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Erwin Grosche: Padermann

Erwin Grosche: Padermann

Nicht-Paderborner brauchen sich dieses Buch nicht zu kaufen, denn sie verstehen die meisten Geschichten nicht. Das ist wie das Prime Time Theater im Wedding, wenn man die sozialen Unterschiede zwischen Charlottenburg und Wedding und Lichtenhain nicht kennt, gehen die meisten Jokes an einem vorbei. Denn Erwin Grosche verwendet in seinen Büchern Dinge, die so nur der Paderborner kennt, sei es die große Gitarre am Laden von Herbert Schallenberg, oder die Namen der sechs Paderquellen (obwohl ich der Fraktion angehöre, die die Augenquelle dazu zählen würde), oder den Bioladen an der Nordstraße. Grosche ist Heimatdichter im reinen Sinne. Seine Geschichten handeln von den Dingen, die in Paderborn wichtig sind. Oder wichtig sein könnten.


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Klaus Kordon/Erich Kästner

Klaus Kordon/Erich Kästner

Alle Gegenwehr gegen die schöngeistige Literatur hilft am Ende nichts, wenn man ein Buch in die Hand gedrückt bekommt und dann am Ende die Neugier überwiegt. Weil mir dieser Autor schon so oft untergekommen ist, weil ich sein Museum und sein Denkmal in der Dresdener Neustadt am Albertplatz so oft gesehen habe. Erich Kästner, wohl einer der bekanntesten Autoren der deutschen Geschichte. Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton, eigentlich waren mir eher die Kinderbücher von Kästner geläufig. Offen gestanden wusste ich über Kästner eigentlich nicht wirklich etwas. Klaus Kordon ist eigentlich selbst Schriftsteller im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur. Er hat aber ebenso die Kästner-Biografie Die Zeit ist kaputt geschrieben, in der ich zum ersten Mal etwas über Erich Kästner in Details erfuhr. Kordons Darstellung Kästners ist deshalb so interessant, weil Kordon aus einer wohl überlegten Sicht an die Person Kästners heran geht. Er bleibt einerseits in einer gewissen Distanz zu diesem Sachsen, schildert aber sein Leben in einem ausbalancierten Mix aus geschichtlichen und persönlichen Stichpunkten. Er zeichnet dieses Bild von Kästner, der oft geradezu angefeindet wurde, weil er nicht in die Emigration flüchtete, ja sogar selbst zuschaute, als sein Bücher von den Nazis verbrannt wurden, neutral und zugleich mit Anerkennung.


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Thilo Bode: Die Essensfälscher

Thilo Bode: Die Essensfälscher

Noch ein Buch übers Essen. Also etwas Ähnliches wie dieses hier, aber aus einer anderen Perspektive. Was macht man, wenn ein Markt völlig gesättigt ist, wie steigert man trotzdem noch seine Umsätze? Das erste Semester in Marketing lehrt als Antwort, dass man dem Mitbewerb Kunden abspenstig machen muss. Oder neue Märkte schaffen. Genau so machen das Nestlé, PepsiCo oder Dr. Oetker. Davon, wie die Lebensmittelkonzerne ihre Umsätze immer noch steigern, dazu den Verbraucher täuschen und belügen, schummeln und tricksen, darum geht es im Buch von Thilo Bode, Mitbegründer der Organisation foodwatch. Ganz neu ist das Buch nicht, es stammt aus 2010, doch die Methoden der Essensfälscher sind immer noch die gleichen, leider. Mit solchen zuständigen Leuten wie Julia Klöckner, aktuell Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, die es schafft, alle Veränderungen zugunsten der Konsumenten zu verhindern, wird das noch lange so bleiben. Die erfolgreich unterstützt, dass uns die Lebensmittelproduzenten mit noch mehr Zucker, noch mehr Aromen und Geschmacksverstärkern bei der Stange halten. Genau gegen diese offene und versteckte Lobby schreibt Thilo Bode an. Man kann es plakativ nennen, oder ehrlich.


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Massimo Montanari: Spaghetti al pomodoro

Massimo Montanari: Spaghetti al pomodoro

Auch ein Buch übers Essen. Aber nur über ein ganz spezielles, dessen großer Fan ich bin. Inzwischen habe ich selbst so ganz unterschiedliche Rezepte, doch dieses Büchlein ist kein Rezeptbuch. Darauf gestoßen bin ich im Spiegel, der dem Buch einen Artikel widmete. Es geht nämlich nicht um das Rezept, oder die Rezepte, sondern um die Geschichte dieser beliebten italienischen Nationalspeise. Massimo Montanari unterrichtet Geschichte des Mittelalters an der Universität von Bologna, wo er den Studiengang ››Geschichte und Kultur der Ernährung‹‹ leitet. Der Historiker gilt als hervorragender Spezialist für europäische Ernährungsgeschichte.

Es beginnt mit der Frage, woher die Nudel eigentlich stammt. Entgegen der oft gepflegten Behauptung, Nudeln kämen ursprünglich aus China, liegt ihre Herkunft viel näher, nämlich im Nahen Osten. Die Tomate, und damit die Grundlage für die Sauce, steuerten die Spanier bei, aus ihren Besuchen im Süden des amerikanischen Kontinents. Zuerst war eine Sauce aus oder mit Tomaten gar nicht für die Nudel zuständig, sondern nur eine der vielen Saucen, die in Italien geradezu zwingend zu einem Gericht gehörten. Erst mehr zufällig kamen Pasta und Tomatensauce zusammen. Und das erst sehr spät, nämlich im 19. Jahrhundert.

Das alles in vielen Details und wohl fundiert. Kein neues Rezept, sondern neue Erkenntnisse sind der Zweck des Buches. Lesenswert, lustig, überraschend.

Maccheroni, Tagliatelle, Vermicelli … der große Historiker der europäischen Ernährungsgeschichte hat mit »gusto« ein kleines Meisterwerk über die Mutter aller italienischen Gerichte verfasst. Gibt es etwas, das typischer italienisch ist als Spaghetti al pomodoro? Elegant und aus seinem großen Forschungswissen schöpfend erzählt Massimo Montanari die Geschichte dieses Gerichts und räumt dabei mit all den kursierenden Halbwahrheiten und Vorurteilen auf. Wir erfahren, wie die Pasta als Variante des orientalischen Fladenbrots entstand, wie die Araber einen neuen Typ aus Hartweizen verbreiteten und in Sizilien schon im 12. Jahrhundert industrielle Fertigung eingeführt wurde (kein bisschen handgemacht von der Mamma). Und dass die getrocknete Pasta zwei Stunden gekocht wurde (von »al dente« keine Rede). Pfeffer und Hartkäse kommen ins Spiel, Tomaten in Form der »spanischen Sauce« auf den Teller, die Gabel auf den Tisch. Die Raffinesse zieht ein mit Peperoncino, Knoblauch und Zwiebel, die Farbe mit dem Basilikum. Und natürlich geht es auch ums Olivenöl – von dem jeder gern behauptet, das beste komme aus seiner Gegend. Montanari zeigt, wie das Lob des Herkunftsgebiets zu Intoleranz und Fanatismus führt und die Ursprünge der Pasta mystifiziert werden. Eine leicht genießbare, aber gehaltvolle und unterhaltsame Lektüre. Und die Ursprünge der Pasta in China? Fake news! (Klappentext Verlag Klaus Wagenbach)

Manfred Kriener: Leckerland ist abgebrannt

Manfred Kriener: Leckerland ist abgebrannt

Ich habe mich immer für einen kritischen Esser und Verbraucher gehalten. Aber dieses Buch hat mir noch einmal gezeigt, dass mein Wissen über Lebensmittel und Essen überhaupt noch lange nicht belastbar ist. Eigentlich kenne ich Manfred Kriener aus einer anderen Ecke, nämlich als Gründer der Tageszeitung taz. Beschäftigt sich vor allem mit Umwelt und Umweltpolitik wie auch mit Ernährungsthemen. Dieses Buch aus 2020 will aber nicht der nächste Ratgeber sein, der uns sagt, was wir noch essen dürfen und was nicht, was gut und was falsch ist. Kriener will Wissen über unser Essen vermitteln, wo es herkommt, wie es entsteht, welche Wirkungen es hat, dass wir Produkte nutzen oder nicht. Moralische Aspekte im Sinne der Biogeneration bleiben außen vor. Stattdessen geht es um Fakten, Daten und Informationen. Man weiß bei vielen Dingen nicht, was einem da aufgetischt wird. Das will Kriener ändern, das schafft er sogar unterhaltsam. Trotzdem vergeht einem manchmal der Appetit. Nur wegen der Faktenlage.

Manfred KrienerLeckerland ist angebrannt


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Bill Bryson: Eine kurze Geschichte des menschlichen Körpers

Bill Bryson: Eine kurze Geschichte des menschlichen Körpers

Beinahe hätte ich gedacht, ich hätte seine Masche durchblickt. Man sammle Unmengen unglaublicher Fakten, mische sie mit Sprachwitz, Humor und Charme und fertig ist ein typisches "Eine kurze Geschichte ..."-Bryson-Buch. Aber so einfach ist die Sache nicht. So einfach schreibt man keine Bücher, die ein Leser ungern vor dem bitteren Ende aus der Hand gibt. Sein erstes Buch für mich war seine Reise durch seine Wahlheimat Großbritannien. Seitdem stehen alle deutschen und auch einige englische Ausgaben seiner Bücher in meinem Regal.  Bill Bryson, 1951 in Des Moines in Iowa geboren, zog 1977 nach Großbritannien und schrieb dort mehrere Jahre für die Times und den Independent. Aber erst mit seinem Buch Reif für die Insel gelang Bill Bryson der Durchbruch. Heute ist er in England der erfolgreichste Sachbuchautor der Gegenwart.

Aber nicht nur, er war von 2005 bis Ende 2011 Kanzler der britischen University of Durham, die ihm dann die Ehrendoktorwürde verlieh. Dieses letzte Buch von ihm erschien 2019, noch vor der Corona-Krise. Eigentlich schade, denn Bryson hätte sicher dieser Geschichte auch noch ganz andere Seiten abgewonnen. Aber was ist dann der Kniff, was macht ihn so erfolgreich?


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Benjamin Maack: Wenn das noch geht kann es nicht so schlimm sein

Benjamin Maack: Wenn das noch geht kann es nicht so schlimm sein

Ein Tagebuch? Irgendwie. Gefunden in der Zeitschrift Psychologie Heute. An die Rezension kann ich mich nicht so recht erinnern, aber wenigstens interessierte mich das Buch nach dem Klappentext. Der Inhalt ist leicht wiederzugeben: Der Autor dokumentiert seine zweite Zeit in der Depression in einer psychatrischen Klinik, und die Zeit davor, als er versucht, mit der Krankheit alleine zurecht zu kommen. Einerseits fand ich sein Ansinnen sehr achtenswert, als doch recht bekannter und ausgezeichneter Journalist und Autor sich zu seiner Erkrankung zu bekennen. Maack hat immerhin neben weiteren Auszeichnungen den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2013 und den Förderpreis zum Hermann-Hesse-Preis 2016 bekommen. Danach habe ich vermutet, dass Maack Menschen, die von dieser Krankheit nicht betroffen sind, näher zu bringen versucht, wie sich diese Krankheit anfühlt, was sie mit einem macht. Leider erreicht er sein Ziel nur sehr eingeschränkt. Nicht, weil er ein schlechter Autor ist, sondern weil man an dieser Stelle eigentlich nur scheitern kann.


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Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

Dass Geschichte mehr ist als das sture Auswendiglernen von Zahlen und Fakten in der Schule, habe ich zum ersten Mal mit Golo Manns Buch Die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts erlebt. Nicht ganz so umfangreich, aber ähnlich faszinierend ist Volker Ullrichs Buch Acht Tage im Mai. Gebürtig aus Celle, nur einige Kilometer von meinem Schreibtisch entfernt, studierte er Geschichte, Literaturwissenschaft, Philosophie und Pädagogik an der Universität Hamburg, arbeitete von 1966 bis 1969 am Historischen Seminar. Von 1990 bis 2009 leitete Ullrich das Ressort „Politisches Buch“ bei der Wochenzeitung Die Zeit. Ist als Rezensent für viele Medien tätig, verfasst er auch öfters das Kalenderblatt des Deutschlandfunks. Inzwischen Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Also auf jeden Fall profunder Historiker, dem das Thema Drittes Reich und Hitlerdiktatur nahe liegt. In diesem Buch geht es konkret um die Zeit vom 1. bis zum 8. Mai 1945, als die geplanten tausend Jahre eines Reiches schon nach zwölfen wieder endeten. Aber wie spannt man mit acht Tagen eine nicht gerade schmale Geschichte auf? Indem man jeden dieser Tage in Relation zu der Vorschichte und den Konsequenzen setzt. Und das macht den Reiz dieses Buches aus.


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Robert Habeck: Wer wir sein könnten

Robert Habeck: Wer wir sein könnten

Dem Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck sagt man eine verständliche und klare Sprache nach. Was zu seinen früheren Studienfächern Philosophie, Germanistik und Philologie passt, gerade die Philosophie hat sich lange und intensiv damit auseinander gesetzt, welche Wechselwirkung Sprache und die Welt haben. Wenn nun Politiker Bücher über Sprache schreiben, macht mich das immer neugierig, in diesem Fall ist der Aufwand dazu überschaubar, denn das Buch ist ein schmales Werk. Trotzdem ist der Anspruch aus meiner Sicht groß und wichtig, denn der Untertitel lautet schließlich Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht. Nebenbei wollte ich einfach ein wenig mehr darüber erfahren, wie Robert Habeck so tickt, gilt er doch als einer der bodenständigen Politiker. Das bekommt man tatsächlich mit, seine politischen Positionen sind keine Pose, seine Beiträge kein Image-Getue. Dazu liefert Habeck schon wichtige Gedanken zur politischen Sprache. Und wie Sprache die Wirklichkeit erst schafft.


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Bernhard Pörksen/Friedemann Schulz von Thun: Die Kunst des Miteinander-Redens

Bernhard Pörksen/Friedemann Schulz von Thun: Die Kunst des Miteinander-Redens

Beide, Bernhard Pörksen, Medienwissenschaftler an der Uni Tübingen, und Friedemann Schulz von Thun, einer der wichtigsten Kommunikationspsychologen im deutschsprachigen Raum, gehören zu meinen Lieblings-Autoren. So kam das 2020 erschienene Buch sofort auf die Leseliste. Beide haben in ihren jeweiligen Fachgebieten wesentliche Beiträge geliefert. Pörksen zu den aktuellen, besonders digitalen Medien. Er hat auch den Begriff der Erregungsgesellschaft geprägt, in der heute Menschen nur noch mit digitalen Medien beschäftigt sind, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, der nächsten Empörung und dem nächsten Skandal. Eigentlich etwas konträr dazu hat Friedemann Schulz von Thun die analoge Kommunikation zwischen Menschen untersucht. Dazu hat er mehrere Bücher veröffentlicht, wie zum Beispiel das dreibändige Werk Miteinander reden, in dem er Methoden wie das Vier-Ohren-Modell und das Kommunikations-Quadrat verwendet.

Im Vergleich zu anderen Büchern, gerade in diesem Themenbereich, ist das Buch keine Analyse oder Beschreibung von Erfahrungen, sondern eine Zusammenfassung von Gesprächen zwischen Pörksen und von Thun seit 2014. Initiert hatte die Gespräche Pörksen, mit dem Ziel medienwissenschaftliche und kommunikationspsychologische Perspektiven zusammen zu führen. Um daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die jedes einzelne Gebiet eben nicht gewinnen konnte. Das Ergebnis ist eine sehr interessante Sicht auf digitale Medien, die Veränderung von Kommunikation über die Zeit, nicht zuletzt bis hin zu einem Verständnis, warum pöbelnde und lügende Politiker trotzdem so viel Aufmerksamkeit und Zustimmung erhalten.


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Richard David Precht: Sei du selbst

Richard David Precht: Sei du selbst

Zuerst war ich mir nicht ganz sicher, ob ich mir den dritten Band antue. Schon weil es mich quasi zum vierten Band verpflichtet. Ein bevorstehender Urlaub hat mich dann doch ermuntert, mich weiter mit der Geschichte der Philosophie, aber auch der Naturwissenschaften und der sich nun abspaltenden Themen zu beschäftigen. Der Autor: Richard David Precht, Medien-, Sofa- und Zeitabschnitts-Philosoph, wie ich ihn nenne. Sein am Ende vierbändiges Werk: Eine Geschichte der Philosophie.

Ging es im ersten Band um die Philosophie des Altertums bis zur Grenze zum Mittelalter, schildert der zweite Band den Abschnitt bis in die beginnende Neuzeit. In diesem nun dritten Buch geht es weiter ab Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein. Damit stehen hier vertrautere Namen im Vordergrund. William Godwin, Charles Fourier, Arthur Schopenhauer, John Stuart Mill, Søren Kierkegaard, Karl Marx, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud mehr am Rande, der immer noch erstaunlich aktuelle Georg Simmel, Max Weber. Das vor dem Hintergrund der rasanten Veränderungen in der industriellen Technologie, dem Aufstieg der Naturwissenschaften und den sich abzeichnenden politischen Entwicklungen. Damit war zu erwarten, dass es ab nun etwas schwieriger wird, jedenfalls für Nichtphilosophen. Und diese Erwartung traf dann glatt ein.


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Bernhard Pörksen: Medienmenschen (Kindle-Edition)

Bernhard Pörksen: Medienmenschen (Kindle-Edition)

Das Buch ist schon im Jahre 2004 erschienen, trotzdem hat es nichts an Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, mit Social Media wie Instagram und Facebook ist es noch schlimmer geworden, wie Menschen sich in Szene setzen und eine Wirklichkeit konstruieren, die gar nicht existiert. Auf das Buch bin ich eher zufällig gestoßen, als ich ein anderes Buch des Autors suchte. Professor Dr. Bernhard Pörksen, Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und Biologie in Hamburg und den USA, volontierte beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt und arbeitet neben Forschung und Lehre seit über zwanzig Jahren als Journalist und Sachbuch-Autor. Seine Analysen der Kommunikation und des Kommunikationsverhaltens fand ich immer wieder faszinierend. Was für dieses Buch dann auch gilt. Junge Journalisten interviewen Menschen, die als Politiker oder Stars im Rampenlicht stehen. So simpel das Konzept erscheint, so verblüffend sind die Ergebnisse.


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Bryan Sykes: Darwins Hund

Bryan Sykes: Darwins Hund

Bei den Fuchsies war es eine britische Ökologin, bei Darwins Hund wird es komplizierter. Dieser Autor ist ein emeritierter britischer Professor für Humangenetik an der Universität Oxford. Heißt Bryan Sykes, untersuchte die mitochondriale DNA (ja, ich weiß jetzt, was das ist) von Tausenden Europäern und Europäerinnen und fand nur sieben Grundmuster. Nach seiner Theorie lassen sich alle Menschen der Sorte Homo Sapiens auf nur sieben "Urmütter" zurück führen. Und die wieder auf eine Afrikanerin aus der so genannten Lara-Familie. Entgegen der Vermutung ist Sykes kein Hundebesitzer und -liebhaber, hat aber eine Katze. Dass sich Sykes den Hunden zuwendet, hat mit dem Evolutionsforscher Charles Darwin zu tun, denn auch der beschäftigte sich mit den Hunden, zur Untermauerung seiner Entwicklungslehre der Arten. Zielthema des Buches: Stammt der Hund vom Wolf und nur vom Wolf ab, und wenn ja, alle diese unterschiedlichen Hunde? Es geht also um Wissenschaft, die Hunde sind nur Mittel zum Zweck. Trotzdem interessant gerade für Hundefreunde. Wenn die es schaffen, sich durch den schwierigen Ausflug in die Genetik durch zu arbeiten.


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Adele Brand: Füchse

Adele Brand: Füchse

Ein interessanter Spagat zwischen Sachbuch, Dokumentation und Unterhaltung. Adele Brand ist britische Ökologin und hat schon als Kind über Füchse geschrieben, die Passion ihres Lebens. Sie hat Füchse auf vier Kontinenten studiert, Forschungsprojekte in fünf verschiedenen Ländern geleitet, verwaiste Fuchswelpen aufgezogen und verletzte Füchse gepflegt. Sie ist wohl für die Füchse das, was Jane Goodall für Schimpansen ist. Zum ersten Mal auf sie aufmerksam wurde ich in Facebook, wo sie mehr oder minder regelmäßig Bilder und Geschichten postet. Mit meiner neu entdeckten Beziehung zu Hunden, damit auch zu den Hundeartigen, verfolge ich ihre Posts schon länger. Zu meinem Geburtstag kam dann nicht nur ein kleiner holziger Fuchs aus dem Erzgebirge, sondern dazu ihr Buch zu mir. Adele Brand bestätigt darin genau meinen Eindruck: dass Füchse die perfekte Mischung aus Hund und Katze sind. Mit der Ausdauer und Belastbarkeit der Hunde und der Eleganz und Intelligenz der Katzen. Ein poetisches, zugleich wissenschaftlich geprägtes Buch über eine bemerkenswerte Tierart.


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Sven Plöger: Zieht Euch warm an, es wird heiß

Sven Plöger: Zieht Euch warm an, es wird heiß

Das interessanteste Buch, das ich seit langer Zeit gelesen habe. Nicht nur, weil es toll geschrieben ist, weil es Wissenschaft so verständlich und kurzweilig darstellt. Sondern weil es mir klar gemacht hat, dass ich von Klima und Wetter glattweg gar nichts weiß. Besser: wusste. Weil es mich mit nicht nur mit viel Wissen, sondern auch einem Arsenal an Argumenten gegenüber Klimawandel-Leugnern ausgestattet hat. Sven Plöger kenne ich schon seit seinen Anfängen im Fernsehen, als er eher gezwungen als gewollt für den Wetterbericht vor die Kamera musste. Weil der eigentliche Kollege kurzfristig erkrankt war. So ist er inzwischen nicht nur deutscher Diplom-Meteorologe, sondern auch Fernsehmoderator. So unterhaltsam und sympathisch er seine Sache vor der Kamera macht, so überzeugend auch sein letztes Buch. Prädikat: äußerst wertvoll.


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Sein erstes Buch dieser Reihe, mit dem er bekannt wurde, war »Post von Karlheinz«. Wie und was er wütenden Zuschriften entgegnet und warum. Kazim ist Autor für den Spiegel und Spiegel Online, wie auch bei Zeit Online. Der Nachfolger heißt nun »Auf sie mit Gebrüll«. Wer hinter diesem Titel eine martialische Abrechnung mit Angreifern aus dem populistischen und rechten Lager erwartet, liegt zum Glück falsch. Kazim geht es in diesem Buch um die Kommunikation mit den Leuten, die ihn schriftlich oder online beschimpfen oder herabwürdigen, und seine Position zu diesen Kommunikationsformen. Beispiele für den Austausch von Nettigkeiten finden sich vereinzelt auch hier, jedoch geht es ihm in der Hauptsache um seine Art, mit rassistischen und rechtsradikalen Angriffen umzugehen. Ein sinnvolles Unterfangen, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.


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Kyle Harper: FATUM

Kyle Harper: FATUM

AIDS, Fika, Ebola, SARS, Corona. Sind das Zufälle, dass in der letzten Zeit neue und gefährliche Viren und Erreger auftauchen, quasi als menschliches Schicksal? Nein, sagt Kyle Harper, Dekan der Universität Oklahoma und Fachmann für die römische Geschichte. Der Untergang des mächtigen römischen Reiches war lange Zeit nicht erklärbar, nun zeigen aktuelle Forschungen die tatsächlichen Gründe. Die Fortschritte in der Mikrobiologie, neue Methoden der Genomanalyse und immer weiter in Details gehende Forschungen an Pflanzen und Eisbohrkernen beweisen, dass das römische Reich an mehreren Faktoren scheiterte. Es war die Kombination vieler Einflüsse, klimatische Veränderungen, jedoch genau so ökonomische und ökologische. Der Einfall der Antoninischen und später der Justinianischen Pest, und die Klimaveränderungen im Mittelmeerraum, all das war nicht nur naturgegeben, sondern die Menschen dieser Zeit hatten erheblichen Einfluss darauf, was damals geschah. Was jedoch an diesem Szenario erschreckt, sind die Parallelen zu unserer heutigen Zeit. Und die noch immer vorherrschende Meinung, die Menschheit hätte alles im Griff, man brauche nur die richtige Technologie und die Märkte würden schon alles regeln und gut machen. Dieser landläufigen Überzeugung setzt Harper eine detaillierte und beunruhigende Analyse der antiken Geschichte entgegen.


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Richard David Precht: Erkenne dich selbst

Richard David Precht: Erkenne dich selbst

Band zwei der Philosophiegeschichte des Richard David Precht, nach der Bewältigung des ersten Bandes. Es war wohl nicht ganz einfach, die jeweiligen Zeitpunkte der beiden Bände festzulegen. Precht nennt als Zeitraum des zweiten Bandes Renaissance bis zum deutschen Idealismus. Konkret setzt die Geschichte ungefähr bei 1420 ein, mit einem Bild und einem Maler, von dem aus Precht die weitere Entwicklung aufspannt. Näher betrachtet werden Cusanus, Ramon Llull, Lorenzo Valla, in weiteren Blicken die vorherrschenden Medici und Niccolò Machiavelli. Obwohl historisch wichtig, ist hier eine kleine Durststrecke zu bewältigen, bevor es wieder näher an unsere heutigen Interessen geht: Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, die Wege der Reformation und dazu parallel Nikolaus Kopernikus. Die Geschichte der religiösen Bewegungen schildert Precht hier anders als das, was wir aus Schulbüchern und vielen Medien kennen. Dass Luther eher ein im mittelalterlichen Denken verhafteter Besserwisser war als ein Revolutionär. Diese Sicht der Reformation in Europa und deren Konsequenzen waren für mich neu. Prechts Bewertung scheint jedoch durchaus logisch und plausibel. Wie er überhaupt an vielen Stellen mit den üblichen Sichtweisen hart aufräumt. So ist gerade in diesem zweiten Band so manche Kröte zu schlucken.


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Richard David Precht: Erkenne die Welt

Richard David Precht: Erkenne die Welt

Auf vier Bände angelegt, schreibt der Verlag? Da habe ich ja noch etwas vor mir. Deshalb zuerst mal der Band Nummer Eins. Richard David Precht, Medien-, Sofa- und Zeitabschnitts-Philosoph, nennt sein Werk Eine Geschichte der Philosophie, nicht Die Geschichte. Das ist klug und offenbart, dass der Autor keineswegs in Anspruch nimmt, die letztgültige Version einer Historie zu liefern, über die sich schon unzählige Generationen von Philosophen gestritten haben. Trotzdem führt der Titel ein wenig in die Irre, denn es geht nicht allein um die Geschichte der Philosophie, sondern auch um die Geschichte der Kultur, des Denkens und Betrachtens, der Naturwissenschaften und der Mathematik, und am Ende genau so um Kulturgeschichte. Precht wäre jedoch nicht Precht, wenn er die Sache nicht aus einer Sicht angehen würden, die dem Normalleser und Philosophie-Interessierten gerecht wird, die verständlich und anschaulich bleibt. Also Philosophie Light? Ja und Nein. Von allem Etwas, und etwas mehr.


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Doris Märtin: Erfolgreich texten

Doris Märtin: Erfolgreich texten

Ich misstraue kleinen Büchern zu großen Themen. Der Anspruch der Autorin, auf knapp 180 Seiten in DIN A5 jemandem die Grundlagen des Textens zu vermitteln, erschien mir doch etwas groß. Auch ihr Name war mir noch nie untergekommen. Nicht mal der Verlagsname sagte mir etwas. Am Ende musste ich zurück rudern. Natürlich kann man in diesem Format nicht alle Feinheiten des Stils wie bei Wolf Schneider oder eine belastbare Kenntnis über Typographie vermitteln. Das will Doris Märtin auch nicht, an der Stelle ist sie ehrlich und erhebt gerade diesen Anspruch nicht. Sondern liefert eine überschaubare, dabei praxisnahe Einführung ins professionelle Schreiben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


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