein gutes Buch sein. Von Abdel-Samad hatte ich vor einiger Zeit schon ein Buch über Mohamed gelesen, daher hier nur eine Kurzbiografie: deutsch-ägyptischer Politikwissenschaftler und Publizist, als Student war er Mitglied der radikal-islamischen Muslimbruderschaft, kam im Alter von 23 Jahren nach Deutschland. Studierte Englisch und Französisch in Kairo, arbeitete als Wissenschaftler in Erfurt und Braunschweig sowie in Japan, wo er sich für Shintoismus und Buddhismus interessierte. Während er in seinem Buch über Mohamed mit dem Propheten abrechnet, daher auch mit dem Islam in seiner Gesamtheit, ist seine These in diesem Buch noch etwas steiler. Er behauptet, dass der Islam in nicht all zu ferner Zukunft verschwinden wird. Nicht wegen eines Angriffs von außen, er wird in sich zusammen brechen, durch eigene Schuld. Seine Belege dafür sind nicht nur frappierend, sondern leisten sich einen anderen Blick auf den Islam. Der dabei nicht gerade gut weg kommt.


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Aus gegebenem Anlass: Die Ausbildungsbrücke Celle hat nun eine eigene Website. Und braucht natürlich weitere Patinnen und Paten. Mehr dazu in:

Website Ausbildungsbrücke Celle

Doris Dörrie: Leben Schreiben Atmen

Doris Dörrie: Leben Schreiben Atmen

Es war wohl der Titel, der dieses Buch zusammen mit Sascha Lobos Buch in den Einkaufskorb wandern ließ. Namentlich war mir Doris Dörrie schon bekannt, als Filmregisseurin und Drehbuchautorin. Sie ist aber auch Autorin, bisher hatte ich von ihr jedoch noch nichts gelesen. Den einzigen Film, den ich ihr zuordnen konnte, war Happy Birthday, Türke! Dabei ist ihre Liste an Buchveröffentlichungen und Filmen verdammt lang, wie ihr Wikipedia-Eintrag zeigt. Noch viel mehr als der Buchtitel selbst sprach mich der Untertitel an: Eine Einladung zum Schreiben. Also wohl so etwas wie das wesentlich dickere Buch von Roberta Allan. Tatsächlich ist es das, eine Einladung und auch Anleitung zum Schreiben, genauer zum autobiografischen Schreiben. Dass der schiere Umfang eines Buches nichts über die Qualität oder Alltagstauglichkeit des Inhaltes sagt, ist klar. Tatsächlich geht Dörrie einen anderen Weg als Allan. Nicht unbedingt schlechter, aber anders.


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Sascha Lobo: Realitätsschock

Sascha Lobo: Realitätsschock

Ich war ein wenig überrascht, als dieses Buch von Sascha Lobo angekündigt wurde. Bisher kannte ich ihn nur als Blogger und Journalist. In der Hauptsache als Wissenden in Sachen Internet, vermischter Realität und digitalen Technologien, mit Schwerpunkt auf die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. Er war es auch, der angesichts der globalen Überwachungs- und Spionageaffäre rund um die NSA feststellte: „Das Internet ist kaputt!“ Seine Kolumne Die Mensch-Maschine mit Stellungnahmen zu Kommentaren der Leser in SPIEGEL Online gehört schon lange zu meinen regelmäßig gehörten Podcasts. Lobo verfügt nicht nur über ein sehr detailliertes Wissen rund um digitale Technologien, sondern hat dazu ein gewissen Händchen, die Entwicklungen und Konsequenzen daraus politisch und gesellschaftlich zu interpretieren. Daher ahnte ich so ungefähr, worum es in dem Buch gehen würde. Ich wurde nicht enttäuscht.


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